Eine Woche sind wir in den USA und ich schaffe es erst heute ein paar Eindrücke festzuhalten. 1996 gab es den letzten Shutdown, pünktlich am 1. Oktober 2013 ist der aktuelle Shutdown ausgerufen worden. Der brachte unsere Reise ordentlich durcheinander. Wer immer der Meinung ist, es reist sich besser, wenn man abends überlegt, was man am nächsten Tag macht, der kann sich gern mit mir darüber bei einem mehrgängigen Menü unterhalten, denn diese Zeit brauchen wir mindestens, damit ich alle Argumente abschmettern kann.
San Francisco lief voll nach Plan. Als wir weiter nach Las Vegas fliegen wollten, hat Doreen geistesgegenwärtig die Übernachtungen, die im Grand Canyon National Park geplant waren, umgebucht. Statt einem Tag sind wir 2 Tage in Kingman geblieben. Ich habe hier definitiv die ödesten Orte meiner Reisekarriere kennen gelernt. Kingman gehört dazu. Im Reiseführer heißt es, dass es außer diversen touristischen Unterkünften in Kingman NICHTS gibt. Dem kann ich nichts hinzufügen. Die Einöde ist nur erträglich, weil man den ganzen Tag unterwegs ist.
Wir haben, da der Grand Canyon Nationalpark ja gesperrt ist, den Skywalk besucht. Dort haben Indianer im Westen des Grand Canyon eine hochpreisige Alternative zum Grand Canyon Village geschaffen. Es ist nicht Grand Canyon Village, aber Doreen, die schon im Village war, konnte mir versichern, dass es nah ran kommt. Was Grand Canyon Village nicht hat, ist eben der Skywalk. Eine Plattform aus Glas, die in einen Seitenarm das Grand Canyon ragt. Man läuft auf Glas, unter einem nur Abgrund. Der Spass kostet, vor allem auf Grund der Tatsache, dass man für diverse Dinge zahlt: da wäre die Anfahrt zum Skywalk. Vom Highway fährt man knapp 2 Stunden, 50 Minuten auf nicht geteerter Straße, die ständig gewässert wird, damit die Staubentwicklung halbwegs erträglich ist. Dann kommt man auf einem riesigen Parkplatz an, der links von einer Staubpiste für Kleinflugzeuge und rechts von einem riesigen Areal eingefasst wird, von dem im Minutentakt Hubschrauber starten. Es war wie ein überdimensionierter Hornissenbau. Dann zahlt man Eintritt und kann entscheiden, ob man nur die Bustour machen will, denn ab Parkplatz geht nichts mehr individuell. Zusätzlich kann man auch noch den Skywalk betreten, gegen bare Münze und wenn man Bilder vom Skywalk will, kann man diese einem Profi(?)fotografen abkaufen, denn die Indianer wollen nicht, dass Fotoapparate oder Handys in den Canyon fallen, von daher hat man die vorher in kostenlose (!!!) Locker einzuschließen. Wer denkt, ich probiere es: man geht wie im Flughafen durch einen Skanner und die dicke Person, die einen, sollte es piepen, kontrolliert – wir konnten beim besten Willen das Geschlecht nicht feststellen – ist resolut und kontrolliert genau!
Der Blick in den Grand Canyon ist wirklich atemberaubend. Neben dem Skywalk selbst kann man noch eine Ranch der Indianer besuchen, die haben wir uns gleich gespart und am Guano-Point hat man abermals die Möglichkeit in den Grand Canyon zu schauen.
Von Kingman ist man den ganzen Tag unterwegs und die Anreise von Las Vegas ist noch weiter. Also kann ich allen nur empfehlen, einen vollen Tag für den Skywalk einzuplanen, auch Hoover Dam, der auf dem Weg nach Las Vegas liegt, schafft man nicht mehr. Den haben wir nämlich gleich am ersten Tag auf den Weg nach Kingman mitgenommen. Es gab eine Führung: wie immer gab es einen Film mit vieeeeel Pathos über die hart arbeitenden Amerikaner, die dieses Weltwunder, das zu den größten Bauten nach den ägyptischen Pyramiden zählt (ich gebe hier Originalausschnitte des Films und nicht meine Meinung wider) und dann erklärte uns Charly zusammen mit ca. 40 anderen Menschen – vorwiegend Amerikaner – nochmal bei einem Rundgang wie Strom im Hoover-Dam gewonnen wird. Auf die Folgen der exzessiven Wassernutzung des Colorado durch die Amerikaner, insbesondere für Mexiko, wurde natürlich nicht eingegangen.
