"Bist du aufgeregt?" Das war die Frage, die mir immer wieder gestellt wurde. Nein, ich bin nicht mehr aufgeregt vor Fernreisen. Aufregung legt sich. Aber ich bin voller Vorfreude bei Fernreisen. Sobald man in Metropolen Internetzugang hat, muss man nicht aufgeregt sein. In Zeiten von uber ist selbst die Fahrt zum Hotel keine Herausforderung mehr. Ich nehme dennoch fast immer ein Taxi. In Lateinamerika kann man schon im Zusammenhang mit Taxifahrten wahre Horrorgeschichten hören. Von Trickdiebstahl bis Organraub. Ich werde auch am Ende der Reise nicht betrogen sein und noch all meine Organe haben, bin aber um einige Gespräche reicher. Ganz arg wird es in Panamá kommen, wenn mir der Taxifahrer zurück vom Kanal zum Hotel vorn neben sich die Tür öffnet. Paranoia und Umsicht sind nie weit entfernt. Auf jeden Fall empfinde ich Vorfreue bei Fernreisen und keine Aufregung. Genauso ist mir leider Heimweh fremd. Knappe 4 Wochen Kolumbien in Gruppe und Panama allein beginnen im ICE nach Frankfurt. Pünktlich war er und nach einer Nacht im nur bedingt zum empfehlenden Radisson am Airport flog ich mit Iberia über Madrid nach Bogotá. Im Flieger schmierte mir die Purserin Honig ums Maul, wie gut mein Spanisch sei. Und wir kamen ins Gespräch über die kleine Sprachschule in der Calle Arenal, der ich mein Sprachniveau verdanke. Das Sprechtempo der Muttersprachler ist immer noch herausfordernd. Sobald sie merken, dass man sie halbwegs versteht, wird es eher schlimmer, also schneller. Und die Dialekte im Karibikraum kommen Kuba extrem nah, was es mehr als herausfordernd macht, überhaupt zu verstehen, was sie sagen. 

Nach der Landung in Bogotá ging es mit fünfminütigem Zwischenstopp im Hotel, um den Koffer abzuwerfen, in ein peruanisches Restaurant, wo ich unseren Reiseleiter, Bertram, und den Rest der Gruppe traf. Statt Abendessen, es gab reichlich im Flieger, nahm ich den ersten Rum. Bis auf den Diplomatico in Barrichara wird der Rum auf dieser Reise nur Durchschnitt sein. Sowohl der Medellin als auch der Caldas kommen nicht mit ins Gepäck nach Haus. Dennoch gab es reichlich Rum, eben durchschnittlichen. :-)

 

Die ersten Tage in den Anden waren mit einem Programm, das seinesgleichen an Dichte sucht, gefüllt. Meist ging es frühmorgens los und vorm Sonnenuntergang, der zugegebenermaßen in Äquatornähe sehr früh ist, so gegen halb sechs abends, war nie an Programmende zu denken. Das kam mir nicht unbedingt entgegen. Zwar gibt eine solche Dichte Struktur, für den nur "bedingt gruppenreisetauglichen Individualisten" (geklaut bei Bärbel) ist so was aber nix. Gab es mal Freizeit, wie am 2. Tag im Kolonialdorf Villa de Leyva, bestand diese aus 90 Minuten Vor-Ort-Erkundung. Das ist mir eindeutig zu wenig. Aber die Eindrücke waren dennoch intensiv. Villa de Leyva ist wirklich sehenswert mit kolonialer Architektur wie aus dem Bilderbuch und einem riiiiesigen Hauptplatz, der so groß war, dass er sich bildlich nicht wirklich gut einfingen lies. Ziel des Andenbesuchs war die Paramo-Vegetation. In den hochkalten Bergen nah am Äquator hat sich eine tundraähnliche Landschaft entwickelt, die mit Frailejones, Schopfrosettenpflanzen, aufwarten kann. Man findet diese nur in Kolumbien, Ecuador, Venezuela und Peru und zusammen mit den überaus reichlich vorhandenen Moosen und Flechten ist es eine einzigartige Szenerie, in der man wandern kann. Bevor ich dazu komme, muss man sagen, dass diese Landschaft sich auf Grund des Wasserreichtums überhaupt nur bilden kann. Und da kommen wir zu einem wesentlichen Teil der Reise: Kolumbien ist eines der wasserreichsten Länder der Erde (besonders die Pazifikküste, die wir nicht besucht haben) und dieser Reichtum erklärt sich durch reichlich Regen. Regenreichster Monat im Jahr ist der November und da haben wir es auch: es regnete. Üppig, nicht stetig aber doch so viel, dass ich im zweiten Teil der Reise zwei Tage in komplett nassen Schuhen lief, quitsch quatsch, quitsch quatsch ....

