Am 27.12. ging es los nach Kuba. Nach einem eisigen Dezember war das eine richtig gute Entscheidung, über Silvester in die Sonne zu fliegen. Die Reise war alles in allem voller Erlebnisse.
Da wäre der Hinflug: Iberia machte ihrem Ruf alle Ehre und wir verließen Berlin Tegel mit einer Verspätung von 45 Minuten. Als wir die zweite Schleife über Madrid flogen, sah ich meinen Anschlussflieger schon ohne mich abfliegen. Wer schon einmal in Madrid von T4 nach T4S umgestiegen ist, weiss, dass das bequem in 30 Minuten zu schaffen ist. Ich hatte noch 15, wohlgemerkt bis zum take-off, nicht bis der Flug geschlossen wurde. 2 Niederländer saßen 1 Reihe hinter mir im Berlinflieger und drängelten ähnlich penetrant wie ich, um endlich aus dem A319 rauszukommen. Dann allerdings, als wir endlich draußen waren, guckten sie ziemlich dumm und hilflos drein. Auch unter Stress konnte ich mein Helfergen nicht unterdrücken und so sprinteten wir (mit einer kurzen Erholungspause in der Bahn) in 11 Minuten von T4, Abschnitt H nach TS Abschnitt T. Wer in Madrid mal lange Weile hat, kann versuchen das zu wiederholen, das Unternehmen scheitert kläglich, wenn man nicht mindestens schon ein paarmal dort umgestiegen ist. Egal: am Gate angekommen wurde mir auf spanisch mitgeteilt, dass ich nun zwar den Anschluss geschafft hatte, mein Koffer aber nicht. Du kannst heute ohne Koffer oder morgen mit fliegen. Bezahlt ist bezahlt, ich stieg etwas entnervt in den A340 und an der Tür meinte eine sehr resolute Stewardess zu mir: Was willst du, du fliegst nach La Habana. Mehr als einen Mini brauchst du nicht. Meine Stimmung war besser, ich hatte einen Platz am Notausgang und ein ruhiger Transatlantikflug mit bekannt "gutem" Iberiaservice brach an.
Obwohl ich etwas naiv Kuba und China miteinander verglich, war die Einreise in China super easy. Stempel in den Pass und gut wars. Selbst mit Terminal-Wechsel in Peking waren wir nicht länger als 30 Minuten dabei. Anders sollte sich das in Havana gestalten. 90 Minuten anstehen, wie früher im Osten Deutschlands beim Bananen- oder Apfelsinenverkauf. Als ich endlich am Schalter (es gab 20, vor denen jeweils eine Menschentraube von ca. 15 Personen wartete) war, dann ein Durchleutungsprozedere. Pass und Touristenvisum abgeben, in eine webcam schauen, Flugnummer nennen, Stempel nach 5 Minuten Wartezeit abholen, Tür aufstoßen und: nächste Schlange, der Zoll. Auch den überstand ich mit Humor, vielleicht half auch die langsam aufkommende Müdigkeit.
Nach dem Zoll dann das Kofferchaos. Ich wusste ja bereits, dass meiner nicht dabei ist, vergewisserte mich jedoch nochmal durch Blick auf das Band, das Nachbarband (in Kuba durchaus üblich, dass die Koffer auch mal auf dem Nebenband ankommen) und schließlich ging ich auch noch alle Koffer ab, die in den zwei Stunden Einreiseprozedur schon von Flughafenmitarbeitern neben die Bänder gestellt wurden. Ich habe selten so ein Chaos erlebt. Mit zwei weiteren Kofferopfern ging ich an den lost and found Schalter, beschrieb meinen und die Koffer der anderen, die kein spanisch sprachen, und gebe hiermit jedem dem Tipp: Foto vom Koffer im Handgepäck mitnehmen, das macht die Sache einfacher.
Nach zwei weiteren Stunden, die wir v.a. in der nächsten Schlange am Geldwechsel zubrachten, saß ich im Bus zum Hotel am Malecon. Was sofort auffiel: pechschwarze Nacht, weil kaum Beleuchtung wegen Stromrationierung. Eine Hauptstadt mal ganz anders. ...
Los ging die Reise – ohne Koffer eben – also in Havanna. Das Hotel lag direkt am Malecon, dem Balkon Havannas am Meer. Wenn man das so hört und weiterhin weiß, dass dort die Einheimischen entlang flanieren, hat man eine ganz verquere Vorstellung und erwartet irgend etwas zwischen Boltenhagen und Lloret de Mar. Dem ist nicht so. Alles ist ziemlich puristisch, morbide ist nicht ganz treffend, man muss sich immer wieder vor Augen halten: sozialistisches Land und bitterarm.