Page – Antelope Canyon
Nach 2 Tagen Kingman sind wir über die historische Route 66 Richtung Flagstaff gefahren. Dabei haben wir in Seligman Station gemacht. Seligman ist eine Mischung aus Rüdesheim und Rothenburg ob der Tauber. Kommerz und Busladungen von Pauschaltouristen treffen hier aufeinander um links und rechts der Straße in historischen Gebäuden allerhand Tand und Zeug umzuschlagen. Ein paar nette Fotomotive gibt es dort aber, denn Oldies sind dort nett aufgemacht. Da die Straße nach Page, die zum großen Teil durch Nationalparkgebiet des Grand Canyon führt, wegen des Shutdown geschlossen war, sind wir über Flagstaff gefahren um dann nördlich nach Page weiter zu düsen. Diese Straße war aber auch gesperrt und so mussten wir nur einen 90-minütigen Umweg durch Indianergebiet und Halbwüste fahren, um am späten Nachmittag Page zu erreichen.
Page ist teuer, weil Nadelöhr zwischen Lake Powell und Grand Canyon. Und Page war auf Grund des Shutdown ausgebucht. Beim Checkin erlebten wir, wie ein verzweifelter Amerikaner auf der Suche nach einer Bleibe war, seine gebuchte Bleibe befand sich in einer National Recreation Area, national bedeutete: geschlossen. Nach schnellem checkin erreichten wir kurz vor Sonnenuntergang die berühmteste Flussschleife des Colorado: Horse-Shoe-Bend. Hier macht der Colorado eine 270 Grad Kurve. Tief unten sieht man den Fluss in grünen und gelben Tönen und die Felsen drumrum waren zu Sonnenuntergang rot gefärbt. Wunderschön. Den nächsten Morgen starteten wir nochmal am Horse-Shoe-Bend um ein paar mehr Fotos zu machen, es ist allerdings festzuhalten, dass die besseren Fotos am Nachmittag entstehen. Am Morgen trafen wir auf ein deutsches Pärchen: er Franke, sie Sächsin. Die waren in einem dermaßen kleinen Auto unterwegs, für die USA unglaublich. Und ein bisschen grün hinter den Ohren waren die auch. Die haben 2 Tage vor den Toren des Grand Canyon gezeltet in der Hoffnung der Park macht wieder auf, sind dann aber nach Page gefahren, nicht etwa durch den Nationalpark, haben uns aber erzählt, das könne man. Hä? Ihre ganze Hoffnung lag damals auf Yosemite, den sie vor San Francisco noch erreichen wollten. Good luck! Durch den Shutdown konnten sie natürlich auch nicht in den Nationalparks zelten, aber ihr Zelt kostete wohl nur 40 $, das hatten sie, Gott sei Dank, schon abgezeltet und nun stiegen sie auf fest Unterkünfte um. Und schließlich haben wir in Page auch nochmal ein Indianer-Highlight besucht: Upper Antelope Canyon. Die Antelope-Canyons, es gibt auch noch einen Lower, sind Stichtäler. Versteinerte Sande wurden von Sturzfluten ausgewaschen und geben faszinierende Licht-Schatten-Spiele. 10.30 Uhr startete unsere Tour. Zusammen mit verschiedenen anderen Leuten standen wir vor einer Barracke. Wir wurden in verschiedene Gruppen eingeteilt. Besser gesagt: um uns herum wurden alle in verschiedene Gruppen eingeteilt und wir blieben zusammen mit einem jungen Kerl, einem deutsch-amerikanischen Pärchen in den Endfünfzigern und einem Pärchen aus Louisiana, die um die 70 zu schätzen waren, übrig. In dieser elitären Gruppe waren wir Freaks, denn alle um uns hatten dicke Kameras mit wahnsinnig großen Stativen bei sich. Es stellte sich raus, dass Doreen die Fototour gebucht