Zurück zum Paramo. Die Reise, in die ich mich einbuchte, war bewährt seit 2012 im Programm des Anbieters, zu Coronazeiten wurde sie nicht angeboten und wir waren die erste Nachcorona-Gruppe, die diese Reise wieder machte. Das zeigte sich bspw. an Tag 3. Dort stand eben eine Paramo-Wanderung auf dem Programm. Wir bezogen Quartier in Mongui, einem pittoresken Andendörfchen, das sich durch 3 Dinge auszeichnet: man kann überall Bälle kaufen, denn in Mongui gibt es mit einer Ball-Fabrik von internationalem Ruhm den wichtigsten Arbeitgeber: Fußbälle, Basketbälle, Handbälle, Volleybälle. Bälle! Nr. 2 ist die Tatsache, das die kulinarische Infrastruktur aus mehr oder weniger (eher weniger) empfehlenswerten Imbissen mit andiner Küche besteht und aus gleich 3 Pizzerien, die alle sehr gut sind. Mal ne Pizza ist ganz ok auf ner Reise, aber 2 Abende hintereinander brauchte das niemand. Da sollte sich Umstand 3 als glücklich erweisen, denn der Mongui nah gelegene Paramo-Park, in dem wir wandern sollten, war gesperrt. So fuhren wir in zweistündiger Fahrt nach Aquitania um dort im Paramo zu wandern. Aufstehen war um 6, nach dem Frühstück um 7 ging es los mit dem Bus und vor 11 kamen wir aber nicht los, da ein LkW den Weg blockierte (parkte mitten auf der Straße, der Fahrer rechnete wohl nicht damit, das an der abgelegenen Stelle überhaupt jemand passieren wollte und musste ausfindig gemacht werden) und schließlich blieb der Bus stecken und wir durften anschieben. Die Wanderung fand mit 5 (in Worten fünf) einheimischen Begleitern statt. Zwischen 3 und 8 Stunden sollte diese dauern, das kam darauf an, wen man fragte. Zwischendurch hatte ich den Eindruck, die Vielzahl der Begleiter war der Tatsache geschuldet, kraftlos zusammen gebrochene Touristen abzutransportieren, allein wussten die 4 Herren und 1 Dame oft nicht wohin, wir verliefen uns dreimal. Das, der noch mäßige Regen und die veritablen kleinen Seen (große Pfützen), die es zu umrunden galt, gepaart mit reichlich Schlamm führte dazu, dass die ersten Gruppenmitglieder ihre Komfortzone verlassen mussten. Dass wir das Ziel in schwärzester Nacht mit Stirnlampen erreichten, war auch so eine Sache. Aber die Landschaft war einmal, atemberaubend und trotz der Umstände fand ich die Wanderung echt gelungen. (Die Gruppe, die 2 Wochen nach uns startete, wurde gleich in ein Hotel nach Aquitania verbracht.) Da sich im Leben aber alles ausgleicht, gab es am Abend ein Essen, das seinesgleichen sucht. Aquitania liegt an der Laguna de Tota, dem auf 3000 m gelegenen größten See Kolumbiens. Fischreich muss er auch sein, denn wir waren in einem Restaurant, in dem es Forelle in jeder nur erdenklichen Variantion gab. Das, der Rum, den es dazu gab und die gefühlt 20 km Wanderung machten die Rückfahrt nach Mongui (wo wir kein zweites Mal Pizza aßen), auch erträglich.

Die zweite Akklimatisationswanderung schon in der Sierra de Cocuy bestand abermals in einer Paramo-Wanderung auf 4000 m Höhe. Von Mongui bis in die Sierra de Cocuy ist man einen Tag im Bus unterwegs, die Fahrzeiten waren immens. Die Landschaft ist vielfältig, wunderschön und sehenswert und die Hinweise in den Reiseführern, dass in der Regenzeit nicht jedes Ziel erreichbar ist in den Anden, sind berechtigt. Wir querten Flüsse, die sich über die Straße ergossen nur dank der ausgezeichneten Fähigkeiten von Luis, unserem Fahrer und sahen mehr als einen Erdrutsch. Die Wanderung war super, wir sahen Weißschwanzwild durch die Paramo-Bäumchen springen. Giraldo, ein visionärer Kolumbianer, begleitete uns und erzählte allerhand über die Landschaft. Ziel war eine Lagune auf 4.000 m Höhe und bei Sonnenschein ist diese bestimmt traumhaft, wir aßen unser Pausenbrot im strömenden Regen, nachdem es im Aufstieg begonnen hatte, zu regnen. Aus diesem Grund fiel die letzte Wanderung, die uns an die Höhe gewöhnen sollte, auch weg und wir schauten uns stattdessen Giraldos kleines Paradies an. In einem der abgelegensten Winkel der Welt hat dieser Mann vor 20 Jahren begonnen, ein kleines Eco-Hotel aufzubauen. 30 Minuten fuhr man vom Dorf dorthin, es liegt mitten in den Bergen. Wasser und Strom kamen nach und nach durch Eigeninitiative und jetzt steht mitten im Nirgendwo ein kleines Haus, das 10 bis 12 Menschen beherbergen kann. Wir waren nur Tagesgäste und genossen die spektakuläre Aussicht, den Kaffee, die selbst angelegten Wanderpfade durch den Andenwald, Der Mann nötigte mir Respekt ab. Als es mittags wieder zu regnen begann, lagen wir in warmen Thermalquellen und tankten Wärme für die kälteste Nacht des Urlaubs.