Havana vieja – die Altstadt von Havanna – ist dann aber wirklich sehenswert. Überall tut sich etwas, Sanierung ist auf Grund des Klimas aller paar Jahre notwendig, sonst sind die fröhlich, bunten Farben weg. Die hohe Luftfeuchte in Kombination mit den vorherrschenden Temperaturen ist daran schuld. Wenn ich mich heute mit etwas Abstand frage, was von Havanna am eindrücklichsten hängen geblieben ist, ist es die Altstadt, sind es die Oldtimer, es sind aber nicht die Menschen, authentisches Kuba jenseits von looky looky traf ich auf dem Land an.
Nach Havanna ging es erstmal gen Westen: nach Soroa und Vinales. Soroa ist sicherlich erwähnenswert. Wer touristisch perfekte Infrastruktur sucht, ist hier falsch. Soroa ist eine Streusiedlung, in der auch ein landschaftlich super schön gelegenes 2 Sterne Hotel liegt. Viele holidaychecker haben offensichtlich diese Klassifikation ausgeblendet. 2 Sterne in Kuba ist wirklich kein Luxus. Ein Teil der Reisegruppe hatte kein Wasser, einige hatten wenigstens kaltes Wasser und ein Teil hatte auch warmes oder sogar heißes Wasser. Aber zählt das wirklich? Neben dem Hotel gibt es einen botanischen Garten, der v.a. Orchideen beherbergt. Sehr sehenswert! Ein kleiner Wasserfall, der weder mit denen in Iguazu noch mit dem Rheinfall in Schaffhausen zu vergleichen ist, befindet sich auch in unmittelbarer Umgebung. Ansonsten: nix. Absolute Ruhe. Haften geblieben ist, dass die 2 Nächte dort zu den kältesten in Kuba seit 50 Jahren gezählt haben. Das war von daher unangenehm, weil die Cabanas (entspringt einem Bungalow im einfachen Stil) keine Fenster hatten, sondern Holzlamellen, so dass die Innen- der Außentemperatur entsprecht. In Worten: sechs Grad C am Morgen sind auch in Kuba kalt. Das Hotel ist trotzdem eines der schönsten, in dem ich bis jetzt war, das Flair macht viel wett. Die Verpflegung ist einfach, satt bin ich aber geworden.
Vinales ist, wie man es sich vorstellt. Landschaftlich schön, die Mogotes sollte man mal gesehen haben. Es waren weniger Touristen dort, als ich vermutet hatte, was aber wohl wirklich daran liegt, dass Vinales von Havanna aus in einem Tag nur zu schaffen ist, wenn man in aller Herrgottsfrühe aufbricht und spät am Abend erst zurück sein will. Ansonsten muss man zwischenübernachten, die Infrastruktur von Soroa habe ich ja beschrieben, so viel anders sind die anderen Möglichkeiten in der Umgebung sicherlich nicht. Zu erwähnen ist an der Stelle wahrscheinlich noch, dass es am Mural de prehistorica, einem überdimensionalen Felswandgemälde, dass die Prähistorie thematisiert und nicht aus der Prähistorie stammt, die beste Pina colada der ganzen Insel gibt. Sowohl virgen (also ohne Rum) ist die super lecker gewesen, als auch mit Rum. Dabei konnte jeder Gast der Bar selbst titrieren, wie viel Rum denn ins Glas sollte. Man bekam eine so was von cremige virgen-pina-colada nebst einer Pulle Rum hingestellt. Auf jeden Fall sollte man erst ohne Alkohol probieren, ein sehr feiner Geschmack.
Nach einer 2. Übernachtung in Soroa ging es am Silvestertag nach Cayo levisa. Island in the sun beschreibt die kleine Insel wohl am besten, einfach ein paar Stunden in der Sonne liegen und im Atlantik baden. Für länger ist mir diese Art von Urlaub ja viel zu langweilig, aber schön wars …
Silvester in Kuba
Fahrten in Kuba sollte man nicht unterschätzen. Die Distanzen sind eher übersichtlich, die Zeiten, die man benötigt, um diese Distanzen zu überwinden, sollte man jedoch eher großzügig bemessen. So war auch die Fahrt am Silvesterabend zurück gen Havanna mehrstündig und wurde um kurz vor 6 Ortszeit mitten auf der Autobahn unterbrochen. In Deutschland ging es straff auf Mitternacht zu, und als deutsche Reisegruppe konnte man ja schon mal mit ein bisschen Sekt auf das neue Jahr anstoßen. Gesagt, getan! Es hatte schon etwas groteskes, als wir einfach auf der rechten Spur der Autobahn stehen blieben, alle den Bus verließen und uns denn mit Plastikbechern zuprosteten, während uns ein Einspänner auf der linken Spur überholte.
