17 Jahre ist es her …

 

dass ich aus Marburg mit einem Abschluss an der Uni weg bin. Es gab immer wieder Versuche, die Stadt mal wieder zu besichtigen, am Ende zog aber immer irgendeine andere europäische Metropole oder wir trafen uns der Einfachheit halber doch irgendwo in Deutschland bei Freunden. Marburg war der phänomenale Auftakt in meinen Frühlingsurlaub, der mir zeigte, wie eng diese Freundschaft aus Studienzeiten ist, auch wenn ich manchmal Wochen oder Monate nichts von den Müttern höre. Ich muss noch jede Menge Alturlaub abbauen und so stehen zwei Wochen an, die ich vor knapp zwei Jahren mal so geplant hatte. Danach kam Corona. So ist allein die Tatsache, dass ich endlich all die Strecken abreise, die schon seit Monaten verschoben und verschoben wurden, mehr als ein Silberstreif am Horizont.

 

Marburg hatte ich als viel größer in Erinnerung. Und so sehr mir die Stadt für vier Jahre Heimat war, ich erinnerte mich gar nicht, wie schön sie ist und eben wie klein. Das liegt sicherlich daran, dass ich heute nicht mehr nachdenken muss, ob und wo ich essen gehe oder wo ich wohne. Wir hatten ein familiäres Hotel in Bahnhofsnähe gewählt, sehr herzlich war der Empfang und in jeder Hinsicht solide  was geboten wurde für eher kleines Geld und, dass war uns am wichtigsten, stornierbar bis zum letzten Tag. Bis alle eintrudelten, vertrieben sich Corinna und ich den ersten Nachmittag mit einer Wanderung zum Spiegelslustturm. Kaum ein Mensch läuft diese Strecke aus der Stadt, aber erstens tat es gut, sich nach der Zugfahrt zu bewegen und zweitens haben sich mit den Jahren die Hobbys geändert, mittlerweile wandere ich ja gerne. Spiegelslust ist der höchst gelegene Ort über dem Lahntal, man schaut auf das Schloss, für das Marburg bekannt ist, hinab. Ein Cafe, das auch geöffnet war, war ein nettes Ziel. Am ersten Abend schlossen wir direkt an Studienzeiten an und kehrten ins Cafe Barfuß ein. Der Cocktail war billig (aus heutiger Sicht), durchaus gut, aber süß und das Essen „studentisch“, wie Antje meinte. Für Preise, die man außerhalb von Universitätsstädten nicht mehr kennt, bekommt man Massen an Essen in Form von Kohlenhydraten ertränkt in einer Sahnesauce und gratiniert mit einer mehr als üppigen Portion Käse. Gefolgt wurde das Abendessen vom Besuch des Sudhauses am Fuße des Steinwegs, eine der Bierkneipen Marburgs. Hier wechselte ich auch das Getränk und da man dort an Tischen steht (und wir älter geworden sind 😊), beschlossen wir den Abend im ehemaligen Mexicali, das jetzt einen anderen Namen trägt aber immer noch am gleichen Ort hinter der Elisabethkirche zu finden ist, zu beschließen. Am Samstag dann shop till you drop mit drei Freundinnen in Kombination mit dem Besuch alter Studienorte. Die Physik ist immer noch hoch oben am Berg, die Chemie im Marbacher Weg in einem funktionalen Gebäude, das den Atem der Zeit verströmt. Eine eigene Pharmakologie, früher gegenüber der Chemie gelegen, besitzt auch diese Traditionsuni im Fachbereich Pharmazie nicht mehr, sie ist mit dem Medizinstudiengang zusammengelegt und jetzt auf den Lahnbergen. Am schlechtesten hat es die Technologie getroffen, die in ein hässliches Gebäude nah der Lahn ziehen musste, die zu unserer Zeit superschön gelegene Biologie im Alten Botanischen Garten musste auch umziehen. Die größte Veränderung ist sicherlich die neue Universitätsbibliothek, die ich ganz gelungen finde und die einigen Klinika in der Mitte Marburgs die Gebäude gekostet hat, auch diese Klinika sind nun auf den Lahnbergen zu finden. Auch die pharmazeutische Biologie mussten dem Neubau weichen. Ansonsten präsentierte sich Marburg zwei Tage lang bei strahlendem Sonnenschein und verklärten Erinnerungen so schön, dass wir beschlossen, nicht wieder 17 Jahre zu warten, um uns dort erneut zu treffen.

 