Zwei Stunden dauerte die Anfahrt zur 4.000 m hoch gelegenen Hütte nahe aber nicht im Nationalpark Cocuy (was am Folgetag nochmals eine Dreiviertelstunde Busfahrt bedeutete). Um in den Nationalpark Einlass zu bekommen, muss man eine Schulung absolvieren. Auch hier führte Corona dazu, dass dies mittlerweile über ein online-Training möglich ist, mit all seinen Nachteilen. In Schwellenländern ist das Internet nicht durchgängig stabil und da aber Wert darauf gelegt wurde, dass jeder Gast auch das Training absolviert und der Erfolg der Schulung dadurch überprüft wird, dass an deren Ende ein Link versandt wird, der zu einem Formular führt, das persönlich auszufüllen ist, waren 10 Personen im Hotel damit beschäftigt, auf winzigen Handy-Bildschirmen wechselseitig die Schulung zu verfolgen. Deren Inhalte waren einem Alpenwanderer durchaus verständlich: nimm den Müll wieder mit, tritt nichts um, das Ökosystem wurde erklärt und wo die Kolumbianer eigen sind, sind die menschlichen Hinterlassenschaften. Ein Klappspaten ist mitzuführen, der Stein oder Kaktus als Sixhtschutz und danach ein verschmitztes Lächeln, wenn man wieder zur Gruppe aufschließt, reichen nicht. Es sollte sich am Wandertag zeigen, dass die das ernst meinen, circa ein Drittel der Gruppe musste graben. Doch zuvor ging es, wie geschrieben, auf die Hütte. Diese ist einfach, vielleicht am ehesten vergleichbar mit den Lodges in Nepal und ich meine nicht die Luxusunterkünfte, die ich im Khumbu hatte. Innen- und Außentemperatur sind mehr oder weniger gleich, aber die Stockbettenzimmer, die wir uns teilten, hatten allesamt ein Bad en suite. Die reichlich vorhandenen Decken, die wohl die komplette Regenzeit nie wirklich trocken werden aber erstaunlich wärmend sind, taten mit dem reichhaltigen Essen, das in der durch den Gaskocher temperierten Küche gereicht wurde, ihr möglichstes, dass wir alle ganz gut schliefen. Sicherlich war auch der kurze Abend und das frühe Zubettgehen hilfreich, denn als der Kocher unterm Essen verlosch, krochen Kälte und Feuchtigkeit durch die teils streichholzbreiten Ritzen der Holzwände. Die Königswanderung von 3.600 m auf 4.600 m am Folgetag war gute 6 Stunden lang und bis auf die letzte Stunde ohne Regen, der reichte aber aus, um durch teils kniehohen Matsch zu müssen. Notiz ans Kleinhirn: unbedingt Gamaschen auf die nächste Südamerika-Tour mitnehmen, ich hätte sie in Costa Rica schon sehr und auch in Kolumbien unbedingt gebrauchen können. Obwohl ich mir gar nicht erst das Ziel gesetzt hatte, die Lagune zu erreichen, ging es erstaunlich gut und nicht nur ich, sondern alle kamen am Ziel an. In diesen Höhen läuft man immer etwas mit angezogener Handbremse und selbst die erfahrenen Peru- und Bolivienreisenden in der Gruppe meinten, 1.000 Meter Aufstieg seien gewaltig an einem Tag, in den anderen Andenregionen würden vlt. 400 oder 500 m täglich in diesen Höhen absolviert. Nochmals sahen wir ausgiebig Paramo-Landschaft inklusive der Frailejones, an die man sich dann doch schnell gewöhnt und sie für selbstverständlich hält. Am ersten (und für alle abschließenden) Zielpunkt hätte es noch die Möglichkeit gegeben, bis zur Schneegrenze zu laufen, die aktuell zwischen 4.700 und 4.800 m liegt und dank Klimawandel stetig nach oben geht. Das wären ca. 3 Stunden zusätzlicher Weg gewesen, so sehr fanden wir kolumbianischen Schnee alle nicht anziehend, zumal wir ja wussten, dass wir, sobald wir nach Europa zurück kommen, durchaus Chancen auf Schnee haben. Zusammenfassend war der Anden-Teil der Reise der für mich mit weniger Erwartungen verbundene, aber die Freundlichkeit der Menschen, die Landschaften und die zwar knackigen aber doch zu meisternden Wanderungen haben ihn in bester Erinnerung gelassen.

Das zweite Drittel der Reise bestand aus Radfahren, besser gesagt Mountain-Biking zu 95% bergab. Um zum Ausgangspunkt der ersten Tour zu kommen, galt es: Bus zu fahren, genau. Unterbrochen wurde die Rückfahrt, die auf exakt gleicher Strecke wie die Hinfahrt in die Sierra de Cocuy stattfand, durch ein wirkliches Abenteuer. Schon auf der Hinfahrt galt es einen reißenden Bach, der die Straße überspülte, zu queren, das machte Luis, der Busfahrer, mit links. 3 Tage reichlich Regen ließen die Querung bei der Rückfahrt zum Wagnis werden, zumal ein PkW mitten im Bach steckte, als wir an der Engstelle ankamen. Es dauerte eine knappe halbe Stunde, bis sich dieser befreien konnte.

