Nachdem ich bereits in Kroatien in diesem Jahr nur 5 Tage war, wollte ich die 5 gemeinsamen Strandtage an der Costa Dorada mit Marco und Stephan auf jeden Fall verlängern. Also entschied ich mich, Valencia anzusteuern. Mittlerweile habe ich fast alle großen spanischen Städte bereist, Valencia ließ ich stets aus, zu Unrecht, wie ich sagen muss.
Nach einer entspannten Anreise nach Barcelona mit Zug und Flugzeug, ging es mit den Rodalies, den Nahverkehrszügen Kataloniens (in anderen spanischen Regionen heißen die cercanias) nach Sitges. Die Koffer ins Hotelzimmer gebracht, lagen wir bereits 2 Stunden nach der Landung am Strand. Die folgenden 4 Tage waren dann auch wenig abwechslungsreicher: Frühstück, Strand und am Abend stets ein gutes Restaurant. An der Costa Dorada mache ich total gern Urlaub, es ist weniger Pauschaltourismus zu finden, viel mehr individueller Tourismus. Das spiegelt sich auch in der Preisen: Sonnenschirm und Strandliege sind fast doppelt so teuer wie an anderen Stränden, bspw. Valencia, in Spanien. Aber landschaftlich ist die Costa Dorada total schön, selbst den bewegungsmüden Mitreisenden haben die Ausblicke von der Steilküste auf das türkisblaue Meer mehr als gefallen. Die Restaurantdichte ist hoch und wir haben ausgezeichnet gegessen und getrunken. Die Spanier können nicht nur Rotweine, auch die Penedés-Weißweine waren ausgezeichnet. Meine Akkus luden sich beim Nichtstun und absolutem Traumwetter schnell auf und so schade es war, dass die beiden Schweriner an Tag 5 zurück nach Deutschland flogen, so sehr freute ich mich auf die Stadt. Ich setzte mich also in den Nahverkehrszug ins 5 km entfernte Vilanova um von dort mit dem Talgo nach Valencia zu fahren.
Wer sich schon immer fragte, wo das ganze spanische Obst her kommt: genau aus der Region zwischen Barcelona und Valencia. Die Fahrt ging parallel zur Küstenlinie durch nicht enden wollende Obstplantagen. Landschaftlich war sie auch schön, links das türkisblaue Meer, rechts die Berge, die sich im Hinterland erheben. Pünktlich und vollklimatisiert kam ich nach exakt 3 Stunden in Valencia an. Bei Einfahrt in die Stadt sieht man schon die modernen Bauten der Stadt der Künste und Wissenschaft im trocken gelegten Flussbett des Turia. Nach einem schweren Hochwasser im vergangenen Jahrhundert legte man den Fluss trocken, leitete ihn weiträumig um die Stadt herum. Ökologisch ist das sicherlich fragwürdig, aber mitten in der Stadt entstand ein breiter Streifen mit Parks und Grünflächen und im Süden in Richtung Meer ist eine beeindruckende Ansammlung moderner Bauten entstanden. Verantwortlich dafür zeichnete Santiago Calatrava, der Stardesigner, der mittlerweile in der Schweiz lebt, aber aus Valencia stammt. Ob Bilbao, Buenos Aires oder Lissabon, Fotos von mir vor Calatrava-Objekten gibt es einige, doch in der Dichte wie in Valencia muss man sie suchen. Die Stadt besuchte ich am 3. Tag.
Am Ankunftstag zog es mich in die Altstadt, die ich sofort in mein Herz geschlossen habe. Lange Straßenzüge mit opulenten Fassaden, wie ich sie aus Madrid kenne, säumten einige Stadtteile. Die Prunkarchitektur des spanischen Kolonialstils gab es an anderen Ecken zu sehen, dann wieder Modernisme, wie in Barcelona. Valencia ist ein Schmelztiegel von allem, was Spanien zu bieten hat. Und die Stadt ist gut besucht, aber nicht überlaufen. Die Horden an Touristen, wie man sie aus Barcelona kennt, blieben zumindest bei meinem Besuch aus. Schon der Bahnhof, die Estacion de Norte, ist wunderschön, sowohl innen, als auch außen. Meine persönlichen Highlights in der Altstadt sind die Seidenbörse, die zum UNESCO-Kulturerbe gehört, und die Markthalle. Die Börse ist absolut sehenswert. Um einen Orangengarten erstreckt sich im Geviert eine geschichtlich mehr als interessante Anzahl an Gebäuden. Neben einer Halle, die tatsächlich als Börse genutzt wurde, gab es unter anderem auch noch ein Consulado del Mar, eine Art Gericht, das Handelsrecht sprach. Mit Audioguide, der in nahezu jeder Sprache verfügbar ist und der nur unglaublich günstige 3 € kostete, kann man individuell auf Entdeckungstour gehen und in mindestens 2 Stunden die Geschichte erkunden. Direkt gegenüber der Börse befindet sich die Markthalle. Es gibt wunderbare Markthallen in Madrid und Barcelona, die in Valencia steht diesen in absolut nichts nach. Das Angebot hat mich beeindruckt, schade, dass ich keine Möglichkeit hatte, einzukaufen (und zu kochen). Im Juni, wenn die Gärten voller Obst und Gemüse sind, ist es eine einzige Freude, an den frischen Produkten vorbei zu laufen. Alles, was Meer, Feld und Wald hergeben, konnte man erwerben.
