Kykladen 2.0

 

 

 

Ich bin viel unterwegs. Und wenn man mich fragt, was meine schönste Reise war, ist die Erwartungshaltung meist: Patagonien, Neuseeland, Laos. Irgendetwas ganz Exotisches wird es bestimmt sein. Um so erstaunlicher sind die Reaktionen, wenn ich sage, dass es Griechenland 2012 mit Doreen war. Da sind wir uns übrigens erstaunlich einig. Und das nicht, weil die anderen Ziele nicht wunderschön, erlebnisreich oder sehenswert waren, sondern weil die Kykladen aus meiner Sicht die perfekte Kombination aus Kultur und Faulenzen sind. Die Inseln sind so groß, besser klein, dass man nach einem Halbtagesausflug meist schon jede Menge gesehen hat, und wenn man sich jetzt nicht für Nuancen orthodoxer Kirchen, Klöster oder Baustile von Taubenhäusern interessiert, am Nachmittag kein schlechtes Gewissen hat, faul am Strand zu liegen.

 

Das erschien mir keine schlechte Grundlage, um mit Stephan und Marco, bekennende Strandlieger und damit nur bedingt kompatibel zu meinem Reisestil, eine zweite Runde Kykladen zu wagen. Es gibt wenige Ziele, die ich mehrmals bereisen will. Nepal und Kykladen sind nun schon das zweite Mal bereist (und beide werden mich ein drittes Mal sehen).

 

Los ging es auf getrennten Flügen nach Athen. Es ist eine schöne Erinnerung, dass man in Gruppe mit der Metro, die halbstündlich ins Zentrum fährt, einen Rabatt bekommt. Nachdem wir uns oder dem Automaten, je nachdem wie man das sieht, nicht trauten, haben wir am Schalter erfahren müssen, dass jeder Reisende 10€ für die Fahrt ins Zentrum zahlt. Gruppenrabatt adé, aber die jüngste fiskale Vergangenheit der Griechen lässt den Wegfall dieser Art Subventionen auch verstehen.

 

Wir wohnten wieder im Plaka-Hotel mit dem burner-Blick auf die Akropolis. Ist das tagsüber schon beeindruckend, geht es nachts, wenn die Plaka und die Akropolis beleuchtet sind, nochmal besser. Dieses Mal war auch die Bar auf dem Dach geöffnet, zu sehr vernünftigen Preisen kann man eine Rum-Cola in erster Reihe mit Akropolis-Blick genießen. Selbige besuchten wir auch am nächsten Morgen. Schon da stellte sich raus, dass meine beiden Mitreisenden eigentlich verkappte Kulturtouristen sind. Frühes Aufstehen wurde von ihnen angemahnt, um nicht bei Hitze auf dem Akropolishügel umherwandern zu müssen. Das hätte ich Jahre zuvor, als die Idee der Reise geboren wurde, selbige wurde Mal um Mal verschoben, was sich bei der Vielzahl der Reisen, die alle Mitglieder der Gruppe unternehmen, leicht erklärt, nie erwartet. Und nachdem ein für alle Mal die abweisende Schale eines Gruppenmitglieds geknackt wurde, das bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit vorschiebt, ein Taxi zu benötigen, auch dort, wo es keine gibt oder Taxis keinen Sinn machen, liefen wir den Akropolishügel hinauf und trafen auf eine verhältnismäßig erträglich geringe Anzahl anderer Touristen morgens kurz vor neun. Die Tickets kann man online kaufen, taten wir auch. Es stellte sich raus, dass es bei uns nicht unbedingt nötig war, aber aus Besuchen der Vatikanischen Museen, Uffizien oder Pompeji wird man irgendwann schlau. Der Besuch bei strahlend blauem Himmel aber Wind – ein Vorgeschmack auf die kommenden Tage – dauerte wieder ungefähr zwei Stunden. Danach hat man einen Eindruck, wer jedoch gern Steine guckt, Säulen zeitlich einordnet oder wem einfach mehr Vorstellungsvermögen gegeben ist als mir, dem sei gesagt, das kann man sicherlich ausdehnen. Nach so viel Kultur der erste Frappé, stellte sich raus, den gibt’s auch in fancy Varianten mit Eis, Milchschaum, verschiedenen Geschmäckern etc. etc..