Der weitere Anfahrtsweg wurde dann nochmal durch eine Dreiviertelstunde Stau verlängert, die einzige Straße wurde nach Erdrutsch frei geräumt und das auf kolumbianische Art. Halbe Stunde Vollsperrung und dann erfolgte fahrbahnweise die Durchfahrt, der talwärts fahrende Gegenverkehr hatte Vorrang. Irgendwann kamen wir aber am vereinbarten Treffpunkt an und 2 supersportliche Guides hatten bereits hochprofessionell die Fahrräder bereit gestellt. An jedem Rad klebte der Name des Fahrers, es gab Protektoren, Trinkflaschen und Helme, alles auf den jeweiligen Fahrer ausgezeichnet. 2 Tage sollte es jeweils circa 4 Stunden bergab gehen, was allein schon die Dimensionen der Andenlandschaft verdeutlicht. Die Fahrräder waren allerbester Qualität, meins gar aus Carbon. Hinter der Rädern fuhr der Bus in gebührendem Abstand die Piste hinterher und ein weiteres Begleitfahrzeug war auch immer in der Nähe, sodass man jederzeit abbrechen konnte. Am ersten Tag, als nachmittags zuverlässig der Regen einsetzte, machte ich davon auch Gebrauch. Den dritten Tag in Folge klitschnass am Ziel anzukommen ohne die Möglichkeit, die Sachen mal durchzutrocknen, fand ich eine wenig erbauliche Aussicht. Und so beschränkte sich das Abenteuer auf eine halbe und eine komplette Abfahrt, wobei die zweite sonnige Abfahrt schon in tiefe Teile (was Schwüle und Hitze bedeutete) des Landes führte. Dort wird Zuckerrohr angebaut und wir besichtigten trotz des Sonntags eine Fabrik. Viele Leute am Weg waren äußerste fröhlich und grüßten ausgelassen, die Alkoholika, die man sich am Feiertag gönnte, bauten Hemmungen ab. Stimmungsvoll war auch die Übernachtung im kleinen Dorf San Agustin, wo gefühlt außer den Radfahrern keine Touristen hinkommen. Deshalb nimmt man das Frühstück eben schon mal auf der Straße ein. Außer Motorrädern, die um die Tische drumrum fahren können und störrischen Mulis stört ja niemand und die neugierigen Blicke der Einheimischen sind sowieso auf einen gerichtet.

Und irgendwann kamen wir dann in Barrichara an. Das schmucke Städtchen ist Touristenmagnet und durch den Feiertag (Allerseelen), der praktischerweise auf einen Montag hinter ein Wochenende gelegt wurde, war die Stadt noch voller als sonst. Unser Aufenthalt beschränkte sich auf eine Nacht und da wir den halben Nachmittag, der tatsächlich in dieser voll gepackten Reise mal frei gewesen wäre, nicht ungenutzt ließen, kenne ich Barrichara nur bei Nacht. Denn wir wanderten noch nach Guane, einem Dorf ganz am Ende der Welt über einen alten von Indigenen angelegten Weg, der vom Deutschen von Lengerke zu Kolonialzeiten reaktiviert wurde und als Saumpfad für den Transport verschiedener Waren diente. So abgelegen die Städte im zentralen Kolumbien liegen mögen, es ist nicht weit bis zur Grenze Venezuelas hinter der sich gleich der riesige Lago der Maracaibo erstreckt und bis zum Rio Magdalena, dem größten und schiffbaren Fluss Kolumbiens sind es ebenfalls nur wenige Tagesrmärsche. Für so einen alten Entdecker früherer Jahrhunderte waren das ja keine Entfernungen. In Barrichara wurde es dann nach den doch teils sehr ruhigen Abenden in den Anden erstmals richtig südamerikanisch. Ausgelassenes Leben auf den Straßen, richtig guter Rum (ein Diplomatico aus Venezuela - der uns in echten Tumblern serviert wurde, auch wenn ich schwören musste, sie heil wieder zu bringen - wir nahmen ihn auf Grund der überfüllten Bar stilvoll auf dem Bordstein des Gehwegs ein, so machten es auch andere einheimische Gäste, vielleicht wollte uns der Barkeeper auch deshalb den Rum in Plastikbechern verkaufen, was die Inhaberin aber kategorisch unterband - bravo!), Musik bis in die frühen Morgenstunden. Dort hätte ich noch  etwas bleiben mögen. Aber wir mussten weiter, der letzter Teil der Reise an der Karibik-Küste stand ja noch aus, das Trekking zur Verlorenen Stadt, mein Highlight der Reise.

Dass uns die zwölfstündige Fahrt von Bucaramanga (drittgrößte Stadt Kolumbiens) nach Santa Marta (älteste Hafenstadt an der Karibikküste) mit dem Bus erspart wurde, verdient Erwähnung und sehr viel Dankbarkeit. Im bis hier erlebten Teil der Reise waren die Fahrtstrecken elend lang, nicht unbedingt räumlich aber zeitlich. Auch der Wechsel in die Tropen war durchaus ein Erlebnis. Zuerst ging es vom Mesa de los Santos, einem Hochplateau über dem Chicamocha-Canyon, in den wir noch eine aussichtsreiche und sehr heiße Wanderung unternommen hatten, mit dem Bus zum Flughafen. Der befindet sich auf der entgegenliegenden Seite von Bucaramanga. Der Airport nennt sich stolz international und es gibt wohl auch eine Verbindung täglich (aktuell) ins Ausland, aber eigentlich ist es eine Einbahnstraße Richtung Hauptstadt und nach Bogota heben in hoher Frequenz Flieger ab. So auch wir, allerdings mit etwas Verspätung. Das Boarding ist insoweit erwähnenswert, da es nach dem Einsteigen von ca. 20 Personen unterbrochen wurde, diese 20 Personen auch wieder aussteigen mussten und dann erstmal nichts geschah, schließlich auf den Bildschirmen erschien, dass der Einsteigeprozess beendet sei, was zumindest bei den Deutschen zu etwas Panik führte, denn es standen ja alle noch draußen vorm Flieger und dann erfuhren wir den Grund der Verzögerung: gegen unseren Flieger war ein anderer gefahren und man musste den Umfang des Schadens erstmal untersuchen. Der Schaden schien dann sehr überschaubar zu sein, denn wir flogen alsbald ab, durchaus mit der Frage, welches Ausmaß an Zerstörung der Zusammenstoß wirklich versursachte und ob das Verfahren europäischen Sicherheitsstandards entsprach, ereignislos erreichten wir aber Santa Marta.