Die nächste Etappe ging vom Marburger Hauptbahnhof mit einem Umstieg in Karlsruhe nach Paris. Es gibt Städte, die erreichen nicht das Herz. Paris gehört bei mir definitiv in diese Kategorie. Es ist schön, keine Frage, hat Charme, aber den Unrat, den ich in Madrid ausblende, weil er dazu gehört und ich ihn betrunken vom Flair der Metropole auch nicht sehe und der in jeder Großstadt zu finden ist, finde ich dort störend, die Sprache, die ich eben nicht spreche, will nicht in mir nachhallen und Wohlklang auslösen und gefühlt riecht es überall nach Hasch oder Urin. Deshalb bin ich ganz froh, dass sich der Aufenthalt nur auf eine Nacht beschränkte und ich weiter muss. Ein kurzer Spaziergang durch Frankreichs Hauptstadt, durchs 10. Arrondisement, das sicherlich auch kein touristisches Highlight darstellt, hin bis ins Nachbarviertel, 2. Arrondisement, und ein gutes libanesisches Abendessen in einem der zahlreichen Bistros im Viertel sind die Erinnerungen, die dieses Mal an die Metropole an der Seine bleiben. Das Hotel, das ich wirklich empfehlen kann (Lucien + Marinette), habe ich bewusst zentral gewählt, um die Wege kurz zu halten. Denn die Ankunft in Paris mit dem Zug aus Deutschland erfolgte am Ostbahnhof der Stadt, der Zug zum Flughafen geht jedoch vom Nordbahnhof. Beide Bahnhöfe liegen in der Nähe, noch so was, das mein traveller-Herz nicht erfreut, Paris ist für meine Begriffe umständlich, und ich weiß, dass manche dies originell nennen und wahrscheinlich sogar Recht haben. Nun sitze ich im Flieger über den großen Teich. 2013 war ich das erste und letzte Mal in den USA. Die Reise war dazu angedacht, dass ich das Land so lieben lerne, wie es Doreen liebt, im Gegenzug war eine Nordspanientour im gleichen Jahr dazu geplant, Doreen Spanien nahe zu bringen, das ich ja so liebe. Beide Ziele gingen eher nicht auf, was definitiv an den äußeren Umständen lag. Einen shutdown in den USA mitzumachen bei einer geplanten zweiwöchigen Nationalparktour im Westen ist genauso kontraproduktiv wie Schnee am 1. Juni an den Covadonga-Seen in Asturien. Also haben die Staaten eine zweite Chance verdient und in Hochcorona-Zeiten waren die Flugangebote dermaßen gut, dass ich verrückterweise nun New York mit San Diego kombinieren werde. Ursprünglich wollte ich nach New Orleans, aber für einen Flug von Küste zu Küste gibt es mehr Meilen, an denen ich gerade ziemlich interessiert bin. Nach dem Big Apple und seinen vielen Möglichkeiten wollte ich aber auf jeden Fall noch eine zweite Stadt am Meer und mit warmem Klima. Bei den eisigen Temperaturen gerade im Flieger von American Airlines ist San Diego echt eine schöne Aussicht. Warum brauchen Amerikaner immer Kühlschranktemperaturen, um sich wohlzufühlen? Aber ich bin vorbereitet und sitze hier wie ein Eskimo in allen Thermosachen, die ich mit in den Flieger geschleppt habe. Und das sind nicht wenige. Gott sei Dank muss ich nicht mit einem 10 Dollar Schein winken und mich um Decken schlagen, wie mir das mein travelsoulmate berichtet hat. Den traditional icecream sundae habe ich dennoch genommen, und die nette Stewardess war fassunglos: „Just fudge?“ Frank, das ist mein tribute an die Fastenzeit, aber den Chardonnay habe ich dennoch getrunken. Auch das führte zu netten Diskussionen, die Stewardess meinte, sie trinke selbst höchst selten Chardonnay und würde sich für den Marlborough entscheiden. Der ist aus Neuseeland und wird bei 13°C ausgewiesen serviert, das ist ja schon mal höchstverdächtig für jemanden, der gern Wein trinkt. Was wollen die damit wohl überdecken?

 

 

New York – das Ziel, das mein Onkel Peter immer am meisten empfohlen hat. Für ihn war es der Sehnsuchtsort, den er, Gott sei Dank, gesehen hat. Für mich ist die Stadt mit viel weniger Sehnsüchten beladen. Klar, ich bezeichne mich als erfahrenen Reisenden und zu den Metropolen dieser Welt gehört eben New York. Aber ich denke, dass ich mittlerweile so viel gereist bin, um zu wissen, was mein Herz erreicht. Der kleine Empanaderia in Bogotá schafft das viel eher als die einzigartigen Museen der Ostküste. Dennoch freue ich mich so sehr auf diese Reise. Einige meiner Freunde werden mich für maßlos halten, aber für mich macht es tatsächlich einen Unterschied, ob ich traumhafte Urlaube in Europa verbringe oder auf einen anderen Kontinent fliege. Ich brauche Distanz und hatte diese zwei Jahre nicht. Klar, überlebt man so etwas. Klar, ist es Jammern auf hohem Niveau, wenn man ohne Infektion durch diese Pandemie gekommen ist und keine Verluste bei den Menschen, die einem am liebsten sind, zu beklagen hatte und dennoch meint, in die Ferne zu müssen. Ich werde dieses Jahr so viel aufholen, dass es fast dekadent erscheint. ES IST MIR EGAL, ich lebe mein Leben. Ich bin viel besser vorbereitet als auf dem letzten USA-Trip. Der große Zoff mit Frau K. an der Golden Gate Bridge (schau Honey, damit schaffst du es in einen blog) und der Vorwurf vor der Versöhnung, man könne nicht Europa light in den USA erwarten, auch dort sei eine andere Kultur zu finden, hat meine Erwartungen geerdet. Klar, Amerika ist viel näher an Europa als Südostasien aber genauso klar, auch wenn wir die gleichen Wurzeln haben, sind Jahrhunderte Eigenständigkeit nunmehr auch anzuerkennen. In fünf  Tagen werde ich nicht nur Manhattan erkunden, ich will auch in die Bronx und nach Brooklyn. Was verspreche ich mir davon? Etwas mehr Amerika als nur Manhattan will ich erleben. Abgerechnet wird kommenden Samstag auf dem Flug nach San Diego. Da ich allein reise, kann ich mir die Zeit ganz nach eigenem Geschmack einteilen, einzig zwei Mitbringsel für Heidi und Marco stehen auf der to-do-list. Dass ich mich bewusst entschieden habe, mal wieder allein zu reisen, hat mich, je näher der Termin rückte, tatsächlich etwas vor der eigenen Courage erstaunen lassen. Aber dann habe ich mir wieder gesagt: es ist ja nur Amerika. 😊 Und so freue ich mich darauf, meine eigenen Entscheidungen treffen zu können und nehme den Preis in Kauf: keine Tageszusammenfassung mit Blick auf den Atlantik von einem zauberhaften Wintergarten auf La Palma mit Corinna, keinen Wein mit Stephan oder Marco auf einer Kykladeninsel, wo man sich ferner der Welt fühlt als anderswo und auch keinen Kaiserschmarrn mit den Wanderdamen auf einer der schönsten Almen in den Alpen. Das wird alles wieder kommen, aber nicht 2022 – außer die Hüttentour natürlich, die hat ja Tradition. 2022 wird das Fernreisejahr, bei dem ich aufhole, was ich zuletzt so vermisst habe. Andere Kulturen kennen zu lernen, Distanz zwischen mich und meinen Alltag zu bringen und mich richtig in neuen Eindrücken in der Ferne zu ertränken, um das Fernweh grundlegend zu bekämpfen.

