Lateinamerikanische Städte – keine Liebe auf den ersten Blick. So könnte ich den Eindruck beschreiben, den ich nach der ersten Tour durch San Jose habe. Es hat schon seine Gründe, warum dieses Land Unesco-Welterbestätten der Natur hat. Kulturell ists hier durchaus übersichtlich. Nicht unsympathisch, aber wenig begeisternd. Es fehlt das Flair, das wenigstens Buenos Aires oder Havanna versprühen. Dafür finde ich die Ticos – die Einwohner Costa Ricas – äußerst sympathisch. Sehr hilfsbereit und wenn sie nicht zu schnell Spanisch sprechen, verstehe ich sie sogar ganz gut. Die Manana-Mentalität Spaniens findet man hier auch. Es ist ja auch tatsächlich so, dass man mit anderen Mitteln als der Deutschen Genauigkeit weiter kommt. Beispiel gefällig? Wie in allen Metropolen, konnte man auch hier preiswert ein prepaid-Taxi vom Flughafen zum Hotel buchen. Nachdem mir der Reiseanbieter das unschlagbare Angebot gemacht hat, für 40€ – in Worten vierzig – Euro in einem Bus zum Airport zu fahren (in dem der Rest der Gruppe sitzt, die die Reise mit Transfer-Paket gebucht haben), bin ich alternativ viel preiswerter fündig geworden. Als ich aber mit Gepäck den Flughafen verließ, waren alle möglichen Schilder dort, nur auf mich wartete niemand. Nachdem ich die gefühlt 15 lästigen Drittanbieter abgeschüttelt hatte, die meine Lage erkannten – mein Schlafdefizit half mir dabei, nicht allzu freundlich zu sein – besann ich mich und ging das ganze systematisch an. Einen Taxifahrer der Firma, bei der ich gebucht hatte, hielt ich die deutsche Bestätigungsmail unter die Augen, übersetzte simultan mehr schlecht als recht und war echt dankbar, dass das Wort Paypal so international ist. Auf jeden Fall wurde auf dem Weg zum Hotel Max via Funk zurecht geniest und mein Rücktransport morgen früh haben wir beide dann auch nochmal besprochen. 5.20 Uhr will der Taxifahrer pünktlich in der Lobby sein. Vamos a ver – wir werden sehen.
Das einzige Foto, das ich heute gemacht habe (mit dem Handy, für den Fotoapparat schien es mir nicht würdig ;-)) ist das von der Kathedrale in San Jose. Kathedrale – nun ja. Aber die Kirche war ganz nett, mit einer lapisfarbenen Decke mit goldenen Streifen. Irgendwie auch eher eine Kirche, wie man sie sich als Europäer so vorstellt. Einen zentralen Boulevard, der mich an Dortmund erinnerte und einen Park sowie das Nationaltheater, das ist die Ausbeute meiner Tour durch Downtown. Nun bekämpfe ich den jetlag, indem ich neben einem künstlichen Wasserfall im Hotelgarten lese und nachher eine schöne Siesta halten werde. Die Highlights kommen dann ab morgen, es geht los im Tortuguero-Nationalpark –Unesco-Weltnaturerbe. …
Sonnenbrand
Obwohl ich die Theorie nachts halb 3 aufsagen kann, hab ich mir gestern bei bewölktem Himmel nen Sonnenbrand im Gesicht und auf den Unterarmen geholt. Ab heute wird Prävention betrieben: Sonnenschutz, darüber Mückenschutz.