Ich bin kein großer Fan schwül-heißen Klimas aber egal wo ich bis jetzt am Karibischen Meer war, es hat mich jedes Mal eingenommen, vor allem wegen der Fröhlichkeit der Leute. Am kleinen Flughafen von Santa Marta ist alles nah beeinander und so hörten wir schon am Kofferband die Band behinderter junger Menschen, die laut und fröhlich musizierte. Das steckt irgendwie an. Eine Nacht gab man uns Zeit, uns auf das Trekking zur Ciudad perdida - der Verlorenen Stadt - vorzubereiten. Die verbrachten wir in einem just renovierten Hotel an der Karibikküste. Die Renovierung sah ich den Zimmern jetzt nicht unbedingt an, aber das Flair von Taganga, so hieß der Badeort, war doch bezaubernd. Ein Albtraum für Pauschaltouristen, die perfekten Service erwarten. Alles war nochmal wesentlich entspannter als im Rest des Landes und schon dort herrscht manana-Mentalität. Wenn man sich aber drauf einlässt und diese Lebenseinstellung annimmt, ist es so ziemlich das Erholsamste, was einem passieren kann. Wie mal gab es peruanische Küche (DIE beste Küche Südamerikas), der Rum, der selbst gewürzt wurde, hatte etwas von Hustensaft und ich bin mir, nachdem ich zwei von drei ausgeschenkten Sorten heroisch kostete sicher, dass er jeden Katarrh bezwingt.

Der Trekking zur Ciudad perdida ist und war mein Highlight auf dieser an Eindrücken mehr als reichen Reise. Ich nehme gleich sämtliche Illusionen: die 57 km sind schweißtreibend, nahezu zu jeder Jahreszeit mit einer Material- will heißen Schlammschlacht verbunden, weil auch zur schönen Jahreszeit auf Grund der Lage im höchsten Küstengebirge der Welt (die Gipfel gehen über 6.000 m) stets reichlich Regen fällt. Der Trek wird vor allem von jungen Menschen begangen, denen die sehr einfachen Unterkünfte wohl genügen und auch die sanitären Einrichtungen sind insbesondere vor dem Abmarsch am Morgen im besten Sinne in einem exotischen Zustand: indisch. Die Camps sind mit Stockbetten ausgestattet, die eng gestellt sind, vor allem das regendichte Dach weiß man schnell zu schätzen, das ist eigentlich auch der einzige Luxus, den es von der Ausstattung gibt. Ein weiterer Luxus sind die Maultiere (Mulas), die als Karawane alles die Berge hoch und runter tragen, was das Publikum so braucht. Sie tragen auch dazu bei, dass die lehmig-rote Erde jeden Tag ordentlich durchgeknetet wird, sich Wasser besser halten kann und so reichlich Schlamm entsteht. Der für die Gruppe zuständige Koch zauberte ganz wunderbare Gerichte, die meist kohlenhydratreich und karibisch angehaucht sind, gefühlt sind insbesondere die Frühstücke frugal und man denkt sich: gut, dass ich Riegel aus Deutschland dabei habe.