 

 

 

Leaving New York never easy …

 

 

 

Ich bin beeindruckt von der Stadt. Alles, was man über sie berichtet, stimmt. Es muss ja auch stimmen, weil ihr alle Eigenschaften, die man sich nur vorstellen kann, zugeschrieben werden. Somit kann ich mir aussuchen, welche ich für zutreffend halte. Fangen wir mal von hinten an: sie ist riesig und hat durchaus auch Historie. Gemerkt habe ich das heute deutlich, zum Flughafen zu kommen, war eine kleine Herausforderung: im Süden und in Brooklyn werden die Gleise der U-Bahn gemacht, sodass es gar keine Verbindung gab, über Queens gab es die E-line zur Jamaika-Station, aber auch dort wurden Gleise repariert. Mit gehöriger Verspätung kam ich am größten Flughafen New Yorks an, Alaska fliegt von Terminal 7 am JFK, das ist klein und übersichtlich und wird hauptsächlich von British Airways genutzt.

 

Ich habe viel mehr Zeit für die Stadt gebraucht, als ich eingeplant hatte. Brooklyn habe ich nur am Rande gesehen, als ich zwischen der Brooklyn und Manhattan Bridge DUMBO, so heißt das Viertel, kurz besucht habe. Damit ging der Besuch los. Am Ende habe ich den kompletten Reiseführer abgenudelt, allerdings beschränkt auf die Innenstadt Manhattans. Downtown Manhattan, wo mein Hotel lag, hat mir dabei deutlich besser gefallen als Uptown. Es mutet neuer an. Die eingestürzten beiden Türme des World Trade Centers haben zu viel Bauaktivitäten geführt. Das neue World Trade Center One mit dem Erinnerungspark ist nach meinem Geschmack gut gelungen. Besonders der von Calatrava entworfene Oculus ist spannend anzuschauen. Amerikanisch praktisch wird er sowohl als Shoppingmall als auch als Ort der Erinnerung genutzt, das ist eine ungewöhnliche aber doch spannende Mischung. Außerdem liebe ich die Architektur von Santiago Calatrava, sie spricht mich irgendwie an. In den Hudson Yards sind auch sehenswerte neue Sachen entstanden, the Vessel, die leider nicht für die Besichtigung offen war, eine kupfer-bronzefarbene Installation, die aus dutzenden von miteinander verbundenen Treppen besteht, rundet jetzt das nördliche Ende des High Line Parks ab. Das ist ein Park, der auf der Trasse einer ehemaligen Hochbahn entstanden ist. Auf Höhe des 3. Stocks der danebenstehenden Häuser zieht sich ein grünes Band durch Manhattan und Chelsea. Diese Sehenswürdigkeiten lassen sich viel besser erfassen als die berühmteren Wolkenkratzer: Chrysler Building oder Empire State Building sind, genau wie das Rockefeller Center, aus den Straßen Manhattans betrachtet einfach nur Hochhäuser. Das macht sie nicht weniger beeindruckend, aber sie sind eben wirklich schwer zu erfassen. Von innen hab ich mir relativ wenig angesehen. MoMa sowieso nicht, moderne Kunst und ich, dazu hätte ich viel mehr Zeit haben müssen (ich weiß natürlich um die Einzigartigkeit dieses Museums), Guggenheim wollte ich irgendwie nicht, ich war zweimal in Bilbao und verbinde Guggenheim damit aber das viel gelobte American Museum of Natural History habe ich mir doch gegeben. Es liegt am Central Park in Upper Manhatten, sodass ich mit dem Museumsbesuch auch diese Sehenswürdigkeit angeschaut habe, viel Zeit habe ich auf die grüne Lunge New Yorks nicht verwendet, Ende März ist noch nicht so viel zu sehen und auch die Einheimischen meinten, dass ich eine sehr frische Woche erwischt hätte, was ich absolut bestätigen kann. Ich war aber vorbereitet, Doreen warnte mich vor, wie chilly New York im Frühjahr sein kann, und so trug ich all mein wärmendes outdoor Equipment, das ich über die Jahre angeschafft habe. Zurück zum Museum: es ist einzigartig in der Vielfalt seiner Ausstellungsfläche und behandelt, grob gesagt, das Leben. Von der Entstehung des Kosmos über die Entwicklung von Mensch und Natur mit einem nicht unerwähnt zu lassenden Schwerpunkt auf Dinosaurier bis hin zur menschlichen Kultur wird viel geboten. Der ethnologische Teil hat mich nicht überzeugt, was auch an der Präsentation lag vor allem aber am Niveau, auf dem ausgestellt und erklärt wurde. Dafür war der naturwissenschaftliche Teil beeindruckend.  Die Dinosaurier habe ich nur kurz gestreift, durch das Mammut im Spenglermuseum in Sangerhausen habe ich wohl genug Prähistorie in meiner Kindheit bekommen, dass mein Interesse jetzt nicht mehr so ausgeprägt ist. Das Museum ist riesig und besteht aus Hallen, die von Mäzenen unterhalten werden. Der deutliche Unterschied zum deutschen System Kultur in dem alles staatlich ist, fiel überall auf. Zusammengefasst ist der Besuch vergleichbar mit einem riesigen Lexikon, das lebt. Einen Tag kann man sehr gut dort verbringen, mir reichten aber auch im Hinblick auf das, was es noch alles zu sehen galt, vier Stunden.