 

Eine Siesta und ein erstes spätes Mittagessen, wo wir in einem zu noblen Restaurant einkehrten, später, ging es auf den Lycabettus-Hügel. Obwohl der Blick von der Akropolis auf die Stadt schon beeindruckend ist, sollte man den höchsten Punkt mitnehmen, um über Athen zu schauen. Hoch geht es, zumindest ab halber Höhe, mit einer Standseilbahn. Wer die 7€ sparen will, kann sich mäandernd und schattenlos durch Agavenkulturen auch per Muskelkraft hoch quälen.

 

Abschluss vom ersten Teil Athen bildete der Sonnenuntergang auf dem Mars-Hill. Etwas unterhalb der Akropolis versammeln sich am späten Nachmittag Liebespaare, Reisegruppen, Hippies … um mit einer Flasche Wein (wie wir), Dosen Bier, einem Joint (es rauch berauschend) ein wenig entrückt und sehnsuchtsvoll gen Westen zu schauen. Als die Sonne weg war ging es dann in die erste griechische Taverne ganz oben in der Plaka und wir hatten unsere ersten Mezedakia, griechische Vorspeisen. Die gab es auch die folgenden Tage. Gyros gab es vornehmlich in Form eines Sandwiches, was sich dann Pita nennt und nuanciert anders ist, als der Döner in Griechenland (zum Beispiel werden die obligatorischen Pommes mit ins Brot gewickelt, Kraut fehlt, Tomate ist dabei, statt Kraut findet man Tzatziki, das dann auch gleich die Sauce bildet und das ganze schön saftig macht). Bekannt ist die griechische Küche aber viel eher für ihre Vorspeisen, die viele Ähnlichkeiten mit den anderen Küchen der Levante haben. Humus, Fava (wie Humus, aber aus Bohnen), Tzatziki, Salate, Käsecremes, Pitabrot, vegetarische Gerichte wie dicke Bohnen, Auberginen, die meine Mitreisenden liebten und mich ab Tag sechs zu einem gewissen Auberginenkoller brachten, all das sollte man unbedingt probieren. Taten wir auch, wie bei der ersten Reise gab es nur eine Regel: ein Tzatziki muss es jedes Mal sein. Wir mochten die, die mein lieber Kollege schmählich hätte stehen lassen: mit viel Knoblauch. Es gibt aber auch welche, die wirklich nur Spuren von Knoblauch haben, da hat jede Köchin ihr eigenes Rezept.

 

Sifnos

 