Die Organisation des kompletten Treks ist im höchsten Maße professionel. Entweder von Santa Marta oder von einem Strandressort, in unserem Fall Taganga, aus, fährt man ca. 1 Stunde die Landstraße Richtung Venezuela, biegt dann unvermittelt rechts ab, erledigt die Registrierungsformalitäten, was in unserem Fall das Anlegen eines pinkfarbenen Bändchens am Unterarm a la all-inclusive-Bändchen bedeutete und quält sich je nach Wegbeschaffenheit 75 bis 100 Minuten mit Allradfahrzeugen zum Ausgangsdorf in den Bergen. Dort trifft man auf das zuvor bestimmte Team aus Bergführer, Koch, Mulatreiber und Übersetzer und wird binnen kürzester Zeit eine eingeschworene Gemeinschaft, damit die Stimmung gut ist, isst man noch in einem von 5 Restaurants, die das kleine Dorf, in dem alles los geht und endet, bietet. Dann bricht man auf und wer den ersten Tag geschafft hat, kommt auch an, wenn ihn nicht ein Magen-Darm-Infekt heimsucht. Unser eigener Koch zusammen mit dem durchweg abgepackten Wasser führten dazu, dass die Gruppe durchhielt, normalerweise liegt die Ausfallquote bei 10%, sei es aus Krankheit oder wegen körperlicher Erschöpfung. Die ersten Meter geht es eben dahin, man denkt sich: ganz schön schwül, aber das wird. Dann kommt der erste Schlammteil und wie immer fällt es einem schwer, den Kopf frei zu bekommen und zu denken: einfach durch. Zu Beginn sucht man noch nach Wegen, um die Schuhe irgendwie zu schonen. Spätestens an Tag 2 macht man solchen Blödsinn nicht mehr. Je schlammiger Schuhe und Hose, desto besser. Spart Kräfte für die wesentlichen Dinge. Nach dem Schlamm kam die einzige Abzweigung, am ersten Tag kann man entweder die Straße gehen, die in den ersten zwei Dritteln der zu bewältigenden Strecke auch noch Motorräder befahren oder den alten Wanderweg, Der ist schöner und heute weiß ich es auch: steiler. Und er beginnt mit einer Flussquerung. Nach 15 Minuten Wanderung die erste Flussquerung. Na toll. Und dann auch noch eine solche, wo es nicht im ausreichenden Abstand schlüpfrige Steine gibt über die man immer in der Angst hüpfen kann, doch in den Fluss zu fallen, sondern man Schuhe und Strümpfe auszieht, den Fluss durchwatet und dann mit nassen Füßen wieder Strümpfe und Schuhe anzieht und weiter läuft. Ja, so war das.

Alles vergisst man aber schnell, da sofort hinter dem Dorf der Dschungel beginnt. Obwohl ich die Landschaft nahezu gleich in den Talamanca-Bergen in Costa Rica schon erlebt hatte, nahm sie mich sofort wieder ein. Oder wie Markus, der mitreisende Kollege aus Köln, meinte: ich geh nie wieder ein einen Tropengarten in Europa. Richtiger Dschungel ist so was von beeindruckend: die Stockwerke der Pflanzen, deren Dichte, deren Größe (selbst eine Monstera im Topf in Europa ist ein armes Dinge im Vergleich zu Wildexemplaren), die Vielfalt an Tillandsien, Bromelien, Orchideen. All das lässt einen weiter laufen, obwohl man schwitzt wie ein Schwein und den Reiseleiter, der die Tour kennt und deshalb den Notmuli für den ersten Aufstieg nimmt, zwischenzeitlich fast verfluchen will. Der die ganze Strecke mitgeführte Notmuli wurde im übrigen nicht einmal gebraucht, aber gut zu wissen, dass es ihn gegeben hätte. Der erste Anstieg war der Hammer, fast so schlimm wie die Anstiege in Costa Rica: steil und elend lang aber in unserem Fall nur mäßig schlammig, wir hatten 3 Tagezuvor fast keinen Regen. Irgendwann endet aber jeder Anstieg und das echt Nette an diesem Trekking ist, dass man immer zur Halbzeit des Weges eine Obstmahlzeit während einer Pause angeboten bekommt. Ab Tag 2 rechnet man ja damit aber am ersten Tag waren die Citrusfrüchte und Wassermelonen ein echtes Highlight.

Unser Trekking war auf 5 Tage ausgelegt, 3 Tage Auf- und 2 Tage Abstieg. Für preisbewusste Wanderer gibt es eine Viertagesvariante und auch 2 Aufstieg / 3 Abstieg sind im Programm. Ich würde jedem zu den 5 Tagen raten. Einige Tage sind von den Gehzeiten recht kurz aber wenn es nicht regnet, kann man in den Flüssen baden. Das habe ich nicht getan, weil mir die Umzieherei einfach zu nervig war und weil man wissen muss: sonnt man sich auf Steinen, die in den Flüssen so praktisch rumliegen, bekommen dich die Mosquitos, weil das Repellent natürlich wunderbar abgespült wurde vom Bad zuvor. Ich habe Beine gesehen, die aus Dutzenden von Mückenstichen bestanden, Rücken, die wir in Europa als unbedingt behandlungsbedürftig eingestuft hätten. Obwohl ich zu sparsamer Anwendung von Advantan-Milch riet, war die 100g Tube äußerst beliebt und wurde schnell leerer. Man muss in den Tropen sprühen, cremen und seifen. Seifen war neu für mich aber Nopikex-Seife kann ich nur empfehlen, das hat super funktioniert, ist sparsam und schützt mit 22% DEET-Anteil zuverlässig vor den Plagegeistern und den Krankheiten, die sie übertragen. Kleine Anmerkung: 20% der Reisenden setzten auf Icaridin und wurden so was von zerstochen. Ich weiß, dass die Studienlage eine andere ist, aber ich bin DEET-Apostel.