 

Was hat mich beeindruckt an New York? Das effiziente Nahverkehrssystem, die Skyline, die einfach so berühmt ist und für mich voll den Berühmtheitsfaktor zieht. Hongkong ist schöner, der Satz ist so kurz wie schmerzhaft. Die Nettigkeit der Einwohner war wirklich festzustellen, mir erschien sie dieses Mal nicht aufgesetzt. Die Stadt ist ein Schmelztiegel der Kulturen, was sich auch kulinarisch widerspiegelte. Von Sabich, einem Sandwich aus Israel über Bimimbab, einen Mischmasch aus Korea bis hin zum überall vorhandenen mexikanischen Chipotle oder peruanischem Ceviche konnte man täglich neu wählen. Ich war einmal in einem „original“ Diner, das bereits seit den 50ern existieren soll und hatte auch aus lokalen Bäckereien wirklich gute Cookies und Muffins. Alles zusammen ist auch dieser Teil meiner zweiten USA-Reise keine kulinarische Offenbarung, aber es gab sehr leckere Gerichte. Schön, vielleicht nicht unbedingt beeindruckend, fand ich die Hudson Yards, vielleicht deshalb, weil sie eben nicht mit mehreren Sternen im Reiseführer als unbedingt sehenswert angepriesen werden. Jetzt könnte man denken, wo keine Erwartungen da keine Enttäuschungen, aber das wird diesem Teil Manhattans nicht gerecht. Und obwohl die Seite Manhattans zum East River hin sicherlich nicht das Panorama bietet, das man am Hudson River, also der Westseite hat, gefiel mir das Viertel um das South Marine Museum außerordentlich gut. Kleine Läden gibt es dort und der Eindruck von New York als Hafenstadt wird doch irgendwie noch erlebbar, die Wolkenkratzer sind nur ein oder zwei Blocks im Hintergrund aber das macht schon einen Unterschied. Ich war in einem Buchladen und habe eine Stunde Regen dort vertrödelt – im Übrigen der einzige Regen während der 5 knappen Tage in New York. Gesucht habe ich nach einem Reiseführer ausschließlich für San Diego – the finest city of the US: Gefunden habe ich einen für Südkalifornien, der nicht auf road trips spezialisiert ist. Die Idee, eine weitere Stadt zu entdecken ohne Mietwagen scheint für amerikanische Verhältnisse verrückt zu sein. Ich wage es dennoch und harre nun knapp sechs Stunden über den Wolken aus, um zur anderen Seite des Kontinents zu fliegen. Zum Frühstück hatte ich einen Chardonnay mit wirklich sehr guten Hash browns in drei Kartoffelfarben, vielleicht liegt es daran, dass ich nun etwas seelig und verklärt auf Südkalifornien blicke. Am meisten freue ich mich auf den Pazifik. Ich war so lange nicht am Pazifik und es ist mit vergleichsweise viel Aufwand verbunden aus Europa, deshalb reicht mir schon ein ausführlicher Spaziergang am Strand. Aber das Programm ist voll: outlet-Besuch (habe ich natürlich nicht in New York gemacht, SeaWorld, San Diego Zoo, Fahrradfahren durch Mission Bay, mindestens zwei Strände besuchen, besser drei, Balboa-Park und Gaslamp-Viertel. Ich bin vorbereitet und weniger überwältigt als vor New York, es ist angenehm nun eine „normale“ Stadt zu besichtigen, die genug aber begrenzte Möglichkeiten hat.