hatte, na da waren wir beide mit unseren Bridge-Kameras gerade richtig. Scary! Zum Canyon ging es in windiger Fahrt 15 Minuten mit Klozwischenstopp, denn im Upper Antelope Canyon existiert keine Möglichkeit Notdurft zu verrichten. Die Indianer verweisen auf ihrer Homepage darauf, man solle einen Hut als Sonnenschutz und ausreichend Wasser mitnehmen. Der sachdienlichere Hinweis ist eine Jacke, denn es war a...kalt, Gott sei Dank haben wir ja seit Kuba immer Fleece am Mann. Am Ende war die Fototour nicht schlecht. Der junge Kerl stellte sich als Profifotograf heraus, mit dem konnten wir nicht mal ansatzweise mithalten. Aber der Deutsche mit seiner amerikanischen Frau, machte eindeutig auf dicke Hose, so viel Ahnung kann der nicht gehabt haben. Und auch mit Bridge-Kamera sind ein paar gute Fotos gelungen. Vorteil der Fototouren: die Canyons werden von vielen Gruppen besucht, zuweilen herrscht Andrang wie in den vatikanischen Museen. Da muss man bei normalen Touren schon drauf achten, auch mal ein nettes Foto zu bekommen. Für die Fototour-Teilnehmer werden immer wieder bestimmte Abschnitte des Canyon kurzzeitig gesperrt, so dass man in Ruhe Motive einfangen kann, v.a. ohne Menschen. Die Canyons werden regelmäßig von flash-floods heimgesucht. Vor einigen Jahren starben dabei Touristen durch Ertrinken. Im Upper Canyon hat man nun ein Frühwarnsystem installiert, dass anschlägt, wenn die Flut 30 Minuten entfernt ist. Im Lower Canyon sind Notausstiegsleitern installiert worden. Kennzeichnend für die Canyons sind die Beams, Lichteinfälle von oben, die wirklich aussehen, als wolle Scotty von der Enterprise jemanden wegbeamen. Diese treten nur zeitlich begrenzt auf, noch ein Vorteil der Fototouren, die Guides sind minutengenau am richtigen Ort. Während unseres Besuchs trat noch ein Beam auf, der auch nur noch an 2 weiteren Tagen, im Winterhalbjahr, wenn die Sonne niedrig steht, gibt es keine Beams in den Canyons.
Nach Antelope Canyon ging es direkt nach Holbrooke, wieder mit Umleitung, also 90 Minuten länger als geplant. Insgesamt war der Abstecher nach Page zwar mit viel Fahrerei verbunden, aber er hat sich sehr gelohnt.
Santa Fé
Unsere dritte Station im Westen war Holbrooke. Klingt wenig spannend, der Ort ist es auch nicht. Allerdings kann man von Page bis Santa Fé nicht durchfahren und so brauchten wir eine Zwischenübernachtung. Holbrooke liegt einsam am Interstate 40 und außer einer Ansammlung von Motels und ein paar Häusern gibt es dort nicht viel. Ein recht ordentliches italienisches Restaurant hält sich aber wacker und trotz durchsichtigen Plastiktischdecken aus Kunststoff, die die darunter liegende Schicht an Tischwäsche schützen sollen und eher wenig heimeliger Einrichtung muss ich zugeben, dass meine Scampi mit Zitrone und Rosmarin sehr gut waren. Zum Nachtisch hat meine bereits 10 Mal in den USA gewesene Mitreisende erstmals Foster-Bananen gegessen. Die wurden mit Vanilleeiscreme serviert und ich fand sie großartig. Und nicht genug der Highlights, nein, auch ein kleines Donat-Cafe, das wirklich sehr nett ist, befindet sich auch noch in Holbrooke. Dort nahmen wir unser Frühstück nach der Übernachtung ein und ich kann sowohl die Donats als auch die heiße Schokolade sehr empfehlen.