5.40 Uhr war ich am Flughafen, außer mir Jürg und Andre aus der Schweiz, die ich jedoch erst später als Teilnehmer der Gruppe identifizierte. Der Reiseleiter kam 6 Uhr, was vollkommen ausreichend ist. Danke lieber Reiseveranstalter für die super Detailplanung. ;-)
Es ging direkt in Richtung Karibik zum ersten Nationalpark: Tortuguero. Wer im Südostasienblog nachliest, weiß: „Dass man joa a Vorstellung hat, wie so a Dschungel auszusehen hat.“ ;-) Diesmal gab es wenig Differenz zwischen Erwartungen und Realität, also keine Enttäuschungen. Die Anreise war eher zäh, Costa Rica scheint in der Tat einem kleinen Verkehrskollaps nah zu sein. Nach guten 4 Stunden Busfahrt stiegen wir auf ein Boot um. Der Umstiegsort war sehenswert: der Berliner Busbahnhof am Funkturm ist kaum weniger geschäftig. Alle Lodges hier im Nationalpark sind nur per Boot zu erreichen und so wurden ganze Busladungen in Bootsladungen Touristen umgeschlagen. Zusammen mit ihrem überdimensionierten Gepäck. Mein Gepäck, genauso überdimensioniert und ich mit Strandtretern mittendrin. Ich habe mich selten misplaceder gefühlt. Der Einstieg ins Boot erinnerte mich an das Abenteuer mit Frau K. am Mekong. Nur dass man hier nicht Amerikaner(in) sein musste und mit einem Dollarschein wedeln musste, damit einem das Gepäckstück schlammfrei aufs Boot gehievt wurde. Die reisende Person in Strandtretern durch den Schlamm zu bugsieren, war schon Aufgabe genug. Naja, und so schipperten wir eine gute Stunde mit Zwischenstopp in Tortuguero Dorf, das nur via Boot zu erreichen und ein touristischer Posten in der Wildnis ist, und mit Blick auf Leguane, Schildkröten und Schlangen gen Lodge. Die Ruhe hier ist toll. Es zirpt und fiept, sonst hört man nur die Brandung des karibischen Meeres, das rau bis wild an den Strand schlägt. An Baden ist nicht zu denken, und der Strand ist wirklich naturbelassen. Aber total schön ist es dennoch. Die Gruppe war ganz froh, dass wir nach guten 6 Stunden Anreise endlich ankamen. Außer den Schweizern sind alle direkt hierher gereist, mit Transatlantikflug inklusive. …
Tropen
Grüne Hölle kommt mir immer wieder in den Sinn, wenn ich im Dschungel bin. Im Tortuguero-Nationalpark gibt es viel Dschungel, um unsere Lodge herum, die mitten im Park liegt, ebenso. Mit allen „Begleiterscheinungen“: unzählige Vogelarten, Reptilien (die ich ja in sämtlichen Varianten „liebe“) Affen, Faultiere, ein Opossum und Insekten in Hülle und Fülle waren an 2 Tagen zu sehen und zu hören. Die Lodge war authentisch und schön, der Gruppe tat es gut, dass wir die ersten Tage mit wenig Programm absolvieren konnten. Wir waren 2x auf Tierbeobachtung. Einmal mit einem Motorboot und das andere Mal aus eigener Kraft. Ein Kajak brachte uns durch die Kanäle im Nationalpark. Wettertechnisch war alles vorhanden, von Sonnenschein bis Tropenguss, generell ist es wirklich feucht, feucht, feucht!!! Sachen trocknen nicht. Die ersten Abende in der Gruppe mit viel Rum ;-) sind rum.
Nach 2 Tagen Zwischenstopp an der Karibikküste ging es dann weiter ins Hochland, an den Turrialba-Vulkan. Hier ist es erträglich kühler, regnen tut es aber auch. Tropen halt. Die Lodge hier ist wunderschön, wir bleiben aber leider nur eine Nacht. Nachdem ich mich wanderfertig gemacht habe (mit 3 Gepäckstücken war ich noch nie unterwegs, gar nicht so einfach, den Überblick zu behalten), freue ich mich auf die kommenden schweißtreibenden Tage, die sicherlich auch immer mal wieder von einem Tropenguss unterbrochen werden. Ich werde also meine Ausrüstung, die ich über die Jahre zusammen gesammelt habe, auf Wasserdichtigkeit testen können.
Ein ziemlich langer Tag an den Zwillingsvulkanen Irazu und Turrialba schloss sich an. Los ging es mit einer zweistündigen Fahrt zum Irazu. Wer diesen am Wochenende sehen will, muss früh dran sein. Denn die touristische Infrastruktur in Costa Rica steckt in den Kinderschuhen. Ein Kassenhäuschen, an dem der Eintritt bezahlt werden kann, fertigt die Besucher ab, die an Wochenenden auch aus Hauptstädtern bestehen. So bilden sich nach 9 Uhr lange Schlangen. Wir warteten nur 15 Minuten. Den Gipfelbereich fand niemand sonderlich spektakulär, man besucht den Vulkan, weil er der höchste in der nördlichen Vulkankette ist. Die Lagune war ganz sehenswert, nach 1 Stunde auf 3.400 m Höhe, kam ich ins Schwitzen!!!, ging es auf die erste Wanderung. Diese war wenig spektakulär. Zum einen war die Strecke nicht ansprechend, denn es ging auf Feldwegen durch eine Landschaft, die von Nebel durchzogen war, die Aussicht war also auch nicht fantastisch. Am tollsten für mich war nach der Wanderung der Stopp in einem lokalen Käseladen. In diesem hat Sindy, unsere Mitreisende aus dem Vogtland, 2 halbe Käselaibe gekauft. Der Käse war exquisit und hat uns an den folgenden Trekkingtagen noch satt gemacht.