Die Anfahrt nach Sifnos war vergleichsweise lang, aber wie aus dem Bilderbuch. Wir mussten wirklich zeitig aufbrechen, denn das Schiff legte Punkt sieben Uhr morgens in Piräus ab. Piräus ist weniger romantisch, wie das Lied des Mädchens aus selbigem Ort es glauben lassen will, aber ein gewisses Flair hat der Hafen schon. Letztes Mal nahmen Frau K. und ich die Mittagsfähre, diese Option bestand dieses Mal nicht, es gab keine laut Fahrplan. Morgens ist die schiere Anzahl an Fähren, die festgemacht auf Passagiere warten, schon beeindruckend. Man kann wählen zwischen High speed boat, was schnell geht aber überhaupt kein Flair hat, man sitzt auf vorbestimmten Plätzen wie im Flugzeug und kann den Passagierraum nicht verlassen, oder den Bummelfähren, die ihren Namen verdienen. Ich bestand auf zweitere, auch, weil nur auf dieser Stecke überhaupt die Möglichkeit bestand, mal Fähre zu fahren, die allermeisten Strecken werden jetzt mit Speed Booten bedient. Ist eben so! Die Ausfahrt aus Piräus hat für mich etwas beruhigend Schönes, denn ich war mir sicher, dass Sifnos mein Highlight auf der Reise wird. Die Insel ist verhältnismäßig klein, wenn man davon sprechen kann, auch noch nicht so sehr vom Tourismus eingenommen. Und die Fahrt dorthin betrug fünf Stunden. Erst fährt man an der attischen Halbinsel entlang, dann geht es gen Süden, an Kithnos und Serifos vorbei – wir legten nicht an – und dann erreicht man Sifnos. Die Hafeneinfahrt ist ähnlich spektakulär wie auf Milos, fjordartig fährt man auf Kamares, den Hafenort zu. Der ist auf die Ankunft von Massen nicht wirklich eingestellt. Wir wurden vom Hotelpersonal abgeholt, obwohl die Unterkunft nur 500 Meter vom Anleger entfernt liegt. Die Hafenpolizisten hatten ihre liebe Mühe, in der engen Straße durch den Ort die ankommenden und vollbeladenen Autos und die, die diesen entgegen kamen, ebenso vollbeladen mit abfahrenden Touristen für die nächste Fähre zu organisieren. Vor sieben Jahren konnte man Sifnos einmal morgens und einmal abends erreichen, dazwischen war bis auf ein oder zwei Tage in der Woche Ruhe. Heute kommen auch hier mehrmals täglich Fähren und Schnellboote an, aber immer noch ist es vergleichsweise ruhig. Ich hatte entschieden, dass wir in Kamares Quartier beziehen. Unser Hotel Afroditi war einfach, aber extrem schön gelegen. Auch dem mitreisenden Apotheker gefiel das Hotel so gut, das es am Ende der Reise zum stimmungsvollsten erklärt wurde. Nur durch eine wenig befahrene Straße und einen 50 Meter breiten Buschstreifen ist es vom Strand getrennt. Kamares hat den Vorteil, dass man alles an einem Ort hat. Die Fähren kommen am westlichen Teil des Strandes an, gebadet wird am östlichen. Dazwischen das Örtchen mit Restaurants und allerhand touristischen Geschäften. Echt pittoresk. Für die Liegen am Strand zahlt man mittlerweile, zumindest in der Saison. Fünf Euro kostet eine Liege samt Schirm für den Tag. In meiner Erinnerung gab es die frei, wenn man in der angeschlossenen Taverne etwas verzehrte. Na egal. Im Süden Kretas war das vor einem Jahr auch noch so. Vlt. ist das auch standort- und auch saisonabhängig. Der über die ganze Reise böige, manchmal fast starke Nordwind – Meltemi heißt er hier, anderswo Bora oder Mistral – machte die Temperaturen erträglich, brachte aber die nicht so liebsamen Sandstrahlungen und Handtuchverwehungen mit sich. Aber alles erträglich. Am östlichen Rand von Kamares liegt eine Kirche Agia ???, die ganzen Agias (Heilige) kann man sich nicht merken. In der orthodoxen Kirche ist deutlich mehr Religiosität zu finden als in den Kirchen des Westens. Junge Männer mit Rosenkränzen – voll normal. Irgendeine Agia oder ein Agios ist immer in Sichtweite. Verwitwete Frauen sieht man nur in schwarz. Die Agia im Osten, die man nur mit einem kleinen Aufstieg erreicht, gibt einen schönen Blick über die Bucht von Kamares. Noch spektakulärer ist dieser nur vom einige Hundert Meter höher gelegenen Kloster Agios Simeon, das wir am nächsten Tag bei einer Inselrundfahrt mit dem Mietwagen besuchten. Eigentlich wollten wir ein Quad mieten. Das hätten wir vorbestellen müssen, auf Sifnos sind sie eher Mangelware, auf Mykonos bekommt man sie überall (zu durchaus hohen Preisen), auch auf Milos erinnere ich mich, dass sie viel zahlreicher waren. Erste Alternative zum Quad wären Roller gewesen, dafür braucht man aber einen A-Führerschein, den nur Stephan hat. Nachdem wir diese Erkenntnisse bei drei verschiedenen Vermietern zusammengetragen hatten, gingen wir zum vierten und mieteten, wieder zu meiner Überraschung, ein Auto. Wer hätte gedacht, dass die beiden Strandlieger doch zu Aktivitäten zu bewegen waren? Erster Stopp das schon erwähnte Kloster. Dann ging es in abenteuerlicher Fahrt auf ungeteerter Straße steil bergab zu einem Strand samt zwei Tavernen. Je weiter wir uns dem Strand näherten, desto mehr stellte sich die Frage: schaffen wir das hier mit diesem Kleinwagen wieder hoch. 50 Höhenmeter vor dem Ziel an der steilsten Stelle, die Gott sei Dank aber eine Ausbuchtung zum Parken bot, entschieden wir uns, unser Glück nicht zu sehr zu strapazieren und liefen den restlichen kurzen Weg. Nach einem Bad im Meer und einem Mittagessen stellte sich heraus, dass das nicht die schlechteste Entscheidung war. Das Wenden in drei Zügen bedurfte etwa sieben und der Wagen soff on the edge auch mal ab und man musste im ersten Gang schon ziemlich viel Gefühl aufs Gaspedal geben, um die Räder nicht durchdrehen zu lassen, aber genug Kraft zu entwickeln, Auto und Insassen die Steilküste wieder hoch zu bekommen. Marco machte das barfuß nach ein paar Schwierigkeiten ganz toll und als wir die geteerte Straße wieder erreichten, war ich dankbar, diesen spannenden Teil der Reise sicher überstanden zu haben. Bis dato war eine Tour in Nordspanien, bei der ich die Tiefe der Pfützen nicht abschätzen könnte und Doreen mit einem Stock die Tiefe ermitteln musste, mein fahrerisch größtes Abenteuer.