 

 

Seems it never rains in Southern California

 

Albert Hammond irrt oder zumindest hat er keine Sonnengarantie abgegeben. Ich bin bei absolut bedecktem Himmel gelandet und man, dieser Transkontinentalflug hat sich ja was in die Länge gezogen. Aber er hatte Flair. Eine supersympathische Crew lebte auch an Bord des Fliegers den american way of life. Ich hatte hash browns als Frühstück, etwas, Frau K. ist meine Zeugin, dass ich normalerweise nie wähle. Sie waren gut, mit Wurst, Spinat und einem pochierten Ei. Mit der Zeit zu fliegen war insoweit eine Herausforderung, als ich überlegte, ob und wann ich Wein probieren sollte. Direkt heraus nahm ich ein Glas Chardonnay aus Washington (!), der genauso kräftig war, wie es der kalifornische ist. Alaska hat mir gut gefallen, jung, einfallsreich und lokal, so man das von einer großen Airline behaupten kann.

 

Ich habe heute Morgen Frau K. geschrieben, dass ich endlich einen Ort in den USA gefunden habe, der mir gefällt. San Diego ist wunderbar und bis jetzt gab es nicht mal die südkalifornische Sonne. Nach einer frühen Landung bin ich mit einem Uber ins Hotel gefahren. Der San Diego Airport liegt mitten in der Stadt. Das ist cool, eigentlich kann ich von meinem Hotel auch zum Flieger laufen, es sind 2 km immer am Wasser entlang. Heute fährt man ja Uber und diese Fahrt war tatsächlich meine allererste, die in Neuseeland hat Dr. F. immer über ihre App organisiert. Gabriel fuhr mich und man sah es ihm an, der kommt nicht von hier. Uberfahrer sind immer sehr unterhaltsam, denn je mehr sie reden, desto höher fällt in der Regel das Trinkgeld aus. Die englische Verständigung lief zäh, das Übliche: „Wo kommst du her?“ parierte ich nach ehrlicher Antwort mit einer Gegenfrage und erfuhr, dass er Mexikaner ist und aus Guadalajara kommt (ich liebe den Namen dieser Stadt und für mich ist er kein Zungenbrecher). Ach toll, ich bot an, wir könnten uns auch auf Spanisch unterhalten und dann ging ein Stakkato an Informationen auf mich nieder. Sein Vater, früh verstorben, sei mir ähnlich gewesen, an der ersten roten Ampel musste ich mir ein Bild anschauen. Sagen wir es mal so: uns einen die blauen Augen, ansonsten sah ich einen jungen Marlon Brando und im Rückspiegel … mich. 2 Kinder – fließend in Englisch und Spansich und Mandarin sprechend, dann die Tipps für eine Mexiko-Reise, Putin und Gas (wir waren an der Ampel vorm Hoteleingang) und schließlich noch sämtliche Tipps für Little Italy, das Viertel, in dem ich wohne. Super schneller und freundlicher checkin, wer Silvia Fine aus der Sitcom „Die Nanny“ kennt, hat eine Vorstellung von der Rezeptionistin. Ein Best Western plus ist das Gehobenste dieser Kette und neben einem amerikanisch einheitlichen Zimmer, das zwischen Boston und San Diego überall zu finden sein könnte, kamen die Erinnerungen schnell wieder: keine Mischbatterie im Bad, Duschkopf festverbaut, Eismaschine möglichst weit weg vom Zimmer, damit es halbwegs ruhig ist, continental breakfast. San Diego ist eindeutig USA, New York ist irgendwas anderes. Ich bin sofort los durchs Embarcadero-Viertel, die Flaniermeile am Hafen. Die ist toll. Es gibt eine Fußgängerzone, hunderte kleiner Lädchen, Stände und Restaurants, in den Parks wurde gegrillt, Sportaktivitäten fanden statt. Ich fühlte mich alles aber nicht allein.  Zum Mittag hatte ich die ersten Empanadas, göttlich und mit Chimichuri-Sauce wie in Buenos Aires. Der spanische Einschlag ist total zu spüren, alles ist bilingual. Was teils verstörend ist. Meist wird man auf Englisch angesprochen, wenn dann doch auf Spanisch, ist die Verwunderung aber groß, wenn man entsprechend antwortet. Neugierig sind die Menschen sowieso. Das Hafenviertel hat Möwen, Seehunde, es riecht nach Brackwasser und man kommt an der US Midway vorbei, einem ausgedienten Flugzeugträger. Die Lexington in Corpus Christi habe ich ja 2013 notgedrungen besucht, welch Zufall nun wieder in einer Stadt mit ausgemustertem Flugzeugträger zu sein. Am anderen Hafenende steht übrigens gerade ein weiterer aktiver Flugzeugträger, so eine hohe Dichte hatte ich noch nie und irgendwie kam mir Pearl Harbor in den Sinn und ich habe mich kurz gefragt, ob ich angesichts der politischen Großwetterlage nun Sicherheit oder Paranoia verspüren soll. San Diego ist aktiver und einer der größten US-Marinestützpunkte.