Trekking
Zum Beginn des Trekkings fuhren wir mit Jeeps durch die Talamancaberge um unverhofft an einer Wegkreuzung abgesetzt zu werden. Dann ging es los: strahlend blauer Himmel, breite Feldwege, die von Jeeps gerade noch befahren werden können, Feuchtigkeit, die uns nach 100 m Wegstrecke sofort im eigenen Saft stehen ließ und Hitze. Hitze und Feuchtigkeit blieben uns erhalten. Genau wie steilste Anstiege. Der erste Tag endete nach einem Mörderanstieg auf einer Ranch. Für jeden gab es ein Zelt, die Paare hatten Doppelzelte, alle Zelte standen in einer Halle, sodass wir im Falle von Regen, den es Gott sei Dank während des kompletten Trekkings nicht gab, doppelt geschützt waren. Das Abendessen bestand aus einem gut gewürzten Hähnchen mit auf dem Punkt blanchierten Gemüse, dem etwas Salz fehlte, Kartoffelbrei und Rum! Rum ist das Getränk des Abends. Wir haben Flaschen fürs Trekking eingekauft. Meine wurde gleich am ersten Tag geleert, sodass ich ab Tag 2 weniger tragen musste. Tag 2 war völlig anders als der erste Trekkingtag. Es ging wirklich doch den Hochlanddschungel. Feucht, heiß und schweißtreibend. Der Weg war zwar nur ca. 15 km lang aber wir brauchten 7 Stunden. Das lag an der Beschaffenheit des Weges und auch an der Steilheit. Zuweilen denkt man hier, man läuft Skisprungschanzen rauf oder runter. Ich war so dankbar, Stöcke mitgenommen zu haben. Der zweite Tag endete schließlich auf einer „Wiese“, auf der eine total ursprüngliche Hütte stand. Dort gab es kaltes Bier, Duschen – ein Luxus, auch mit kaltem Wasser – und diesmal Zelte, die im oberen Teil aus Moskitonetzen bestanden und nur die unteren Zweidrittel waren wirkliche Zelte. War die erste Nacht noch recht frisch, sind wir in der zweiten Unterkunft, nur noch auf 800 m gelegen, absolut in den Tropen angekommen. Es gab zum Abendessen zwei verschiedene Sorten Pasta. Ich musste an meinen Kollegen denken, als ich schon bei der Zubereitung den Knoblauch roch. Reichlich!!! Und als wir dann auch noch erfuhren, dass es auf der Wiese Giftschlangen geben KANN, die braun sind und sich in Erdlöchern einrollen, entschied ich mich, reichlich Bier und Rum zu trinken und nicht über die Wiese zu laufen. Bei Kerzenschein saß die Gruppe abends zusammen, allein, denn unser Guide ist durch Krankheit ausgefallen. Das ist einerseits natürlich nicht so toll, andererseits kommunizierten alle mit Händen und Füßen, in mäßigem Englisch und da ich als einziger Spanisch spreche, wurden die „Organizer“rolle an mich übertragen.