Nach einem ausgiebigen Stadtbummel am 2. Tag ging es nachmittags mit der Metro an den Strand. Valencia hat ein super ausgebautes Metrosystem. Ein Tagesticket kostete 4 €, Bus und Straßenbahnen kann man mit diesem ebenfalls nutzen. Zum Strand hatte ich mich nicht belesen und war begeistert, als ich diesen erreichte. Er ist gute 100 m breit und kilometerlang, feinsandig und mit aller Infrastruktur ausgestattet, die man braucht: Liegen und Sonnenschirme gibt es, Duschen, öffentliche Toiletten, Rettungsschwimmer und Kioske für Speis und Trank. Allein das hat Valencia für mich so erlebenswert gemacht, morgens Kultur und ab Nachmittag Strand.
Ein ausgiebiger Fotobummel durch die Stadt der Künste und Wissenschaft am letzten Tag schloss die Stadtbesichtigung ab. Die Anreise ist etwas umständlich, da keine Metroanbindung besteht, man muss Bus fahren. Nachdem ich den richtigen Bus fand, stieg ich am nördlichen Ende der Stadt aus und wanderte bis zum südlichen Ende, wo sich das beeindruckende Aquarium von Valencia befindet, das ich schließlich auch besucht habe. 29 € Eintritt sind zwar nicht gerade geschenkt, aber der Erlebniswert ist hoch und wenn man will, kann man sich einen ganzen Tag dort aufhalten. Tiere aller Ozeane und Meere findet man dort, es gibt eine Show mit Delfinen, ganze Schulklassen besuchen den Zoo und an einigen Stellen hört man diese Geräuschkulisse auch. Will man auch noch die sehr guten Museen der Naturwissenschaften oder für moderne Kunst von innen besichtigen, benötigt man für die Stadt der Künste und Wissenschaft mindestens 2 volle Tage. Für einen Eindruck inklusive verschiedener Fotostopps schafft man es sicherlich auch in 4 Stunden.
Und dann war eine Woche Spanien auch schon rum. ABER: der Urlaub endet immer erst, wenn man daheim angekommen ist. Und so bekam ich gewissermaßen einen Nachschlag, denn die Abreise war durchaus von Erlebniswert. Der Flug nach Düsseldorf war noch ganz ok. Am Gepäckband stand ich ewig, genau wie die anderen Mitreisenden, endlich kam der Rucksack, doch da war der erste ICE schon mal weg. Der wäre aber, wie ich in der App der Deutschen Bahn sah, sowieso nicht gefahren und auch der nächste und für mich letzte ICE fuhr nicht. Langsam schwante mir, dass das Problem wohl umfangreicher sein könnte, ich las mal in den Gazetten nach und erfuhr von den Unwettern, die über Norddeutschland herunter gegangen waren. So fuhr ich über Düsseldorf Hauptbahnhof nach Dortmund, von dort weiter nach Hannover. Alles pünktlich und mit der Aussicht, Magdeburg zu erreichen. Als wir 400 m vorm Hauptbahnhof in Hannover mit dem ICE zum Stehen kamen, wurde uns der Grund mitgeteilt: auf dem Gleis, auf dem wir einfahren sollten, stand ein anderer Zug und der konnte nicht weg, weil es keinen Lokführer gab, der ihn hätte wegfahren können. Bitte??? Ja! 1 Stunde standen wir vor Hannover Hbf, bis das Problem beseitigt war. Der Anschluss nach Magdeburg, der allerletzte, war natürlich weg. Da es einigen 100 Menschen so ging und diese in Hannover strandeten, gab es auch keine Übernachtungsmöglichkeiten in Hotels oder Taxigutscheine. Eine Nacht auf dem Hauptbahnhof stand mir also bevor. Die Bahn hatte einen ICE in den Bahnhof fahren lassen, dieser stand als „Hotelzug“ offen und so saß man wenigstens nicht auf dem Bahnsteig rum. Aber um es deutlich zu sagen: 6 Stunden in der 2. Klasse ICE sind allenfalls so erholsam wie die gleiche Zeit in der Economy-Class eines Großraumfliegers. Zusammen mit anderen Reisenden und einigen Obdachlosen - es hatte sich wohl rumgesprochen, dass man die Nacht trocken und klimatisiert im Zug verbringen könnte - verbrachte ich mit wenig Schlaf die Nacht. Die Stimmung war ganz eigenartig, aber durchaus friedlich, ein wenig speziell. Natürlich gab es Subgruppen, die mit Schimpf und Schande über die Bahn herzogen, wie so etwas sein könne. Aber gegen Naturgewalten kann auch die Bahn nichts tun und bei Licht besehen: wir saßen trocken, es gab keinen Terroranschlag oder schlimmere Dinge und beim THW konnte man Getränke und Essen bekommen. Müde aber gesund kam ich 7 Uhr am nächsten Morgen mit 8 Stunden Verspätung daheim an.