 

Und dann kam der Shoppingsonntag. Diese Reise mache ich nicht nur allein, nein, ich verzichte auch auf Mietwagen. Das ist eigentlich ein Unding für eine USA-Reise. In New York geht es gut und auch San Diego hat ein gutes Nahverkehrssystem. Es gibt 3 Straßenbahnlinien, die vom Fuhrpark einer Straßenbahn vom Netz einer S-Bahn ähneln. In eine solche setzte ich mich heute Morgen und fuhr 50 Minuten bis an die mexikanische Grenze. Dort ist die Zone mit den outlet-Centern. Wer nicht ins outlet will, kann zu Fuß über die Grenze gehen (die Rücktour ist zu beachten, die Schlangen sind elend lang, hin geht’s schnell!) oder vom Flughafen Tijuana für viel kleineres Geld an die mexikanische Reviera fliegen. Das sind übrigens auch vier Stunden, nur mal so festgestellt (meine lieben Schweriner). Sobald man die Innenstadt verlässt, ist man in einer USA, die fern jeder Postkartenidylle daherkommt. Mumbais Slum ist sicherlich nochmal eine andere Liga, aber jede ostdeutsche Großstadt mit Plattenbausiedlung ist gegen diese Gegenden ein Vorzeigeprojekt. Die Klientel in der Bahn war speziell. War ich in New York in der U-Bahn der einzige Weiße, bin ich hier der einzige Nicht-Latino im Wagon gewesen. Alle Ansagen bilingual. Und verrückte Leute zu Hauf, mit denen ich gereist bin. Am Endbahnhof kurz vor Mexiko angekommen, traf ich auf 6 junge deutsche Mädels, eine whatsappte gerade mit der Heimat und schilderte, auf welch gefährlicher Tour sie sich gerade befände. Absoluter Quatsch! Da war und ist nichts gefährlich am hellichten Tag. Das Outlet war allerdings eine mexikanische Außenbastion. Sind deutsche Kinder in Spielzeugläden schon schwer zu ertragen, kleine Latinos sind Terroristen seitdem sie gestillt werden. Einkaufen und das outlet-Geschäft gehört zu einer USA-Reise dazu (sage ich als erfahrener USA-Reisender auf meiner zweiten Reise – haha), reden wir nicht drüber, was ich alles gebrauchen konnte. Aber ich könnte ja sowieso noch einen weiteren leeren also nun gefüllten Koffer für den Rückflug aufgeben, da ich nur mit kleinem Gepäck reise.

 

Den Tag beschlossen habe ich in Old Town, dem Ort, an dem die ersten Siedler eine Stadt gegründet haben. Museal und kommerziell, ganz wie man es in den USA erwartet, ist dieser State-Park aufgezogen. San Diego hat neben Mainstream wirklich schöne kleine Läden, Töpfereien, Handwerkskunst zu bieten, man kann stundenlang stöbern und den Tag vertrödeln.

 

 

Wenn sich eine Reise dem Ende zuneigt, zieht man und ich besonders ein Resümee, Mitreisende mögen mich dafür, glaub ich, nicht besonders. Was lief gut, was weniger, was hat die Erwartungen erfüllt, geflashed und was war ein Rohrkrepierer? Da ich allein unterwegs bin, überstrapaziere ich diese Auswertung nicht. Erlebniswert, Preis und Erholungsfaktor sind hoch. Als die Sonne in San Diego dann am dritten Tag rauskam und nicht wieder verschwand – am rechten Arm habe ich einen leichten Sonnenbrand - stellte sich täglich die Frage: was soll ich tun? Meine Erlebnisse sind sicherlich nicht repräsentativ, da ich ohne Mietwagen gereist bin. Dennoch behaupte ich, das Maximum aus der Stadt rausgeholt zu haben. Im Embarcadero-Viertel startete stets mein Tag, und zwar mit Laufen. Meine Fitness-App treibt mich an, egal wie viel ich laufe, sie meint immer, ich könnte noch optimiert werden. Nach vier Tagen war sie dann zufrieden, ich würde Fortschritte machen, hieß es. Nach dem Laufen, jetlag sei Dank, hab ich in Kombination mit meinen Frühaufstehereigenschaften keine Zeit vertrödelt, gab es das berühmte Continental Breakfast. In Ermangelung an Frühstücksräumen in Mittelklassehotels in den USA nimmt man das Frühstück, ganz coronakonform, im Zimmer ein. Dazu holt man sich in einer Tüte verpackt Fertigessen an der Rezeption. In San Diego standen gar drei Variationen zur Auswahl: Sandwich, Burrito und Pastry. Mexikanisches Essen ist generell nicht so meins und zum Frühstück gleich gar nicht, zwischen den anderen beiden Varianten habe ich gewählt. Will man diese einfache, ich gebe zu aber effektive Art der Nahrungsaufnahme nicht annehmen, schließlich ist MANN im Urlaub, dann stehen Frühstückslokale zur Verfügung. Die internationaleren sind Starbucks und Verschnitte, dann gibt es aber auch die lokalen. Ein solches befand sich einen Steinwurf entfernt vom Hotel über die Straße hinweg. Hier kann man morgens schon mal die doppelte Anzahl an Tageskalorien zu sich nehmen. Unmengen an Waffeln, die mit künstlich eingefärbten und genug Geschmacksstoffen versetzten Saucen gereicht werden sind genauso erhältlich, wie Eiergerichte und unbedingt auch Speck. Also Bacon, der Amerikaner liebt Bacon. Ich bin selten in solch bacon-geschwängerter Luft gejoggt, alle Lokale am Hafen scheinen bereits früh am Morgen mit dem Ausbraten von Bacon zu beginnen. Dabei haben die Portionen klassischerweise die Größe, um einen ethiopischen Marathonläufer mit Kalorien zu versorgen, die er nach seinem Lauf braucht. Und das erklärt, warum es eben ziemlich viele übergewichtige Amerikaner gibt. Das Essen ist hochkalorisch. In Kalifornien hat man ein paar mehr Auswahlmöglichkeiten als auf dem Land, man kann hier auch gesunde Alternativen finden, wobei zu einem USA-Urlaub auch gehört, dass man sich mal gehen lässt. Dr. Heiki sagte mal: „Man muss sich auch mal quälen können.“ Dann sind es eben 6 Waffeln mit Sauce. Egal, wofür man sich entscheidet, der Tag beginnt schon preisintensiv. Mit Getränk kommt man gern auf 20 US$ pro Nase, ich erinnere mich, dass wir das schon 2013 so kalkuliert haben. Dafür, dass es ein normales Frühstück ist und wirklich nichts Besonderes, ist man schon gut dabei. Auch das spricht für das continental breakfast, dass zwar nicht besonders liebevoll angerichtet ist, aber am Ende die gleiche Qualität bietet, in etwa, klar, es ist abgepackt.