Tag 3 in Kürze: in unglaublicher Hitze ging es 400 Höhenmeter zu einem Fluß. Flüsse sind ganz nett, aber es bedeutet für uns immer: nach dem Abstieg kommt der Aufstieg. 400 m steil bergauf. Mit den in Nepal gewonnenen Erkenntnissen ging es irgendwie. An der Tinamu-Ranch angekommen, gab es ein kräftigendes Mittagessen, der kranke Guide Nico kam ein letztes Mal zu uns (die Ranch ist auf abenteuerlichen Wegen auch per Jeep erreichbar) um uns mitzuteilen, dass für ihn die Reise endet. Edwin – Tico (Costa Ricaner) durch und durch übernahm nach 2 Guide-freien Tagen die Gruppe. Er ist einer sowas von netter Typ, ABER: er hat noch nie eine Wanderreise geführt. Wer mich kennt, weiß, dass ich bei so etwas nicht fies bin. Ich habe ihm recht bald erklärt, dass es nichts bringt, das Tempo hoch zu halten, dass IMMER auf den Letzten gewartet wird und eine Pause nach einer bestimmten Zeit notwendig ist. Unsere Premiere mit ihm war eine fakultative Wanderung zur Höhle von Piedras Blancas (Weiße Steine). Nachdem ich bis dato meine Grenzen beim Aufstieg von Thame nach Khumjung im Himalaja hatte, habe ich diese deutlich nach oben verschoben. 5 km bergab, megasteil, in einer „Handseilbahn“ über den Fluss, 2 km mäßig steil und weitere 2 km mitten im Dschungel auf abenteuerlichen Pfaden mit einer nicht steigerbaren Steigung in brütender Hitze und einer irren Feuchtigkeit zum Eingang der Höhle. Erst dachte ich, ich sterbe, dann wünschte ich mir ich würde einfach umfallen und schließlich machte ich eine kleine Szene, dass ich nur noch weiterlaufe, wenn ich definitiv erfahre, wie weit der Weg noch ist. 15 Minuten war die Antwort, die lief ich auch noch, schnaubend wie eine Dampfmaschine. Erschwerend kam hinzu, dass ich bei diesem Streckenabschnitt Tempomacher war. Es sind sowieso von den 12 Mitreisenden nur 5 mit zur Höhle gekommen und die waren allesamt hinter mir. Irgendwann erreichten wir den Eingang. Nach 15 Metern Schlammeinstieg war ich derjenige, der die Guides anlächelte und meinte, ich warte die 40 Minuten Besichtigung vor der Höhle.
40 Minuten allein im Dschungel
Und das stellte sich als cooles Unterfangen heraus. Ich blieb allein zurück. Mitten im Urwald. 1 h bis zum nächsten Menschen, bzw. ca. 15 Minuten bis zu den Höhlenbesuchern. Da konnte ich die Töne des Dschungels hören, habe Fotos gemacht und einfach nur auf einem Stein gesessen und Insekten beobachtet, viel mehr Tiere sind am Tag im Dschungel nicht zu sehen.
Wer bis hierher gelesen und mitgerechnet hat, weiß, dass es nach dem Höhlenbesuch 9 km zurück zu legen galt. Am Flussufer gab es erstmal Mittagessen – das Beste der ganzen Reise: Salat von grünen Papaya mit Chili und Koriander, Maniok gebraten, einen Costaricanischen Raclettekäse – köstlich – das obligatorische Gallo pinto – Reis mit schwarzen Bohnen und zum Nachtisch Kuchen!!! Lecker. Wir konnten live erleben, wie in Costa Rica Straßen gebaut werden. Denn ging es bergab noch auf schlammig tonigen Wegen steil hinunter, war die Straße auf dem Rückweg schon bis zum Fluss geschoben. Interessant. Nach dem Essen kam der schlimmste Aufstieg meines Lebens. 400 Höhenmeter quasi im direkten Aufstieg, man stelle sich vor, man sollte eine Skisprungschanze 2 h bergauf gehen. Ich trank wie eine Gewitterziege, schwitzte wie ein Schwein, fluchte allerdings nur innerlich wie ein besoffener Kutscher, denn Roswitha, Ärztin aus Gießen und ich hatten uns zu einer Leidensgemeinschaft zusammen geschworen. Schritt für Schritt stiegen wir auf. Ganz langsam, aber unser Ziel, im Hellen anzukommen, haben wir absolut erreicht. Statt der angepeilten 3 h haben wir unter 2 h gebraucht. Ich habe noch nie eine eiskalte Dusche so genossen wie nach dieser Aktion. Da ich in dieser Unterkunft mein Zimmer mit Richard teilte, war ich froh, dass er schon geduscht mit einem kalten Bier in der Hand auf mich wartete und ich direkt den Schweiß loswerden konnte. Hier in dieser Lodge bestanden die Zimmer aus 3 Doppelstockbetten und der Komfort war – wie auf dem gesamten Trekking – sehr überschaubar. Dafür war alles authentisch. Die Tour würde ich allerdings einzig Corinna empfehlen, jemand anderen in meinem Familien-, Freundes- oder Bekanntenkreis traue ich keine entsprechende Leidensfähigkeit zu.
