4 Tage Kaisergebirge – Meine erste Hüttenwanderung

 

Samstag kurz nach 8 ging die Reise nach Kufstein los. Die Konkurrenz der Fernbusse macht der Bahn offensichtlich zu schaffen und sie reagiert mit Angeboten, für 19 € bin ich bis Kufstein gekommen. Da in letzter Zeit so viele über die Bahn geschimpft haben: ich bin 2x durch Deutschland gefahren und war auf der Hintour 5 Minuten verspätet, ansonsten haben alle Anschlüsse geklappt (insgesamt 4 x umsteigen) und während ich mit dem Bus ewig unterwegs wäre und beim Autofahren selbst am Steuer säße, ist die Bahnfahrt „geschenkte“ Zeit.

2. Klasse in den Ferien bedeutet natürlich wenig Exklusivität. Eine 5-köpfige Familie reiste mit mir von Kassel bis Augsburg. Die drei Kinder (5, 8 und 11 Jahre) saßen mit dem schlafenden Vater auf der anderen Gangseite. Ich hatte einen Gangplatz und neben mir am Fenster nahm die Mutter Platz. Nach 20 Minuten schlug ich vor, dass ich den Fensterplatz nehme, denn die Kinder wollten ständig was von der Mutter, verständlicherweise. Als sie dann auch noch Geschichten vorlas und ich dachte: Warum sitzt dieser schlafende Vater nicht neben mir?, schaltete ich den Kindle aus und genoss die Landschaft. Von dieser gab es reichlich zu genießen, denn die Schnellfahrstrecke über Nürnberg war gesperrt und so lernte ich Treuchtlingen und Donauwörth kennen. Wer noch nicht dort war: nix verpasst, zumindest vom Bahnfenster aus.

 

In Kuftstein angekommen nahm ich mir vor, die Stadt anzuschauen. Sagen wir es mal so: eine übersichtlichere Altstadt habe ich lange nicht gesehen. Es ist nicht so, dass sie kein Flair hätte, aber sie ist sehr übersichtlich. In einer Eisdiele hatte ich 2 Kugeln wahnsinnig leckeres und entsprechend teures Eis. Biscottino (das mir so gut schmeckte, dass ich Mittwoch nach der Wanderung nochmal dorthin bin) und Milchschnitte, sicherlich mindestens genauso kalorienhaltig wie das Original. Grün war der Inn nicht, aber das mag auch daran gelegen haben, dass es am frühen Abend zuzog und über Nacht schließlich junge Hunde regnete. Mir wars egal, im Hotel war es trocken und ich hatte ein riesiges Zimmer samt Balkon, auch das Frühstück am Sonntagmorgen war ausgezeichnet, ein wunderbarer Start.

900 m Aufstieg

 

Sonntagmorgen lief ich von Kufstein Downtown zum Parkplatz Kaisertal. Das sind knapp 2 km. Erstaunlicherweise jammerte ich nicht rum, denn 7.5 bis 8 kg Gepäck schleppte ich auf meinem Rücken. Obwohl ich in zig Blogs nachlas und selbst genau überlegte, was mit muss und was nicht, wurden es mit Wasser entsprechend viele Kilos.

Vielleicht auch hier ein Wort zum Packen: für eine viertägige Hüttentour mit 3 Übernachtungen braucht man: etwas Kosmetik (Sonnencreme, Deo, Zahnbürste und Zahnpasta sowie ein Pröbchen Shampoo, das man auch als Duschgel nehmen kann), 10 Ibuprofentabletten für den Notfall, eine Kurzzugbinde, besser eine haftelastische Binde, wie ich im Laufe der Tour feststellen sollte, Unterhosen, 1 Wechselhose (idealerweise mit Zip-off der Beine) 2 Paar Wandersocken, Regenhose und Regenjacke, eine Fleecejacke, Buff, Basecap, Hüttenschlafsack und Mikrofaserhandtuch. Taschenmesser, Wanderkarte, Stirnlampe, Handy, Minifotoapparat, Käsetüte (für die Fotos) und 1 Packung Müsliriegel sowie ein paar Miniwürste hatte ich noch mit. Dazu kam noch die Wasserflasche samt Inhalt und die Wanderstöcke hielt ich in der Hand.

Meine Mitreisenden entschieden – mehr oder weniger freiwillig – die Tour ohne Stöcke zu laufen, das habe ich früher auch gemacht, mittlerweile laufe ich immer mit Stöcken.