Das kubanische Silvester feierten wir in Havanna am Malecon. Kubaner feiern Silvester eher daheim mit Freunden und der Familie und für Feuerwerk ist sowieso kein Geld übrig. So gab es nach dem Abendessen die Frage, wo wir Silvester verbringen wollten. Das gestaltete sich so, dass wir erstmal darüber aufgeklärt wurden, wie schwierig es sei, am Silvesterabend ein Taxi zu chartern. Auf der Hintour nach Havana vieja war das erstmal gar nicht schwierig, die ersten 3 setzen wir in ein Taxi und los gings. Nach einer kurzen Pause machten sich Doreen und ich als Nachhut mit einem 2. Taxi auf den Weg.
Tja, und da waren wir: 11 Uhr abends, Havanas Altstadt voll gestopft mit Touristen und wir beide auf der Suche nach den anderen 3. Um es kurz zu machen: die anderen haben wir nicht gefunden, Mitternacht haben wir mit einem Mojito in einer kleinen Straßenbar angestoßen, wenn man nicht vorher irgendwas reserviert hatte, lohnte sich der Weg in die Altstadt auch nicht wirklich. Nach 3 Stunden und einigen Mojitos, die mir augenscheinlich mehr zusetzten als Doreen, machten wir uns also auf den Heimweg.
Und auch dabei war es gaaaaar keine Schwierigkeit, ein Taxi zu bekommen. Direkt am Hauptplatz fanden wir gleich eine stattliche Auswahl und ich entschied, gleich das erste zu nehmen. Ein Kubaner sprach uns auf englisch an: „Do you need a taxi?“ Ich antwortete: „We already have a taxi!“ und meinte zu Doreen: „Go in, go in!“ Das ganze wird erst witzig, wenn man die Schlange der wartenden Touristen sieht, die mir auf Grund diverser Mojitos nicht aufgefallen war. Elegant die Schlange umgangen.
Nach Havanna ging es am Neujahrstag gen Süden bzw. Südosten gen Cienfuegos. Die Stadt hat mich nicht wirklich nachhaltig beeindruckt. Sie liegt sehr schön an einer Bucht, die Gegend ist relativ flach, nicht so sehr überrannt von Heerscharen von Touristen. Sehenswert ist das Teatro Terry, der Marktplatz ist auch ganz nett. Es war aber dann irgendwie doch eine Zwischenstation auf dem Weg nach Trinidad.
Trinidad ist wiederum ein Highlight. Koloniale Architektur, ganz viel Musik, endlich auch mal Kontakt zu Einheimischen unkompliziert möglich. Die Landschaft ist gebirgiger als in Cienfuegos und es wurde richtig warm. Wir wohnten in Bungalows oberhalb der Stadt, sehr schön Anlage, 3 Sterne – also ganz bestimmt kein Luxusressort, aber mit Pool und einem unvergesslichen Sonnenuntergang. (Es gibt bestimmt 50 Fotos, die die 3 Minuten Spektakel bildlich festhalten.)
An Trinidad wäre die Begegnung mit der einheimischen Fauna zu erwähnen. Ich musste einen Frosch fangen, der in einem Bungalow Untermieter war, was gar nicht so schwer war. Frösche sind nicht wirklich schnell. Allerdings gebe ich zu bedenken, dass man Zahnputzbecher in Hotels nicht unbedingt benutzen sollte. Sie sind auf jeden Fall super Froschfangfallen.
Später gab es einen weiteren Kontakt mit einem Gecko. Geckos sind wieselflink und es war mir zu nachtschlafener Zeit und mit ein paar Mojitos im Kopf nicht möglich, den Eindringling dingfest zu machen. So musste die Mitmieterin, die namentlich nicht genannt werden möchte, schließlich zur Rezeption um auf Englisch klar zu machen, was grad Sache ist in ihrem Bungalow. Die Nachtschicht sprach offensichtlich kein Englisch und verstand es auch nicht wirklich, so dass eine zufriedenstellende Lösung nicht in Sicht schien. Irgendwann, nachdem mehrmals auf Englisch die Zimmernummer fiel, schien es bei der Mitarbeiterin dann doch klick zu machen und sie meinte: „Ah the salamander, she lives there!“ Als ich das am nächsten Morgen erfuhr, war das schon großes Kino. Erstmal dass eine eindeutige geschlechtsspezifische Zuordnung möglich war und zweitens, dass man als zahlender Gast natürlich auf die schon vorhandenen Untermieter Rücksicht nehmen muss.
Mit dem Wissen ging die arme Mitreisende also voller Angst und Furcht, das Dinge könne ihr Nachts übers Gesicht laufen, zurück in ihr Bungalow. Aber das Schicksal hatte Einsicht und sie traf auf ihre Nachbarin, die sie – mit französischen Akzent einer Luxenburgerin – mit „ein bisschen Rum“ beruhigte und ihr Mut zusprach. So überstand sie schließlich die Nacht zu zweit!