Am letzten Tag dann die letzte Herausforderung: 6 Uhr morgens ging es bei strahlend blauem Himmel los, es wurde stündlich heißer, nach 6 Stunden, fast ohne Pause, erreichten wir die letzte Unterkunft. Ein Unterschied wie Tag und Nacht. Hier kommt man (quasi von der anderen Seite) auch motorisiert hin, besoffene Amerikaner zum Mittagessen sind echt ein Kontrastprogramm im Vergleich zu den letzten Tagen, wo wir als Gruppe allein und exklusiv unterwegs waren. Es ist unerträglich heiß und schwül hier und erst gegen Abend, als dann endlich auch mal Kaltgetränke zu bekommen waren, ist es langsam besser geworden. Das Trekking war voll mein Ding, trotz der Anstrengungen. Aber so schnell muss es nicht wieder ein tropisches Trekking sein, dann lieber Kälte wie in Nepal.
Auf in die Berge
Ganz früh am Morgen verließen wir mit einem Jeep die Eco-Lodge. Zuerst galt es ein logistisches Problem zu lösen. Samt Jeepfahrer mussten 15 Personen transportiert werden, 13 davon hatten nicht gerade kleines Gepäck. Etwa die Hälfte der Taschen konnte problemlos unter den Sitzbänken verstaut werden, jedoch waren schließlich noch ca, 6 Taschen übrig, die zwischen die zu transportierenden Person gepackt wurden. Beengt und lustig ging es in Richtung Bus, der uns auf-/übernahm und unsere erste Station des erlebnisreichen Tages war der Manuel Antonio Nationalpark. Es ist DER Nationalpark. Vielbesucht, artenreich und landschaftlich traumhaft. Ich fasse kurz zusammen: der Artenreichtum war nicht wirklich größer als an den Trekkingtagen. Die Touristenmassen hielten sich, wie ich fand, noch in Grenzen und die Strände waren wirklich traumhaft schön. Bilderbuchstrände wie man sie sich in der Karibik vorstellt, jedoch am Pazifik. Nach einem ausgiebigen Bad gab es ein vorzügliches Mittagessen in einem Panoramarestaurant. Ich hatte „nur“ einen Hausburger, um mich herum gab es Ceviche, Salate, Steaks … . Dann schloss sich eine lange Fahrt nach Monteverde in den Bergnebelwald an. Diese wurde an einer Brücke unterbrochen, an der man auf die größten Krokodile Costa Ricas schauen konnte. Stattliche Exemplare lagen im Wasser eines Flusses, der in den Pazifik mündet. Drumrum gab es noch die perfekte Touristeninfrastruktur, inklusive Tingeltangelläden. Monteverde ist bekannt für die Bergnebelwälder, die die Heimat des Nationalvogels Quetzal sind. Auch hier die schnelle Zusammenfassung: Vogel nicht gesehen, die Nebelwälder dafür 2 Tage bei tüchtig Wind und ohne Nebel erlebt. Spätestens hier bekenne ich: keine weiteren Naturreisen mehr in Zukunft, ich habe keine Geduld für Tierbeobachtungen und bin froh, dass der Wanderanteil nun wieder deutlich zunimmt. Der Abschied von Monteverde erfolgte dann auch zu Fuß. Über die Berge liefen wir in Richtung Arenal-See. Auch den perfekt kegelförmigen Vulkan Arenal haben wir gesehen, mit Wolken und wolkenlos. Es war wieder recht windig, aber die Sonne schien (unbarmherzig) vom Himmel, eigentlich keine gute Kombination zu nah am Aquätor, denn dann merkt man die Intenstät der Strahlung nicht. Lang war die Wanderung und wir sind 1000 m abgestiegen, für mich war sie allein deshalb schön, weil die Luftfeuchtigkeit endlich erträglich wurde. Und die Landschaft, durch die wir wanderten, habe ich gar nicht in Costa Rica erwartet. Vom Relief erinnerten wir uns ins Allgäu versetzt, es gab sogar Rinderhaltung. Nun sind die nächsten Tage ganz im Zeichen der Vulkane.
