Irgendwann auf einer unser gemeinsamen Reisen kommt der Moment, wo einfach nichts mehr geht. Um den möglichst weit nach hinten zu verlagern, haben wir gestern, nachdem wir den Palast von Mysore erleuchtet gesehen haben, die Rückreise mit dem Taxi, immerhin 4 Stunden, nach Bangalore angetreten. Gegen Mitternacht erreichten wir ein Flughafenhotel, das wirklich nicht schlecht ist. Für deutsche Verhältnisse 3 Sterne ohne Abstriche, die Zimmer sind riesig. Wir sind nur noch in die Betten gefallen und heute morgen bin ich zumindest wieder fit.
Gestern haben wir uns also Mysore angesehen. Mit der Autoriksha waren wir erst in Srirangapatnam, einer Flußinsel nahe Mysore. Obwohl Steve vom Homestay uns abends zuvor mit der Geschichte des Ortes vertraut gemacht hatte, waren wir mehr an der religiösen Bedeutung des Ortes interessiert. So sahen wir Ghats, an denen die Asche der Toten dem Fluss übergeben wird. In Mysore werden die Leichen mittlerweile in einem Krematorium verbrannt, nur die Asche wird dann noch mit einer halbstündigen Zeremonie dem Wasser übergeben. Wir sahen rituelle Waschstellen aber waren auch in einer Jaggery-Fabrik und haben uns die Herstellung traditioneller Ochsenkarren angeschaut. Mysore ist wirklich cool, all das hatten wir ohne andere Touristen. Die gucken wohl eher nach Seidenherstellung, was wir auch 2x angeboten bekommen haben, aber gleich ablehnten.
Nach Srirangapatnam haben wir die größte Kirche angesehen. Wir waren bei einer Hochzeit dabei. Die lief sehr öffentlich ab und auch für unsere Verhältnisse sehr laut, den Indern schien das aber gar nichts auszumachen, dass quasi eine Hochzeit im Ulmer Münster bei laufendem Touristenbetrieb stattfand.
Nach einem sehr guten Thali unter Indern zum Mittag und Geldtausch bei einem Teppich- und Tuchhändler war dann der Palast dran. Im Palast sind Fotos nicht erlaubt. Von daher kann ich nur versuchen, diesen Palast zu beschreiben. Wer die DEFA-Verfilmung vom Kleinen Muck kennt, kann noch am ehesten erahnen, wie prachtvoll dieser Palast ist. Die Haupthalle ist offen, man sieht von ihr hinaus über den Park und die Stadt. Sie ist riesig mit türkisblauem Himmel, Pfeilern, die die Illusion langer Gänge erzeugen und an vielen Stellen sind Spiegeln. Die Hochzeitshalle ist wie aus einem Harry-Potter-Film, sehr englisch gehalten und durch gelbe Fenster im Dach in ein warmes Licht getaucht. Die Empfangshalle wiederum ist in gelb und türkis gehalten, eine für Europäer weniger ansprechende Farbkombination, aber trotzdem imposant. Die Audiotour, die es kostenlos, auch in deutsch, gab, war sehr interessant.
Nach dem Palast fuhren wir noch auf den Chamundi-Hill, der einer der 8 heiligsten Orte Indiens ist. Heiligkeit hat in Indien definitiv nichts mit Kontamplation zu tun, das bekamen wir schnell mit. Die Auffahrt war schon irgendwie interessant. Am Straßenrand wurde damit geworben, dass man ab einem bestimmten Punkt die plastic-free Zone betritt. Davon konnten wir nicht viel feststellen, denn obwohl rund um das Schild wirklich kein Müll zu sehen war, war dieser oben auf dem Berg wieder reichlich vorhanden. Das war offensichtlich genau ein so aussichtsloses Unterfangen wie in Mysore eine Wand, auf der in großen latainischen Lettern stand: „Do not urinate here!“. Inder können offensichtlich überall kleinen Geschäften nachgehen, und wenn man(N) sich den Zustand indischer Toiletten vor Augen hält, ist das ja verständlich. Den Vishnu-Tempel haben wir uns gespart, die Schlage war einfach zu lang. Und wir brauchen ja auch den örtlichen Segen nicht. Allerdings gab es auch dem Berg neben den überall reichlich vorhanden Kühen – Braun- und Buntvieh – auch mal Affen. Die waren ganz putzig. Auf der Rückfahrt erfuhren wir von unserem Fahrer, dass dieser Winter ungewöhnlich mild in Indien ist, normalerweise sind es wohl in Mysore nur 10 bis 15°C, wie hatten mindestens 27°C – jeden Tag, nur die Fahrt nach Bylakuppe begann im Nebel.
Nach einem Blick über Mysore an einem Aussichtpunkt, der nur durch etwas Smog-Fog getrübt wurde, sahen wir noch einen riesigen Nandi-Stier, ganz in schwarz, und das ist auch einer der 7 größten Südindiens.
Nach diesem schon straffen Programm ging es kurz zurück ins Homestay, um die Sachen für die Abfahrt zu richten. Steve, der in Mysore ein paar kleine Projekte im Tourismus aufbaut, wartete schon auf uns, pardon auf unseren Riksha-Fahrer. Dem wurde aber sowas von der Kopf gewaschen. Neben dem Homestay will/soll der Fahrer ein Projekt „fare´s fair“ eröffnen. Wir konnten davon nicht wirklich etwas feststellen, die Idee hinter dem Projekt ist nämlich, einen fairen Preis für die Taxifahrten zu nehmen, und dafür nicht die Touristen zu animieren, Geld bei diversen Shopping-Stops auszugeben, an denen der Fahrer, der die Touristen dort absetzt, natürlich mit verdient.
Ebenso sollen die Preise vorher feststehen, auch das war bei uns nur bedingt so. Es bringt einen Mitteleuropäer natürlich nicht um, wenn er statt 10 Euro 13 Euro bezahlt, aber es geht ums Prinzip. Inder können offenbar nicht aus ihrer Haut.
Abends machten wir uns nochmal auf den Weg zum Palast, denn am Sonntag ab 19.00 Uhr wird der Palast mit 50.000 Glühlampen für 40 Minuten beleuchtet. Da wir schon einen Tipp bekamen, auch nur rechtzeitig dort zu sein, weil der Moment, in dem das Licht angeht, etwas besonderes sein soll, waren wir natürlich pünktlichst da. Und der Moment ist schon toll. Nicht nur der Palast ist erleuchtet, auch die Mauern und die Gebäude drumherum. Ganz großes Kino und das nur mit Glühbirnen.
Tja, und danach kam die Fahrt durch die junge Nacht nach Bangalore. Langsam nehmen wir schon Abschied von Indien. Auf dem Highway von Mysore nach Bangalore gab es Stopps mit KFC, am Airport in Bangalore konnten wir zwischen Illy und Lavazza wählen, was besonders die auf Koffein-Entzug reisende Wienerin freute. ;-) Sowohl Alkohol als auch Koffein haben wir in den letzten Tagen wirklich nicht gebraucht und wir haben in Mysore diskutiert, dass Europäer auch viel fleischärmer essen könnten, wüssten sie nur mehr um die Verwendung von Gewürzen. Dem ist wohl nichts mehr hinzuzufügen. Unser Flieger nach Mumbai geht, pünktlich ...