 

Die weiteren Stationen der Inseltour – Sifnos schafft man gut an einem halben Tag – waren Hersonissos im Norden. Eine pittoreske Bucht mit Fischerbooten, Steilküste und unser erster Besuch bei einem Töpfer – für diese ist Sifnos berühmt – waren die Programmpunkte. Danach einmal über die Insel, vom Norden ganz in den Süden nach Platis Yialos. Will man nicht in Kamares wohnen und dennoch einen tollen Strand haben, steige man hier ab. Alles gut touristisch organisiert, aber dennoch nicht übervoll. Der Strand ist zwar schön sandig, aber nicht besonders breit. Da es später Nachmittag war, kehrten wir auf Wein, Stephan hatte das erste griechische Bier in eine Taverne ein. Dort hatte ich die beste Fava-Paste. Das lag weniger an der Fava selbst, die ist so, wie man sie kennt, aber am Tomatenconfit drumherum. Eine geschmacklich tolle Erfahrung. Die Taverne war super schön  eingerichtet und auch der aufmerksame Kellner trug sicherlich zur guten Erinnerung an diesen Ort bei. Die Lokale für die Abendessen in Sifnos, beide Male griechische Tavernen, die Stephan aussuchte, lagen einmal im touristischeren Westteil des Ortes, kurz vorm Fähranleger. Dort gab es wohl das, was man am ehesten unter Hausmannskost versteht. Sehr geschmackvoll, ohne allzuviel Chichi. Am zweiten Abend etwas mehr Chichi, aber ebenso lecker. Das Tzatziki am ersten Abend und der Salat am zweiten Abend haben es geschafft, in Erinnerung zu bleiben. Am zweiten Abend gab es dann auch Raki, der übrigens auf dem i betont wird, wie uns die aus Kreta stammende Bedienung erklärte. Ich dachte immer, dass es sich dabei um einen Tresterbrand, ähnlich wie Grappa handelt, aber warum der dann auch als Zichoria, Betonung auf dem a, bezeichnet wird, ist mir ein wenig schleierhaft. Er schmeckte, das ist die Hauptsache.