 

Ich war Fahrradfahren. Das hatte ich mir vorgenommen. Die Preise für einen Tag Fahrrad leihen sind: hoch, genau. Auch wenn die Gegend flach anmutet, sie ist es nicht. Die Homepage des Anbieters der Räder spricht von erfahrenen Mitarbeitern, die einem eine Einweisung geben. In meinem Fall sah das so aus, dass eine junge Mexikanerin aus Acapulco, die noch nie in San Diego Rad gefahren ist (ich bezweifle, ob sie jemals auf einem Rad saß) mir ein Rad vermietete. Sie machte das definitiv noch nicht oft. Wir kamen sind Gespräch, sie gab zu, ein absolutes greenhorn zu sein. Ich stellte mir das Rad also nach bestem Wissen und Gewissen ein und sie sah interessiert zu. Der Rahmen war grenzwertig klein, gut, da galt es abzuwägen: nehme ich es oder lasse ich die Aktion sein? Ich nahm das Rad. Die Bremsen haben definitiv bessere Tage gesehen, Rost ist etwas, dass die Firma gar nicht erst versuchte, zu verstecken. Dann ging es los. In San Diego gibt es wirklich Fahrradstreifen auf der Straße. Die paar wenigen anderen Radfahrer fuhren auf dem linken Fahrtstreifen entgegen der Fahrtrichtung aber quasi in einem schmalen Park. Als guter Deutscher dachte ich mir, dass Regeln zu befolgen sind, so nahm ich den rechten Streifen. Beklemmend wurde das an der zweiten Ampel. Rechts neben mir stand ein Truck, links in drei Reihen der restliche Verkehr. Interessant wird es, wenn von rechts Einfädelspuren (dreispurig) einmünden, der Querverkehr mit 80 km/h ankommt und man aber queren muss. An der Stelle entschied ich, dass Regeln Regeln sind, mein Leben aber doch etwas wert ist. Ich fuhr links ins parkähnliche Gelände. Mein erstes Ziel war Loma Point, dort, wo die ersten Spanier in Kalifornien siedelten. Das Ganze erschien ein netter 20 km Trip (oneway) an der Küste entlang zu werden. Nach circa 7 km merkte ich den zu kleinen Rahmen des Rades und an jeder Ampel, mittlerweile reihte ich mich wagemutig wieder in den normalen Verkehr ein, war aber viel weniger gefährdet, da es nur noch zweispurige Straßen waren, auf denen ich radelte, hörte man mich schon von weitem, denn meine Bremsen kündigten an, dass ich gewillt war, das Stoppschild zu beachten. Es ging durchaus auf und ab durch eine Gegend, in der Desperate Housewifes hätte gedreht werden können. Vorstadtidylle pur. Dann kam ich an eine Straßenverengung, die mich stutzen ließ. Ich war eindeutig im Bereich des US-Militärs angekommen, Schikanen ließen die Autos abbremsen aber die Radspur existierte weiter. Ich radelte also weiter und ein dicker Officer am Schlagbaum schaute nicht schlecht, als ich entlang geradelt kam. Ich verwickelte ihn in ein Gespräch, ob ich denn richtig sei nach Loma Point. Sei ich, aber das hier ist militärisches Sperrgebiet und ich müsse umdrehen und den Catalina Boulevard fahren. (Schau Frau K. die CIA hätte dich als Kontaktpunkt vielleicht doch angerufen.) Erstens war ich nicht willens, irgendeinen Boulevard mit diesem Fahrrad zu befahren und zweitens befand der sich gefühlt 200 Höhenmeter auf einem Bergrücken über mir. Das war der Moment, in dem ich dachte: das Geld hättest du dir auch in die Haare schmieren können. Ich radelte noch etwas über Shelter- und Harbour-Island und aus der Tagestour wurde eine Halbtagestour. Definitiv würde ich nicht empfehlen, in einer US-amerikanischen Stadt ungeführt zu radeln, und das Radwegsystem ist vorhanden, aber selbst in Buenos Aires habe ich mich sicherer gefühlt auf einem Fahrrad. Also musste am Nachmittag das Highlight der Reise her, der Pazifik. Im Spanischen hat das Meer zwei Artikel. Spricht man neutral vom Meer, ist es männlich, hat es einen poetischen oder emotionalen Bezug, wird es weiblich. Der Pazifik ist la mar für mich, es ist DAS Ziel einer Fernreise. Entweder muss man in den fernen Osten fliegen oder an die amerikanische Westküste, auf jeden Fall ist er umständlich zu erreichen und tatsächlich so etwas wie ein Traumziel. Er ist nicht schöner als europäische Meere (weiterhin sind die griechischen Inseln mein Traumziel, was Strände angeht), ich muss nicht an einem speziellen Ort am Pazifik ein, aber es ist für mich der Inbegriff der Ferne, wenn ich ans Meer will. Und so fuhr ich mit Metro und Bus nach La Jolla. La Jolla kann man mit Freude, besser Juwel übersetzen und es ist der schicke Vorort von San Diego mit Menschen, die wohl genug Geld haben. Es gibt nette Boutiquen aber das Beste sind die Strände des Ortes. Ob man dort gut schwimmen kann, wage ich zu bezweifeln. Die Brandung ist arg und obwohl unterhalb der Steilküste, insbesondere bei Niedrigwasser, Sandstrände zu finden sind, liegt deren Reiz im Landschaftlichen. Steilküste, die üppig mit Pflanzen bewachsen ist. Und dann kommt die Fauna dazu. Man sieht Robben in ihrem natürlichen Habitat. Nicht zwei oder drei, Dutzende. Man sieht Pelikane, Möwen beeindrucken schon gar nicht mehr. Und das direkt neben der Promenade, auf der Touristen neben Einheimischen entlang spazieren. Obwohl genug Schilder darauf hinweisen, dass man sich von den Tieren fernhalten soll, gebe ich zu, dass das schwer fällt. Sie sind so nah und es ist faszinierend, ein Bild aus der Nähe aufzunehmen. Im Vergleich zu einigen Mitmenschen verhielt ich mich aber dezent, finde ich.