 

Die Verlorene Stadt mitten in der Sierra Nevada de Santa Marta trägt auch die Namen Grüne Hölle und in der Sprache der dort ansässigen Indigenen den Namen Teyuna. Die Indigenen bevölkern in 4 Stämmen ganz Nordkolumbien, in der Sierra Nevada sind vor allem Kogi ansässig. Diese kleinen Menschen (werden max. 160 cm groß) kleiden sich in weiße Gewänder und laufen entweder in Gummistiefeln oder barfuß auf den gleichen Wegen rum, auf denen der Tourist wandert. Anfangs findet man sie noch komisch, sie sind meist sehr zurückhaltend und wenn der von uns stetig auch aus Respekt ausgesprochene Gruß "Buenos dias" erwidert wurde, dann meist sehr leise. Manchmal lächelten sie einen an, manchmal kam auch gar nichts zurück. Das liegt sicherlich daran, wo diese Menschen leben. Der Weg zur Ciudad perdida lässt sie auf uns treffen, dieser Trek macht aber nur einen Bruchteil ihres riesigen Territoriums aus und wenn sie aus den hohen Lagen der Sierra Nevada, dort, wo auch Schnee liegt, kommen, finden sie uns bestimmt mehr als seltsam. Auf dem Weg zur Verlorenen Stadt kommt man an einem einzigen ihrer Dörfer vorbei, dort kann man ihre Rundhütten gut sehen und auch ein paar Einwohner sind meist da. Denn im Dorf hat zwar jede Familie ein Haus, lebt dort aber nicht ausschließlich sondern nur dann, wenn sie sich nicht auf ihrer Chagra, dem Landsitz, aufhält. Das sind kleine Außenposten mitten im Dschungel, ein einzelnes Haus, wo eine Familie lebt. Die Indigenen leben in Subsistenzwirtschaft und bauen Mais, Yuka, Bohnen und Früchte an. Sie kommen nur ins Dorf, wenn sie ein Anliegen haben. Dort gibt es auch eine sehr rudimentäre Krankenversorgung nach westlichen Vorstellungen, Naturmedizin und Schamanismus sind weit verbreitet. Dieses Leben im Einklang mit der Natur bringt tolle Begegnungen mit sich: so treiben die Kogi auf dem Weg kleine Schweine von a nach b, binden diese auch am Wegesrand fest, damit sie fressen können und transporieren in Rucksäcken Enten, die verdutzt herausschauen. Alles Erlebnisse von unterwegs.

Wir hatten in den ersten 3 Tagen super Glück mit dem Wetter, Wenn es nachmittags regnete, waren wir schon im Camp angekommen und konnten entspannt den Tropengüssen zuschauen. Ab Tag 4 änderte sich das, da goss es auf der Wanderung und auch Wanderschuhe halten Wasser, das von oben kommt, nicht ab. Ein sehr besonderes Gefühl ist es, mit trockenen Stümpfen in pitschnasse Schuhe einzusteigen, dieser Moment, wo das Wasser die Haut berührt, man sich denkt; wird es Fußpilz oder nur Blasen geben und man dann losläuft und quitsch quatsch, quitsch quatsch das Wasser zwischen den Zehen hin und her spritzt. Einmalig. 2 Tage bin ich so zurück gelaufen, man gewöhnt sich dran, da es warm ist, friert man wenigstens nicht und auch eine Woche nach Rückkehr habe ich keinen Fußpilz festgestellt. Blasen haben ich mir auch nicht gelaufen.

Am 4. Tag dann das Highlight: morgens um 6 wird es hell und ein Hauen und Stechen geht los, welche Gruppe zuerst den Aufstieg zur Verlorenen Stadt schafft. Vor 6 darf man nicht los, vor Jahren ist mal jemand in der Dunkelheit bös gefallen. Eine Stunde geht man auf einem immer schlechter werdenden Weg zu einer kleinen selbstgebauten manuellen Seilbahn, die über den Fluss führt und dann beginnt der erhabene und steile Aufstieg zur Verlorenen Stadt. Angeblich 1.200 Stufen sind zu überwinden, die sind für Schuhgröße 36 ausgelegt, es ist eine Herausforderung, mancher würde es vielleicht Tortur nennen, diesen Weg sicher auf und vor allem wieder runter zu geben. Aber es lohnt sich.

Die Verlorene Stadt wurde nach der Eroberung durch die Spanier von den Tayrona-Indigenen aufgegeben, sie zogen sich in höhere Regionen des Gebirges zurück. Obwohl Einheimische und Indigene von diesem Ort zu aller Zeit wussten, wurde er erst 1972 wieder entdeckt. Nur etwa 10% der Fläche sind frei gelegt und dadurch, dass wir in der Nebensaison dort waren und man sich nur zu Fuß dort hingewegen kann, war der Andrang von Touristen maßvoll und das Erlebnis einfach wunderbar. Der Aufstieg erfolgt noch teils im Regen, als wir aber oben ankamen, nun mit zusätzlichem grünen all-inclusive-Bändchen neben dem rosafarbenen vom Anreisetag, zog es auf und wir hatten ein wahrlich einzigartiges Erlebnis mitten im Dschungel. Die großen Terassen, auf denen einst Hütten standen, vermitteln einen vagen Eindruck, wie das Leben hier vor vielen Jahrhunderten abgelaufen sein muss. In der Verlorenen Stadt wohnen Kogi. Diese haben als spirituelles Oberhaupt einen Mamo, der am ehesten mit einer Mischung aus Bürgermeister und Schamane vergleichbar ist. Sein weibliches Pendant, mit der er verheiratet ist, heißt Saga. Remoldo, der Mamo der Gemeinschaft rund um die Verbotene Stadt, war - welch großes Glück - auch tatsächlich zugegeben bei unserem Besuch und spendete gegen Einwurf barer Münze auch eine Versicherung in Form eines sehr einfachen Baumwollfadens auf dem winzige Plastikkügelchen gefädelt wurden. Dieser Einkauf ist dermaßen durabel, dass er auch noch Wochen nach meinem Besuch dort an meinem linken Handgelenk bleibt. Insgesamt braucht man für die Stadt gut 90 Minuten, um sie in Ruhe zu durchstreifen, Fotos zu machen und an allerbester Stelle die berühmte Fruchtpause zu genießen. Danach begann der Abstieg und der Regen und was Schlamm ist, weiß ich nun wieder, ich hatte es ganz vergessen, so schnell geht der Verdrängungsprozess. Geblieben sind nur die schönen Erinnerungen, Entbehrungen, der Regen und der Schlamm erwähne ich nur, um Nachahmern eine Vorstellung zu geben, worauf sie sich einlassen werden.