 

Und am nächsten Tag ging es dann schon mit dem Speedboat nach Naxos.

 

Naxos, größte der Kykladen. Für mich auch auf der ersten Reise die schönste, deshalb und der ausgezeichneten Strände an der Westküste wegen die Wiederholung. Ein kleiner Schock, als wir auf Naxos ankamen: neben uns 3 weitere Speedboote. Ich fühlte mich, als wäre die Arche entladen worden. Aber auf Grund der Größe verteilt sich alles gut. Unser Hotel lag diesmal in Chora, dem Haupt- und Hafenort. Die Einfahrt mit der Fähre ist auch schön, der Ort ist am Hang gebaut und oben drohnt ein venezianisches Kastell. Zusammen mit dem Überbleibsel eines Apollontempels auf einer Halbinsel gibt das ein stimmungsvolles Bild. Auf Grund der Lage bietet dieses Hotel keinen Transfer vom Hafen an. Das erklärt sich auch deshalb, weil Naxos Innenstadt bedingt autofrei ist. Die wirkliche Altstadt hat so enge Gassen, das allenfalls Esel als Transportmittel denkbar wären. Wir haben kaum noch welche gesehen, die müssen bestimmt alle die Touristen auf Santorini den Berg hochtragen oder finden ihr Leben auf beschaulicheren Inseln wie Koufunissi oder Sikinos. Aber auch die Straßen um die Altstadt sind nicht ganztägig für Autos freigegeben. Da Naxos groß ist, hatte ich schon zuvor einen Mietwagen reserviert, den wir gleich am Hafen abholten. Das dauerte auf Grund des Andrangs von Menschen zwar etwas, aber wir wurden in einem perfekten Englisch bedient, was vor allem den Mitreisenden mit Anglistik-Abschluss erfreute. Parken ist in Naxos zwar kostenfrei, aber nur auf ausgewiesenen, durchaus großzügigen Flächen möglich. Einhundert Meter von unserem Hotel befand sich der nächstgelegene Parkplatz, den wir im zweiten Anlauf auch fanden. Es gab also eine extra Runde sightseeing und die Erkenntnis der technikaffinen Generation, der ich auf Grund meines vergleichsweise biblischen Alters noch nicht (oder nicht mehr? – eine Frage des Standpunktes 😉) angehöre, dass man seinen Sinnen mehr trauen sollte als google maps. Das Hotel (Xenia) ist empfehlenswert, aber eben mittendrin. Die Zimmer sind gut schallisoliert, aber offene Fenster sind tabu. Es soll ja auch in meinem Umfeld Menschen geben, die stets Fenster öffnen können müssen. Dann besser doch das Château Zevgoli nehmen, das viel weiter oben in der Chora gelegen ist. Schon am ersten Tag, wir waren zeitig dran und kamen schon gegen elf Uhr in Naxos an, nutzten wir das Auto und fuhren an die Westküste. Nach Agios Georgios, dem Stadtstrand, den ich für den kinderfreundlichsten Strand Europas halte, meterweit seichtes, flaches Wasser, feinsandiger Stand, kommt Agios Prokopios, den wir diesmal gar nicht besucht haben, gefolgt von Agia Anna und Plaka. Noch weiter südlich wird es dann teils einsam, Pastraki, Kyrgaki. Wunderschön, aber man sollte auf keine Infrastruktur vorbereitet sein. Wir jedenfalls haben uns für Agia Anna, na fast schon Plaka entschieden. Es war nicht weit bis Amore Mio, der Pizzeria, wo ich das letzte Mal stylische Sunbeds in Form überdimensionierter Hängematten mit Doreen gefunden hatte. Yukka konnte aber auch was. Der Preis für einen riiiiiesigen Sonnenschirm, 3 Menschen passten bequem Schatten suchend drunter, 2 Liegen und einen sehr bequemen Sonnenstuhl lag bei achtzehn Euro. Klingt erstmal viel, jedoch konnte man im Wert der Miete auch Getränke und/oder Essen konsumieren, zahlte also bei diesem Mindestverzehr nichts. Das gefiel dem Mitreisenden, den ich auf dieser Reise als denjenigen identifiziert habe, der am meisten auf Luxus steht (wenn La B. mal nicht mit nach New York will, Frau K. würde super zu dir passen und ihr könntet euch gegenseitig in eurem perfekten Englisch sonnen 😉) so gut, dass dieser Strand zum schönsten der Tour erkoren wurde. Er hatte zumindest die beste Infrastruktur, das gebe ich zu. Und es waren kaum störende Steine, die das ins Wasser Gehen behindert hätten. Ein fauler Nachmittag und ein Abendessen in einer rückblickend betrachtet eher durchschnittlichen Taverne mit einem tollen Blick über den Hafen von Naxos und auf Paros, das am Horizont mit seinen beleuchteten Dörfern einen netten Kontrast bot, später, war der Tag doch  ereignisreich zu Ende gegangen, zumindest für den Urlaub reichte das Programm.