 

Der Abschnitt ist schon lang genug, aber noch ein paar Worte zum öffentlichen Nahverkehr. Der kann abgesehen der Metropolen im Ausland ein Alptraum sein. San Diego kann man super mit Öffis machen. Es gibt drei Straßenbahnlinien und unzählige Buslinien, die ich eigentlich im Ausland gar nicht mag. Man weiß nie, ob man richtig aussteigt, ob man irgendwo im Stau stecken bleibt, ob man richtig ist. Und dann das Drama mit dem Bezahlen des Tarifs. Das hat San Diego super gelöst. Man kauft sich eine Pronto-Karte (das nächste „Souvenir“ neben Oktopus-, Oyster-, Easycard …), zahlt pro Fahrt einen Preis von 2.50$, was gerade für kurze Strecken teuer erscheint und hat aber den Vorteil, dass jede weitere Fahrt nicht mit 2.50$ zu Buche schlägt, sondern bei 6$ pro Tag eine Kappungsgrenze findet. Klar, das ist absolut nicht the American way of life, aber ich fand es gut und zumindest ist mein ökologischer Fußabdruck nicht noch schlechter geworden. Wobei mir schon bewusst ist, dass ein Transkontinentalflug mich zur absoluten Umweltsau macht. Und so kommt man an einem Tag von La Jolla im Norden bis zum Outletcenter an der mexikanischen Grenze für 6$ - das ist sehr fair und für amerikanische Verhältnisse gar günstig.

 

Apropos günstig: wenn man nicht auf Motels ausweicht, sind die USA definitiv kein Schnäppchenziel. Amerikaner haben vergleichsweise wenig Urlaub und geben dafür vergleichsweise viel Geld aus. 60€ Eintritt für einen Zoobesuch sind normal. Überall ist Trinkgeld gern gesehen, auf die ausgewiesenen Preise kommt stets noch die lokale Steuer drauf. Das weiß man entweder vorher oder man erlebt die Ernüchterung vor Ort. Diesmal bin ich zufrieden. Für den Preis der Hotelzimmer habe ich eine ordentliche Qualität geboten bekommen. Nichts wackelte „wie Entenarsch“, wenn man ein Handtuch aufhing und die Wände waren gefühlt wenigstens 2 Schichten Rigips dick.

 

Während ich New York einzigartig fand (im Zoo heute fielen im Gespräch mit einer Dame, die dort Freiwilligendienst als Guide verrichtet die Worte unique und otherworldly und die mir einen Klitzekleinen Akzent attestierte, den man kaum höre – so Mr. B!) hat mich der südkalifornische Lebensrhythmus sehr angesprochen. Aber auch das gehört zur Wahrheit: in Entwicklungsländern wie Indien ist die Armut bitterer, aber es gibt auch in den USA viele gescheiterte Existenzen. Menschen, die ihr Hab und Gut in einem Einkaufswagen vor sich herschieben, in Parks schlafen, zugekifft den Tag verbringen und in San Diego sah ich auch die ein oder andere Rasierklinge auf offener Straße, Hasch scheint also nicht zu reichen, um sich abzuschießen.

In Erinnerung wird mir aber die Freundlichkeit der Menschen bleiben und die einzigartige Natur, an Palmen, botanischen Gärten und einem Blumenreichtum, der seinesgleichen sucht, konnte ich mich kaum satt sehen.