Nachdem wir Holbrooke verließen, standen wir 20 Meilen weiter vor den geschlossenen Toren von Petrified Forest. Unser erster Nationalpark, den wir wirklich streichen mussten. Eine nette Rangerin erklärte uns, dass sie in den Nationalpark fahren wird und dafür die Tore öffnen muss, uns könne sie aber leider nicht rein lassen. Das war Gott sei Dank kein Umweg, denn der Nationalpark hat eine eigene Abfahrt vom Interstate.
Weiter ging die Fahrt nach Albuquerque und nach einem Zwischenstopp in (m)einem (ersten) Outletcenter erreichten wir Santa Fé. Zum Outletcenter, in dem eigentlich Doreen nur eine Kleinigkeit kaufen wollte, gibt es zu vermelden, dass ich mit doppelt so vielen Sachen wir Doreen heraus kam. Ansonsten war es ein eher kleines Center und viel los war auch nicht, so dass wir in aller Ruhe schauen konnten. Gestern war es frisch, nur 13°C bei strahlendem Sonnenschein, heute stiegen die Temperaturen
Und heute waren wir in Santa Fé: die Stadt hat mir sehr gut gefallen. Man glaubt fast nicht in Amerika zu sein. Es gibt einen Stadtkern, die zentrale Plaza, die uns beide sehr an Kuba erinnert hat. Dort sitzen alte Leute in der Sonne auf Bänken, Indianer verkaufen Schmuck und rundrum gibt es schöne Häuser im Adobe-Stil. Wir begannen mit einem guten Frühstück im Plaza-Cafe, das können wir schonmal empfehlen. Mein Joghurt-Parfait – der Name täuscht: es handelt sich um Müsli mit viel frischen Früchten und Joghurt, Gott sei Dank waren die Früchte ausnahmslos keine Melonen und Doreens New York Salmon Bagel waren ausgezeichnet. Das Highlight war, zumindest für Doreen aber die Cinnamonroll, die mit Caramel und Rosinen daher kam.
Gestärkt haben wir uns dann auf Stadterkundung begeben. Santa Fé hat 60.000 Einwohner, das ist übersichtlich. Insgesamt sollte man gut einen halben Tag für die Stadt einplanen. Wir hatten Glück und konnten heute am Sonntag kostenlos in einer Straße in der Innenstadt parken. Generell sind die Straßen der Stadt voll und man parkt besser auf kostenpflichtigen öffentlichen Parkplätzen. Wir haben Amerikas ältestes Haus und die ältestes Kirche gesehen, in der St. Francis Church, die nach dem heiligen Franziskus benannt ist, einen Gottesdienst teilweise miterlebt, haben gefühlt an jedem Schmuckstand angehalten um schließlich silberne Ohrringe zu erstehen (nicht für mich!) und waren in einem Weihnachtsladen en miniature, den Käthe Wohlfahrt milde belächeln würde aber der eine ganz beachtliche Auswahl zumeist kitschiger Weihnachtsbaumanhänger feil bot. Interessant war auch das Fonda-Hotel zu besichtigen, die Lobby ist eine Miniausgabe von Disneyland. Hier kann man in einer nett hergerichteten Lobby Souvenirs kaufen, in Restaurants essen und nebenher gibt es normalen Hotelbetrieb. Ich bräuchte so eine Hotelunterkunft nicht. An der Plaza stärkten wir uns mittags mit einem Chicken Fajita, einem versöhnlichen mexikanischen Snack, nachdem wir in San Francisco richtig furchtbar mexikanisch gegessen hatten.
Bevor wir am Nachmittag in den Hottube des Hotels gestiegen sind, sind wir noch in einen State-Park hoch über Santa Fé gefahren. Santa Fé liegt schon recht hoch, doch die Berge drum herum, Ausläufer der südlichen Rocky Mountains, machen Skisport im Winter möglich. Wir hatten von einem Aussichtpunkt einen tollen Blick über Santa Fé bis zu den Sandia Mountains und Albuquerque. Und den letzten Abend in Santa Fé haben wir, wie gestern, beim Inder um die Ecke verbracht. Mit einem göttlichen Chicken Korma und ein paar anderen Curries und einem sehr guten Mango-Lassie waren die Abende gerettet. Das geheimnis US-amerikanischer Curries ist die Verwendung von Sahne. Das erfuhr ich erst am zweiten Abend auf Nachfrage, aber ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie man ein Curry ohne Verwendung von Sahne so cremig bekommen will.