Arenal-Vulkan
Gott sei Dank haben wir den Arenalvulkan schon in ganzer Schönheit bei der Wanderung gestern gesehen. Heute war er wolkenverhangen. Aber im Nationalpark, zu den Füßen des Vulkans kann man wandern – das taten wir heute. Panoramafotos gab es also keine. Dafür wieder jede Menge Natur. Langsam wird dies selbstverständlich. Der Wald, durch den wir heute liefen, würde jeden Tropenhausbesucher in Europa in Entzücken versetzen. Für uns ist er mittlerweile selbstverständlich. Der Arenalvulkan galt bis vor kurzem als aktivster Vulkan Costa Ricas, aktuell ist er ruhig, sein letzter Ausbruch datiert aus den 60er Jahren. Neben dem Vulkan sahen wir den Nationalbaum Costa Ricas, einen veritablen Urwaldriesen, der an die Bäume in „Avatar“ erinnerte. Nach so viel Natur genossen wir den Nachmittag ganz unaufgeregt: die einen hingen einfach nur im Schatten im Hotelgarten bzw. am Pool ab, andere genossen die perferkte touristische Infrastruktur hier, die auch auf amerikanische Gäste ausgerichtet ist. Wenn man nicht will, muss man sich nicht bewegen und kann nur fressen. ;-) Der Luxus von Doppelübernachtungen auf einer Rundreise ist nicht zu unterschätzen, obwohl ich packen müsste, denn morgen geht es zum letzten Vulkan, dem Tenegiro, genieße ich noch ein wenig die Ruhe im Hotelgarten und fasse den Tag zusammen.
Roadtrip
Nico ist wieder da. Nun reisen wir mit 2 Reiseleitern. Hatte ich noch nie. Der gesundete Nico schult in den folgenden Tagen Edwin ein. So eine interessante Reise hatte ich auch noch nicht. Scheint so, als ob Edwin in den Augen der lokalen Agentur noch dazu lernen muss. Da Nico heute erst aus San Jose zur Gruppe stieß, konnten wir ausschlafen, Abfahrt war erst 11 Uhr und so konnte jeder den Vormittag mit Müßiggang verbringen. Das hieß bei mir konkret: ausschlafen, Frühstück ausfallen lassen, nochmals in der Stadt und schließlich am Pool abhängen. Die Fahrt gen Tenorio-Vulkan war für mich herausfordernd. Ungeteerte Straße, landschaftlich reizvoll, magentechnisch herausfordernd. Erster Stopp am Arenalsee: bei einem Schweizer Einwanderer. Dieser hat Kuhställe, Wohnhäuser und sogar eine kleine Schmalspurbahn ganz nach schweizer Vorbild mitten in Costa Rica errichtet. Die Schmalspurbahn bringt betuchte Gäste 3 km den Berg hinauf, damit diese dann im Drehrestaurant ihr Geld loswerden können. Nächster Stopp war in einer German Bakery, da hatte ich nen Käsekuchen mit Heidelbeeren und einen Cappuccino zu Preisen, die ich auch im 1. Bezirk Wien bezahlt hätte.
Weitere Stopps waren an einem Ananasfeld, einem riesigen Ceiba-Baum, dem Nationalbaum Costa-Ricas, den wir gestern schon am Arenal gesehen haben und schließlich kamen wir an der nächsten Lodge an, die wunderbar gelegen ist, wir scheinen fast die einzigen Gäste zu sein. Sofort sprang ich in den recht kalten Pool, vor allem um wieder wach zu werden.
Die letzte Wanderung war am Tenorio-Vulkan. Die PR-Abteilung des Reiseanbieters hatte in der den Reisenden ausgehändigten Beschreibung echt alles gegeben, um die Vorzüge der Wanderungen und der heimischen Fauna zu preisen. Jedoch sahen wir weder die angekündigten Brüllaffen noch den hier heimischen Erdbeerfrosch, den es jedoch schon zuvor zu sehen gab. Der Reiseleiter dämpfte alle Erwartungen, es sei zu trocken. Nun ja, nach 2 Stunden Wanderung im Tropenregen durch Schlamm mit allem Equipment, was ich in meiner Reisetasche schon die ganze Reise mitführte, konnte ich zumindest diese Erkenntnis nicht teilen. Jedoch muss ich was zur PR loswerden. Die Wanderung im Tenorio-Nationalpark ist ziemlich schön, allerdings könnte man auf das wirkliche Highlight eingehen, den Rio Celeste. Celeste bedeutet im Spanischen himmelblau und was soll ich sagen: das trifft es. 2 Flüsse unterschiedlicher chemischer Eigenschaften fließen zusammen und die Säure des einen lässt Aluminiumsilikate, die der andere mitführt, ausfallen. Das führt zu einer ganz wunderbaren Farbe! Es ist ein milchigeres Türkis als das von Gletscherseen, aber zusammen mit dem überbordenden Grün des Dschungels drum herum, sucht dieses Naturschauspiel seines gleichen. Und dann fällt dieser Fluss auch noch durch einen Wasserfall in ein Bassein, das, würde der Ort am Meer liegen, sofort Brooke Shields in der Blauen Lagune herbeierinnern würde.