Wer so einfach unterwegs hist, hat sich dann auch etwas Entspannung verdient, die bei uns aus anderthalb Tagen Strand in Palomino bestand. In der Zeit tat ich einfach nichts, ging am Strand spazieren, aß Fisch und erholte mich. Denn den Schlusspunkt in Kolumbien stellte Cartagena, DIE Kolonialstadt in Mittelamerik,a dar. Anlaufpunkt von Kreuzfahrttouristen und so musste man sich erstmal wieder auf Massentourismus einstellen. Aber ich gebe zu, ohne Antigua in Guatemala zu kennen, sie ist wunderschön. Nicht nur die eigentliche Altstadt, auch Getsemani, das Stadtviertel direkt nebenan mit seinen tollen Wandgemälden und der Kunst, haben mich sehr in ihren Bann gezogen. Kulinarisch findet man alles, unser Gruppenabschiedsessen war arabisch (und köstlich!), den Verlängerungstag haben wir mit Rahmen in einem japanischen Restaurant und auf einem Rooftop mit fusion-Küche und einem feinen Rum (Dictador - lokaler Rum aus Cartagena, 20-jährig) beschlossen. Wer nur Cartagena kennt, hat Kolumbien weder gesehen noch verstanden, aber bezaubernd ist diese Stadt so oder so. Und sie hat einen recht gut frequentierten Flughafen, und so kam ich einfach, bequem und sicher mit Copa nach Panamá, denn einen 12 Stunden Flug auf einen anderen Kontinent kann man ja heute fast nicht mehr rechtfertigen, wenn man "nur" ein Land anschaut. So hatte ich mir noch 5 Tage Panamá allein verordnet und auch das war eindrucksvoll und vor allem wunderschön, auch wenn ich aus der Stadt selbst nur rausgekommen bin, um mir die Miraflores-Schleusen am gleichnahmigen Kanal anzuschauen.

5 Tage Panamá. Das ist grad genug, um die Stadt in Ruhe auf eigene Faust zu erkunden am Ende einer erlebnisreichen Reise. Das Programm bestand nur aus Halbtagsausflügen. Casco viejo, die Altstadt von Panamá, ist schön, spielt aber nicht ganz in der Liga von Cartagena. Sie ist auch gefühlt musealer, sodass ich mit meiner Entscheidung, ein Hotel in der Neustadt zu nehmen, gleich von Anfang an zufrieden war. Von der Neu- in die Altstadt kann man am Meer entlang in einer Stunde laufen, das ist ein netter Spaziergang, der aufgrnud der Wetterverhältnisse dennoch schweißtreibend sein kann. Irgendwann kommt man am Fischmarkt entlang und biegt dann links ab. Natürlich schaut man sich den Panamá-Kanal an. Der Ausflug war erlebnisreich, aber man muss schon Geduld mitbringen und kostspielig ist es auch. In Panamá fährt man Taxi, was echt bezahlbar ist und wenn man sich an die allgemeinen Regeln zur Sicherheit von Taxifahrten in fremden Ländern hält, ist es auch nicht gefährlich. Aber die Fahrt vom und zum Kanal schlägt schon zu buche und der Eintritt zur Aussichtsplattform der Schleuse ist auch nicht geschenkt. Dafür sieht man dann aber auch die ganz dicken Pötte ziemlich nah, zugegebenermaßen an einem Sonntag auch mit wirklich vielen anderen Personen. Wie lang so ein Schiff in die Schleuse braucht, gezogen von 4 elektrischen Lokomotiven, die auch Mula heißen, ist erlebenswert. Und da es sich um Doppelschleusen handelt, muss man sich 2 Einfahrten und Ausfahrten gedulden, bis die Passage geschafft ist. Sehenswert ist das Biodiversitätsmuseum, ein Bau von Frank Gehry. Das farbenfrohe Haus ist auch von innen einen Besuch wert, auch wenn man es mit den Tempeln der Wissensvermittlung in Europa nicht vergleichen darf, man zielt dort auch gefühlt eher auf amerikanisches Publikum ab. Panamá lässt einen denken, man sei in Miami Beach, mit Englisch kommt man weiter, man zahlt in Doller und auch die Malls und die Restaurants muten sehr amerikanisch an. Das RIU-Hotel hatte auch mehr von Hotels in Vegas als von den großen Stammhäusern in Spanien. Aber genau aus diesem Grund fährt man ja auch in die Ferne, um es eben nicht wie daheim zu haben.