Von Santa Fé sind wir, immer noch ganz nach Plan, gen Süden gefahren. Wir hatten Glück, in Albuquerque fand das jährliche Ballon-Festival statt. Immer in der ersten vollen Oktoberwoche treffen sich hunderte Ballon-Fahrer um früh am Morgen und am späten Nachmittag gemeinsam in den Himmel zu steigen. Da unser Tag voll geplant war und wir zeitig am Tagesziel ankommen wollten, hatten wir das Glück dutzende Ballons am Himmel gegen 8.30 Uhr zu sehen, die Ballons setzten teilweise schon zur Landung an, so dass sie tief fuhren und meine Beifahrerin durch die leider nicht so toll geputzte Frontscheibe versuchte Fotos zu machen. Beim Tanken in Santa Fé war das Wasser für die Fensterputzvorrichtungen noch nicht aufgefüllt gewesen. Doreen, die stets für gute Sicht sorgt, ärgerte das doppelt. Unser Vorgehen beim Tanken: Doreen geht zum Tankwart und gibt ihre Kreditkarte ab. Direkt an der Zapfsäule können Deutsche leider nicht mehr tanken, denn man muss eine amerikanische Postleitzahl vor der Eingabe des Pins eingeben, die mit der auf der Karte gespeicherten Postleitzahl übereinstimmen muss. Es liegt in der Natur der Sache, dass deutschen Karten die amerikanische Postleitzahl fehlt. Dann tanke ich und Doreen wienert die Scheiben. Nach erfolgreichem Betanken zahlt Doreen und bekommt ihre Kreditkarte wieder.
Nachdem wir also Ballonfotos gemacht hatten, es gestaltete sich schwieriger als gedacht, da in der Landezone ALLE Parkplätze, an denen man hätte anhalten können, vorsorglich gesperrt waren, fuhren wir zur längsten Seilbahn der Welt. 15 Minuten braucht die Kabine auf die Sandia-Mountains über Albuquerque. Wir hatten die dritte Bahn am Tag, die Amis bezeichnen jede Fahrt als Flight, und warteten insgesamt ca. 20 Minuten. Die Auffahrt lohnt sich wirklich, man hat von der Bergstation die Möglichkeit verschiedene Wanderwege zu gehen aber vor allem einen spektakulären Blick über 11.0000 Quadratmeilen Land. Ein Drittel der Fläche New Mexikos sieht man bei gutem Wetter, wir hatten strahlenden Sonnenschein, aber auch recht gut Wind. Als wir durchgefroren wieder im Tal ankamen, war die Schlange der Wartenden angewachsen. 1.5 Stunden Wartezeit musste man um die Mittagszeit einrechnen. Mir ist aufgefallen, dass Amerikaner in stoischer Gelassenheit anstehen. Sei es abends, weil im ausgewählten Restaurant kein Platz frei ist, da wartet man auch schon mal eine gute halbe Stunde mit dem Pager in der Hand, oder eben an touristischen Attraktionen.