Nach der schlammigen Wanderung, auf der ich dann auch endlich die erste Schlange der Reise sah, die so dünn war, dass selbst ich sie putzig fand und ich sie nur schwer aufs Foto bannen konnte, waren wir alle richtig schön eingesaut. Ich begreife es als großes Glück, dass wir am letzten Wandertag erfahren haben, wie es mit Regen hätte sein können. Es ist komisch, wie ich selbst und die anderen zu Beginn der Wanderung den Versuch unternahmen, durch umsichtige Laufweise und an Störche erinnerndes Staken den Verschmutzungsgrad niedrig zu halten. Es dauert bei jedem unterschiedlich lang, aber irgendwann ergibt man sich darin, dass es nur mitten durch den Matsch geht und ein wenig fühlte ich mich so, wie mein Neffe, der in Matschhosen im Herbst rumtoben darf.
Zur Stärkung gab es nach der Wanderung Empanadas. Die will ich erwähnen, weil sie in jedem lateinamerikanischen Land unterschiedlich hergestellt werden. Am besten sind die argentinischen. In Bolivien gibt es Saltenas, eine kleinere und frittierte Form der argentinischen Variante. Und die costa ricanische Variante besteht aus Maismehl, ist ebenfalls frittiert und war geschmacklich ziemlich ernüchternd.
Nach einer weiteren Nacht ging es schließlich auf die Nicoya-Halbinsel in der Provinz Guanacaste. Bekannt vor allem für die Touristenanlagen, die vergnügungssüchtiges all-inklusive-Publikum hauptsächlich aus Amerika anziehen. Wir wohnten an der Playa Samara, wenn man so will, ein wohltuender Posten am Pazifik, der noch nicht vom Massentourismus eingenommen ist. Eine angenehme Atmosphäre gab es da. Mit Rasta Zöpfen geschmückte Beach-Boys flanierten am kilometerlangen feinen weiß Sand entlang, während man selbst ganz wunderbar in einer der chilligen Strandbars abhängen konnte.
Da bevor es so weit war, haben wir ein Hirnwäscheprogramm in „Der Sonne“ zum Mittagessen. Die Sonne war das einzige kulturelle Objekt auf dieser Reise und entsprechend hatte ich schon meine Erwartungen. Es handelt sich um ein Projekt wo einige Weltverbesserer Solaröfen zum Kochen nutzen. Gleichzeitig produzieren sie auch nicht gentechnisch verändertes Saatgut in einer Gartenparzelle von 36 auf 36 Metern. Die Sonnenöfen waren ganz interessant, dort kocht man länger dafür sanfter als wir das in Europa mit unseren Öfen tun. Dennoch erreichen die Solaröfen Temperaturen bis 230°C, wenn man sie richtig ausrichtet. Das Essen war deshalb äußerst schmackhaft und die Erklärungen wurden in einem EXZELLENTEN Spanisch von Don Luis abgegeben, das vom Reiseleiter übersetzt wurde. Als uns das Motto der Sonne erstmals erklärt wurde, fand ich es noch ganz eingängig: Sol (Sonne), Sabor (Geschmack), Salud (Gesundheit), Semilla (Samen) und Saber (Wissen) kommen zusammen, weitere 2 S habe ich vergessen und würden sich nur alle daran halten, würde die Welt gerettet werden. Diese Einstellung ging schließlich so weit, dass uns dopaminhaltige Bohnen als Parkinsontherapeutikum verkauft wurde, was ich mit stoischer Miene ertrugt, Roswitha zog aber die Augenbraue hoch. Wozu die westliche Schulmedizin die ganzen MAO-Hemmer nur auf den Markt schmeißt. Man fragt sich. Außer Don Luis und einigen schon durchaus betagten Menschen, scheint auch in Costa Rica niemand die Vorzüge der Sonne als Energiequelle fürs Kochen zu nutzen, denn Strom und Gas sind zu billig, räumte Don Luis ein. Naja, ich dachte mir, lass den späten 68ern ihren Spass.