Um 11 Uhr sollte es losgehen, mit dem akademischen Viertel Zuschlag ging es bei Nieselregen auch los. Erst Treppen hinauf, dann wurde der Weg breiter. Zur Vorderkaiserfeldenhütte kann man knackig steil oder länger, dafür auch mäßig steiler über die Antoniuskapelle aufsteigen. Wir wählten den längeren Weg auf breiter Forststraße. Nach knapp 1,5 h Weg gabs die erste Hütteneinkehr, Kaspressknödelsuppe mit riesigen Kaspressknödeln und Getränke. Nach der Rast setzte ein Landregen ein und wir stiegen in voller Regenkleidung gen Hütte. Dort angekommen fand ich super, dass es dort einen beheizten Trockenraum gab, gibt’s fast auf jeder Hütte. Alle Wanderer hängen ihre nassen und auch ihre verschwitzten Klamotten zum Trocknen dort rein, es riecht entsprechend, aber am nächsten Tag hat man trockene Klamotten. Das ist super! Wir hatten ein Fünfbettzimmer, der Komfort war überschaubar, aber es gab gute sanitäre Einrichtungen und man konnte warm duschen, 2 € kostete der Spass. Die Herren duschten, die Mädels verzichteten am ersten Tag drauf. In der gemütlichen Stube am Ofen gab es Gesellschaftsspiele, als der Regen nachließ, gab es tolle Blicke ins Inntal und über Kufstein, mit Nebelfeldern an den Hängen. Abends dann riesige Spinatknödel mit Butter und Parmesan, 2 waren pro Person berechnet, niemand schaffte die. Als Vorspeise gab es eine Tomatensuppe und Dessert war auch noch drin: Karamelpudding mit Schokoladennsauce. Lecker! Die Nacht war mäßig erholsam, in der kleinen Kammer war es stickig (die nächsten Nächte schliefen wir bei offenem Fenster) und die Dielen sowie die Türen knarrten, jeder Gang von Mitreisenden, völlig egal ob aus unserem Zimmer oder bspw. aus dem Lager über uns, konnte geräuschtechnisch mitverfolgt werden. Das Frühstück bestand aus einem abwechslungsreichen Buffet, das beste der Reise, inklusive leckerem Biscuitkuchen. 

Knüller und Falter

 

Um 9.30 Uhr am nächsten Tag hörte der Regen auf, wir liefen los. Es war feucht und kühl und von den Bergen des zahmen Kaisers, unter dessen Wänden wir auf Wegen, die mal geröllig waren, mal mit Wurzeln durchzogen, wanderten. Eine Einkehrmöglichkeit gab es heute nicht, das war besonders für Marlies und Tom gut, denn die beiden hatten Unmengen an Proviant mitgebracht, der nun gegessen werden musste, denn mit jedem weiteren Wanderkilometer hätte der sonst mitgeschleppt werden müssen. Es war der schlammigste Tag der Wanderung. Teilweise hatten wir keine Chance als mittendurch zu laufen, auch dafür sind ordentliche Wanderschuhe gut. Der letzte Anstieg zur Stripsenjochhütte war anstrengend, aber mit gleichmäßigem Antritt a la Nepal kam ich gut klar und hatte sogar noch so viel Kraft, um nach 6 Stunden reiner Gehzeit weitere 200 Höhenmeter mit Corinna zurückzulegen und auf den Stripsenkopf zu steigen. Vorher gabs aber einen Apfelstrudel, den besten der Reise, gestärkt läuft es sich besser. Die Stripsenjochhütte ist effizient und wir wohnten im modernen Anbau. Toilette auf dem Flur aber auf der gleichen Etage, Waschräume mit Duschen ein Stockwerk tiefer. Absolut guter Jugendherbergsstandard, sehr sauber. Auch hier gab es einen Trockenraum, den wir vor allem zum Schweißtrocknen brauchten. Wanderschuhe sind auf Hütten tabu, deshalb stehen auch diese im Trockenraum. Das Zimmer war deutlich moderner als das die Nacht zuvor, weniger Flair, 3 Stockbetten. Alles in allem gefiel es mir sehr gut, aber die Hütte fertigt Massen ab. Man checkt an einem Schalter wie am Bahnhof ein, zahlt, kann Coupons fürs Frühstück kaufen. Kleines Frühstück (3 Scheinen Brot, abgepackte Nutella, Honig, Marmelade und ein Stück Butter sowie eine Kanne Tee) 8.00 €. Zusätzlich gab es Orangensaft für 2,50 €, Speckeier hätten 5,50 € gekostet, Toms sahen gut aus. Die Qualität des Frühstücks war gut, aber alles war eben effizient schon hergerichtet und wurde an einer Ausgabe gegen abends zuvor gekauften Coupon ausgegeben.