Nach dem Berg ging es direkt zum Tagesziel Truth or Consequences. Was für ein Name! Die Stadt ist eher unspektakulär, das Ressort mit heißen Quellen war aber richtig nett. Vor allem gefielen mir die fast europäischen Zimmer. Es gab Parkettfußboden, jede Steckdose war fest in der Wand, kein Haken wackelte. All diese europäischen Selbstverständlichkeiten sind leider Mangelware in amerikanischen Motels. Empfangen wurden wir von Sue, der wohl langsamsten Empfangsmitarbeiterin, die man sich vorstellen kann. Doreen mutmaßte, dass Sue bei der lokalen VHS im 2. Semester einen EDV-Kurs belegte. Ihr Kollege erklärte ihr, wo der Cursor ist und was sie damit tun sollte. Nachdem wir ihr in stoischer Ruhe beigebracht hatten, was bei einer deutschen Adresse Postleitzahl und was Hausnummer ist, hat sie es tatsächlich geschafft, doch alles auf Doreens Kreditkarte zu buchen und wollte unbedingt nochmal probieren, meine Daten einzugeben. Hier schritten wir ein und beteuerten, dass das kein Problem sei, wir rechnen später auseinander. Das Einchecken dauerte bestimmt 10 Minuten und dann führte uns Sues Mann durchs Ressort um wirklich jeden Lichtschalter zu erklären. Für durchschnittliche Europäer muss man ein Wellness-Ressort nicht erklären. Wir kennen Sauna, Hottubes und kalte Duschen. Naja, als wir das hinter uns hatten, ging es in die warmen Quellen. Dort trafen wir auf eine Dame aus Pennsylvania, die tatsächlich über Stunden im heißen Wasser blieb. Wir schafften 12 Minuten und mussten dann immer zum Abkühlen raus. Das Highlight war eine Stunde Privatpool zum Sonnenuntergang. Was die Bucherin nicht wusste, ist, dass die Pools nach Osten ausgerichtet waren und dass man unmöglich 60 Minuten in der Hitze bleiben kann. Und als wir die Pools verließen, kamen die Mücken. Wir brachen die Aktion nach gut der Hälfte der Zeit ab.
Abends ging es zu einem Italiener, der in the middle of nowhere sehr gutes Essen bot und sich wieder zu unseren Gunsten verrechnete, diesmal war mein Wein nicht mit auf der Rechnung, aber so besonders war der Merlot aus Californien auch nicht.
Am nächsten Tag dann die Abweichung vom Plan. Eine Woche der Reise musste umgeplant werden, denn in Südtexas im Big Bend Nationalpark gibt es keine Alternativen. Wir hätten im Nirgendwo festgesessen. So entschieden wir, an die texanische Golfküste zu fahren. Also lag ein Fahrtag vor uns. Nur Interstate. Schnurgerade Straße bis zum Horizont. Vorbei an Las Cruces und El Paso ging die Fahrt nach Sonora. Interessanter Höhepunkt des Tages: Passieren der Boarder-Control. Auf den Highways in Richtung Landesinneres der USA wird jeder von der Boarder-Patrol kontrolliert. Das soll wohl illegal einreisende Mexikaner abhalten. Wir wurden also in eine enge Gasse auf dem Highway geleitet und ein „netter“ US-Beamter wollte abermals unsere Pässe sehen, zuvor fragte er uns, welcher Nationalität wir seien. Mexikanisch sehen wir ja nicht aus. Während der Passeinsicht umschnüffelte unser Auto der Drogenhund eines 2. Kollegen. Wir sind für unauffällig befunden worden und durften weiter fahren.
Tagesziel war Sonora. Dort möchte ich nicht begraben sein. Eine Ansammlung Häuser direkt am Highway, ein paar Motels von denen wir wohl nicht das beste abgegriffen hatten. Wir sollten erst ein Zimmer direkt neben Eismaschine und Colaautomat beziehen, was eine mehr als unruhige Nacht bedeutet hätte. Good Cop Doreen machte der Rezeptionisten klar, dass ihr husband, bad cop Matthias, das Zimmer zu laut fände und so zog die Rezeptionistin eine Fresse und wir um. Es galt noch etwas zu essen aufzutreiben, das angeschlossene Steakhaus war aus verschiedenen Gründen indiskutabel. So tat Doreen eine mexikanische Familie auf, die einen kleinen Grillimbiss führt. Gefragt nach der lokalen Spezialität wurde ihr Brisket-Plate angeboten. Ich habe ja schon viel Junkfood in den USA gesehen, aber das schoss den Vogel ab. Neben Schweinebraten, der eine Pfefferkruste hatte und auch irgendwie an Kassler erinnerte, war eine frittierte!!! Bratwurst Bestandteil des Essens, Pommes, Bohnen und weil der Kalorien und Kohlenhydrate noch nicht genug, gab es auch noch 2 Scheiben Toast.