 

Vom Strandscouting am 2. Tag so viel: Frühsommer erscheint mir die bessere Reisezeit, denn da gibt’s noch keinen Meltemi (Nordwind). Die tollen Strände im Westen Naxos, die wirklich mit zu den besten am Mittelmeer gehören, sind windanfällig. Auch unsere Korkenzieherschrauben, die wir an die erworbenen Sonnenschirmchen in Leichtbauweise chinesischer Produktion erworben haben, hielten nicht immer dem Wind stand. Übrigens sind die Strände, je weiter man von Chora entfernt ist, auch textilfrei. Wenn man denn will.

 

Schön war die „klassische“ Rundtour mit dem Mietwagen am 3. Naxostag. Es ging in den Norden nach Apollonia, da waren wir noch zu früh dran, die Tavernen rüsteten sich erst für die noch nicht vorhandenen Tagesausflügler. Dann ging es weiter ins Inselinnere nach Apiranthos. Trotz seiner Höhenlage (im Winter kennt man hier Schnee!) hingen keine Wolken in den Bergen und wir konnten das Bergdorf sehr genießen. Marco kaufte ein aus weißem Marmor gefertigtes Boot und eine mit roter Keramik eingelegte Schüssel, ich besitze jetzt 2 Teelichthalter samt Tablett und passender Schale für meinen Couchtisch, auch in diese ist farbige Keramik eingearbeitet. Gekauft haben wir es bei einem lokalen Künstler. Zusätzlich erstanden wir Olivenöl, Marmelade, Raki – Mitbringsel für daheim. Essen gabs auch und am Nachmittag war noch Zeit für: ja Strand.

 

Vergessen habe ich das Abendessen am zweiten Tag: Taverna Paradiso. Nomen est omen. Unter einer riesigen Tamariske stehen im Sand Tische und Stühle, man kann den Sonnenuntergang hinter Paros (sie versinkt an dieser Stelle nicht im Meer!) verfolgen, gut essen und dann kamen auch noch Straßenmusiker, die mit amerikanischen Evergreens wie Here comes the sun oder Streets of Philadelphia den Abend begleiteten. Rundum gelungen.

 

Nochmals: Naxos ist groß, es waren auch in der Nachsaison noch ordentlich Touristen dort, aber alles verteilt sich und vor allem gibt es für jedes Publikum auch einen Markt.