Zurück zum Strand: der war wirklich toll. Obwohl die An- und Abfahrt schon ein guter Ritt waren, war das echt n guter Abschluss. Denn schließlich ging es in 5 Stunden zurück in die etwas langweilige Hauptstadt. Sehenswerter Zwischenstopp war an einer Autobahnraststätte, an der blaue und rote Aras in großer Zahl zu sehen waren. Früher diente dieser Ort als Tierauffangstation, irgendwann entschied man sich aber, die Türen der Volieren zu öffnen und da die Tiere standorttreu sind, sieht man auch heute noch welche ohne große Mühen. Der blaue Ara ist in Costa Rica nicht heimisch, er kommt aus Brasilien. Der rote lebt in kleinen Populationen an der Pazifikküste und ist gefährdet, denn durch die Standorttreue überwinden die einzelnen Tiere nicht die Distanz zur nächsten „Kolonie“. Das erfuhren wir nebenbei im Bus, genauso wie die Schwierigkeiten, in Costa Rica eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen und auch die doppelte Staatsbürgerschaft, die für Deutsche, die ins Ausland übersiedeln, nicht möglich ist, für Costa-Ricaner, die Deutsche werden wollen, aber schon, war harter Diskussionspunkt des Reiseleiters.
Den letzten Abend, an dem Jürg und Andre, unsere Schweizer in der Gruppe uns schon verlassen hatten (sie hängen noch ein paar Tage in Tortuguero dran), verbrachten Richard und ich in einer Bar in der Nähe des zentral gelegenen Hotels. Der Rest der Gruppe ging gut essen, wir hatten Spass mit Elly, einer ziemlich geschäftstüchtigen Barkeeperin. Bier, Rum und Mixgetränke, deren Zusammensetzung abenteuerlich war, galt es wegzutrinken. In diesen Momenten bin ich immer wieder dankbar, dass in meiner Familie ein Paar Gene vorhanden sind, die mich vor allzu großen Dummheiten bewahren. Irgendwann ist Schluss und ich trinke nicht mehr. So hielt sich der Kollateralschaden am nächsten Tag, nach nur 4 h Schlaf, in Grenzen und ein angenehmer Flug mit Volaris, einem mexikanischen Billigflieger, brachte mich zur letzten Station dieser Reise: Cancun in Mexiko.
Der Flieger war nur zu 2/3 gefüllt, eine angenehme Erfahrung bei Billigfliegern. Die Einreise in Mexiko war interessant. Wir haben ewig auf unsere Koffer warten müssen und hinter einer halbtransparenten Wand konnte man sehen, dass diese einem wirklich gründlichen Willkommensprocedere unterzogen wurden. Da die Immigration erstaunlich effizient war, haben wir bestimmt 45 Minuten gewartet. Auch der Zoll war ziemlich gründlich. Man musste das Land, aus dem man einreiste, dem Beamten zurufen, und dann wurde gefühlt jeder Zweite noch einer Nachkontrolle unterzogen. Ich hatte Glück, der grüne Kanal, der hier durch Knopfdruck randomisiert frei gegeben wird, ward mir zuteil.
Zum Ressort hier: Claudi, meine AI-Spezialistin, hat Recht, Die Qualität der Ressorts in der Karibik ist echt ne andere Liga. Es fehlt an nix! Natürlich sind die meisten Gäste Amerikaner, zusammen mit 2 solchen aus Wisconsin fuhr ich quasi in einem Privatcharter zum Hotel. Vom Intellekt waren beide leider wenig über der Dame, die Frau K. und ich in Athen kennen gelernt haben. Er erklärte ihr ein paar abenteuerliche Sachen über Europa und stellte so qualifizerte Fragen, wie bspw. nach dem aktuellen Staatsoberhaupt unserer Republik. Meine Staatsbürgerschaft gab ich auf Nachfrage preis, zuvor lies ich sie raten. Herr Boller, mein Akzent scheint nicht so furchtbar zu sein, wie du ihn immer darstellst. Beide hielten mich für einen Dänen, nicht das schlechteste Urteil über mein Englisch, das zugegebenermaßen nicht besonders ist, wenn ich 3 Wochen zuvor vor allem mein Spanisch aufgemöbelt habe.