Wir hatten nachmittags schon 2 Eis bei einem Fastfood gegessen, die nicht besonders schmackhaft waren, aber Brisket-Plate war der Hammer. Es muss aber wenigstens ganz gut geschmeckt haben, ich habe einen Obstabend eingelegt. Und der Abend wurde mit einer Flasche Zinfandel erträglich. Die kauften wir im lokalen Supermarkt und ich musste meinen Ausweis vorzeigen, um Alkohol kaufen zu können. Texanische Verkäuferinnen wissen, was Charme ist, ich sehe ja auch kaum älter als 20 Jahre und 6 Monate aus. ;-)
Heute morgen haben wir Sonora zeitig verlassen, ohne Frühstück und felsenfest davon überzeugt, diesen Ort schnell hinter uns zu bringen.
River deep and Mountain high
Eine halbe Stunde hinter Sonora änderte sich die Landschaft, es wurde deutlich grüner. Eine Stunde hinter Sonora liegt Kerrville, beide Orte verhalten sich wie Gold- und Pechmarie. Da wir tanken mussten, fuhren wir in Kerrville ab und haben nach dem Tanken ein Cafe aufgetan, dass Sonora schnell vergessen machte. Wir wurden mir dem Satz begrüßt, was 2 Deutsche in Kerrville wollten. Doreen erzählte, dass wir aus Sonora kämen und die Damen im Cafe meinten, wie furchtbar. Zum einen, dass wir nüchtern schon eine Stunde gefahren seien, zum anderen Sonora. Es waren keine weiteren Worte nötig, auch unter Einheimischen scheint Sonora nicht den besten Ruf zu genießen. Kerrville ist typisch Texas, wie man es sich vorstellt. Gutgenährte Südstaatlerinnen mit viel Redefluss, große Ländereien mit Ranchhouses darauf, kleine Teiche, auf denen Schwäne schwimmen. Und dieses Cafe. Super Essen, alles selbst gebacken. Die Cinnamonroles waren so gut, dass wir nach dem Frühstück noch eine für mich als take-away mitgenommen haben, Doreen entschied sich für einen Brownie, den wir nach Inspektion der Backstube erstanden haben. Die fleißigen Bäckerinnen war dermaßen erfreut, Deutsche zu Gast zu haben, dass wir beide das Pumpernickel-Brot kosten mussten, unsere Meinung kund tun sollten und Verbesserungsvorschläge machen sollten. Ich brauchte eine Weile, das Brot zu bewerten. Mit Pumpernickel hatte das nicht viel zu tun, es war eher ein dunkles Roggenbrot, aber geschmacklich maximal unteres Mittel. Ich schlug vor, etwas Zucker zum Teig zuzufügen, die Bäckerin ging darauf ein und meinte, ob Melasse nicht die bessere Alternative sei. Ich und Melasse – da kenn ich mich ja aus. Auf jeden Fall muss die das Rezept optimieren, ich meinte allerdings, dass es ja nicht mir schmecken muss, ich käme maximal nochmal auf der Rückreise nach Vegas vorbei. Sie solle sich am amerikanischen Geschmack orientieren.
Nach weiteren 3 Stunden Fahrt erreichten wir Corpus Christi und verbrachten einen ruhigen Nachmittag am Pool unseres Hotels. Das liegt direkt am Stadtstrand und wir haben vom Balkon direkten Blick auf die USS Lexington, einen ausgemusterten Flugzeugträger, der hier als Museumsschiff abgestellt wurde.
Sonne, Sand und Strand in Texas
Die USS Lexington ist DIE Attraktion von Corpus Christi. Nach Außerdienststellung haben sich mehrere amerikanische Städte beworben, der Lady Lex einen Pensionssitz zu schaffen, CC hat schließlich gewonnen. Wir haben an einem halben Tag (ohne die meisten Erklärungen zu lesen, es galt sich beeindrucken zu lassen) vom Flugdeck bis zum Maschinenraum diesen Flugzeugträger erkundet. Viel Pathos war wieder dabei, aber ein Volk, das seit dem 2. Weltkrieg an mehr als 2 Fronten kämpfen musste, darf sich wohl auch Pathos erlauben. Am meisten haben mich die Flugzeuge auf dem Deck beeindruckt, was so alles fliegen kann und Zerstörung bringt. Interessant war natürlich auch der komplette medizinische und pharmazeutische Bereich. Ich habe kurz vor meinem Urlaub Qualifizierungsunterlagen von OP-Sälen eingesehen und mich gefragt, ob ein Klasse Ib-Saal für bestimmte Eingriffe ausreichend ist. Hier wurden Schwerverletzte in rauer See unter viel einfacheren Bedingungen behandelt, und am Ende kommt es darauf an, dass neben aller Sicherheit der Mensch im Mittelpunkt steht.