 

Das ist auf Mykonos anders, Insel Nummer drei auf dieser Tour. Mit dem Speedboat kamen wir nach einem Strandtag am Stadtstrand von Naxos, Agios Georgios, am späten Nachmittag an. Das gebuchte Hotel (Ilio Maris) war ausgesucht, gediegener Service wurde uns während des gesamten Aufenthalts zu teil. Bei den Preisen kann man das auch erwarten. Den ersten Abend genossen wir mehr oder weniger. Resümee des Abends war – ich zitiere Marco: ich habe noch nie einen Ort auf der Welt erlebt, an dem Geld so im Vordergrund stand. Dem ist nichts hinzuzufügen. Cappuccini (eigentlich alle Softdrinks) für knapp zehn Euro, darauf war ich vorbereitet. Weniger vorbereitet war ich auf das Publikum, das diese Preise anzieht oder auch bedingt. Elena sprach mal vom großen Fisch im kleinen Teich. Auf einen Teil traf das sicherlich zu, Hauptsache mal auf die Kacke hauen. Ein anderer Teil, vornehmlich Asiaten und Araber, können sich die Preise für die durchschnittlich drei Tage, die sie auf der Insel verbringen, wahrscheinlich wirklich leisten bzw. sind bereit, diese Preise zu zahlen.

 

Die Innenstadt von Mykonos ist pittoresk und super sehenswert, die Strände gehören zu den besten, die Griechenland zu bieten hat. Dort, wo sie besonders schön sind und deshalb auch besonders viele Touristen anzutreffen sind, herrscht eine Infrastruktur, die ihresgleichen sucht. Dass man die Miete für Sonnenschirm, Strandliege und wenn gewollt, Leihhandtuch, auch per Kreditkarte zahlen kann, hat mich beeindruckt. Zum Strand kamen wir mit ATV – Strandbuggys. Die sind, wie Roller, zugig, aber was tut man nicht alles zum Erhalt der Freundschaft. 😉

 

Die Rückfahrt nach Rafina war deshalb ein Erlebnis, weil wir ein Speedboat gebucht hatten, das irgendwie an ein Raumschiff erinnerte. Es war riesig im Vergleich zu den Booten, die ich bis jetzt kannte und die wir auf unserer Reise genutzt hatten. Rafina ist der kleinere Hafen in der Nähe von Athen, viel, viel übersichtlicher als Piräus. Er ist nur per Bus erreichbar, doch wir gönnten uns ein Taxi, die direkte Fahrt bis zur Ferienwohnung, die ich zum Schluss gebucht hatte, wollten wir uns leisten. Allerdings rechneten wir nicht damit, dass der Taxifahrer sich absolut auf sein Navigationsgerät verließ. Als wir mitten in Athen, an der Agora, links und nicht rechts abbogen, dachte ich noch: na, der wird schon wissen, was er tut. Als wir dem Akropolisberg immer näher kamen, die Straßen immer enger wurden und eigentlich nur Wege waren und der Fahrer immer noch weiter fuhr, dachte ich: was wird das werden? Er hatte ganz schön zu tun, das Taxi überhaupt noch wenden zu können und sich aus dem Irrgarten unterhalb der Akropolis zu befreien. Da ein Mann über 50 nicht zugibt, keinen Plan zu haben, ließ er uns zentral raus mit dem Hinweis, die letzten Meter sollten wir laufen. Taten wir, es war nicht weit und wir wurden mit einem riesigen, wunderschönen Apartment mitten in Athen belohnt. Hellenic Hospitality House – kann ich nur empfehlen. Letzte Einkäufe, ein wunderbares Abendessen auf dem Balkon der Ferienwohnung und der Urlaub ging zu Ende. Nicht ohne noch einen Hund gerettet zu haben. Marco, der mit Stephan zurück nach Hamburg flog, nahm für einen Hamburger Hundliebhaber einen griechischen Hund mit und wurde so kurzfristig selbst zum Hundebesitzer. Die ganze Story ist für jemanden, der Hunden mindestens neutral gegenübersteht, wie ich, ziemlich verrückt. Aber es gibt ja bekanntlich nichts Gutes, außer man tut es, und so ist ein Straßenhund aus Paros über abenteuerliche Wege nun Wahlhamburger geworden.