Am Abend gab es wieder Gesellschaftsspiele und die Stimmung war so gut, dass wir vor einer für mich erholsamen Nacht auch noch austauschten, wer Typ Knüller und wer Typ Falter ist. Ich rede von Toilettenpapier. ;-)

Verlorene Wette

 

Ein steiler Abstieg stand zu Beginn des dritten Wandertages. 800 m bergab, die hatten es in sich. Aber die Sonne schien vom Himmel, wir waren ganz froh, dass große Teile des Weges im Wald lagen. Am Hans Berger Haus gab es nur einen kurzen Halt, 15 Minuten später am wunderschönen Anton Karg Haus gabs die frühe Mittagsjause, die uns für den Bettlersteig, der als nächstes folgen sollte, stärkte. Simone hatte einen Kinderkaiserschmarrn, den besten der Reise, mit Rosinen. Der Schmarrn vom Vorabend war ein Schmarrn. Meine Goulaschsuppe war ausgezeichnet, am Vorabend hatte ich ein Rindsgoulasch mit Nudeln, die  Frittatensuppen waren es auch, es gab Fruchtbuttermilch und ein sehr netter Kellner ist auch erwähnenswert.

Der Aufstieg auf dem Bettlersteig war wohl konditionell der Höhepunkt der Reise. Teilweise ist der Weg in den Hang gebaut, man läuft über Brücken, und Leitern, quert Gräben, nutzt Steigeisen und darf nicht höhenängstlich sein. Corinna notierte in meinem Tagebuch, denn den Laptop schleppte ich diesmal nicht mit: Treppen über Treppen. Das trifft es irgendwie auch. 2h ordentliche Schinderei und auf einmal steht man auf einer Hochfläche, vielleicht vergleichbar mit Tauplitz- oder Seiser Alm. Wunderschön, Kühe, Sonne, saftige Wiesen. Kurz vorher, mitten im Aufstieg, gab es allerdings noch eine Rast und bei dieser entdeckte Simone die erste und auf der Reise einzige Gams. Der Gamskogel war dann auch die letzte Herausforderung des Tages. Gar nicht mal ein richtiger Berg, aber der Anstieg war genug, nach 5 Stunden Wanderung zumindest.

Die Nacht verbrachten wir im Weinbergerhaus, einer privat geführten Hütte mit fantastischem Blick ins Inntal. Die Sonne verlies uns bis zum Ende der Reise nicht mehr und so konnten wir einen wunderschönen Sonnenuntergang genießen, außer uns waren nur noch 5 weitere Wanderer auf der Hütte. Unser Zimmer war urig wie am ersten Tag, die Dusche war diesmal kostenlos aber nicht umsonst, und Marlies und ich hatten Jagaspatzn zum Abendessen. Die waren fein: Spätzle mit Speck und Zwiebeln in einer Sahnesauce. Tom aß ein Wiener Schnitzel, Corinna nochmals Spinatknödel und Simone hatte Kaspressknödel an Salat. Alles sehr lecker. Ich hatte eine Marille verwettet, Tom war der Meinung, die Huber Buam warben für Milchschnitte, ich für Lift-Apfelsaftschorle. Die Marille, die schließlich eine Birne wurde, ging auf mich. Ich schlief mäßig gut, was nicht an der Luft lag, die war super. Allerdings meinte ich Greenpeace-Aktivisten vor der Hütte demonstrieren gehört zu haben, die gegen die Abholzung des Waldes um die Hütte vorgehen wollten. ;-)

 

Tag 4 – das wars.

 

Der letzte Tag begann mit einem moderaten Aufstieg zum letzten Gipfel. 2 Stunden Anstieg, aber der war gut gehbar. Mag sein, dass auch der Einkehrschwung in der Kaindlhütte half, ich hatte ein Glas Milch, Almdudler und ein Russ gab es auch. Nach einem ordentlichen Abstieg kehrten wir auf der Stoffelhütte ein, letzte Kaiserschmarrn, Speckeier und Kaspressknödelsuppen haben wir gegessen. Dann kam ein Mörderabstieg im Wald, teilweise ohne guten Weg, 1 h Reher-Stieg. Wir hätten auch die Straße nehmen können, aber wer will das schon?

 

Erwähnenswert ist noch, dass Toms Schuhe an Tag 3 schlapp machten. Wie viele Wanderreiseveranstalter schreiben, löst sich der Kleber nach 5 bis 7 Jahren. Dem ist wirklich so!!! Ohne Vorwarnung war die halbe Sohle ab. Marlies hatte die schon erwähnte haftelastische Binde dabei und mit dieser umwickelte sie zuerst den hinteren Teil der lockeren Sohle und schließlich auch noch den vorderen. Hielt 1,5 Tage bombenfest!!! Wieder was dazu gelernt.