Ansonsten verbinde ich mit Corpus Christi: Wind, Wasser und Schwüle. Wenn mir Renate erzählt hat, wie es Ende September in Kuba war, konnte ich mir das nicht richtig vorstellen. Jetzt kann ich es. So richtig gut vertrage ich feucht warmes Wetter auch nicht, es gibt Klimata, bei denen ich mich wohler fühle.
Neben ausgiebigen Strandspaziergängen ist eine German Bakery zweier Auswanderer aus Reutlingen zu erwähnen. Brot deutscher Qualität, das ich eigentlich auf all meinen Reisen vermisse, fehlt mir hier gar nicht so sehr, aber Käse. Guter Käse. Ich habe noch keinen Cheddar-Overkill, aber mehr können die Amerikaner wirklich nicht. Überall dieser Cheddar Cheese. Wir waren auf jeden Fall zweimal in der Bakery und auch hier scheinen Deutsche nicht so häufig aufzukreuzen, Doreen wurde von der Inhaberin gleich ihrem Mann vorgestellt. Die Currywurst in der Suppentasse wird uns wohl in Erinnerung bleiben und der Rhabarber-Kuchen.
Die Inhaber waren aber auch schon sehr amerikanisiert: Doreen bekam den Tipp, in die demokratisch regierten Bundesstaaten zu fahren, dort seien die Nationalparks offen, nur die republikanisch regierten Staaten seien vom Shutdown betroffen. Bitte? Außerdem solle sie sich besser informieren. Hier gilt es festzuhalten: eine besser informiere Person als Doreen K. kenne ich auf Reisen nicht! Es sei denn, ich plane die Reise, dann bin ich natürlich der Informiertere. ;-)
Noch 2 Sätze zum Strand: Texas ist da wirklich cool. Man fährt mit dem Auto bis DIREKT zum Strand. Heißt: man parkt wild 5 Meter von der Brandung entfernt, packt aus und lebt rund ums Auto. Die Texaner bauen kleine Vorzelte auf, denn Schatten ist leider Mangelware, einige sonnen sich auf den Ladeflächen ihrer Pick-ups und wieder andere Zelten wild. Das gibt es sonst nirgendwo in Amerika. Am Strand sieht es total witzig aus. Aller 50 Meter ein Auto mit ein paar Menschen drumrum, alles mit viel Platz. Corpus Christi ist Padre Island vorgelagert, die längste Barrier-Insel der USA. 150 Meilen ist das gute Stück lang. Im Süden in Richtung Mexiko menschenleer und großteils National Seashore Area. National, der beflissene Leser weiß es: geschlossen. )-:
4 Tage haben wir rumgetrödelt. Ich bin das erste Mal Fähre gefahren. War gar nicht schlimm. Mittlerweile habe ich mich auch fast an den Automatik gewöhnt, ich bevorzuge trotzdem Schaltung. Kulinarisch ist Corpus Christi außer den erwähnten Lokalitäten leider nicht besonders positiv aufgefallen. Hier ist Whataburger gegründet worden, den wir heute mal probiert haben. Besser als In n Out-Burger, die Kette, die mit homemade wirbt und nur im Westen der USA zu finden ist, aber wir ich finde, nicht ganz so gut wie Wendys. Ich weiß auf jeden Fall, was ich nach dieser Reise vorerst nicht mehr brauche: Hack, Toast, Weizenmehl in jedweder Verarbeitung. Morgen geht es einmal quer durch Texas, geplant haben wir, bis Van Horn zu kommen. Das wird ein langer Fahrtag. Aber wir werden wieder in Kerrville anhalten, beim Cafe, und wir haben die Sonne auf unserer Seite, denn es geht westwärts. Die letzte USA-Woche bricht an ...