Kühe in Hülle und Fülle

 

Kathmandu ist so, wie man darüber liest und trotzdem noch ganz anders. Der Flughafen ist so was von süß, übersichtlich, aber nicht wie Lamazia Terme, wo man sich vorkommt wie an der Bushaltestelle. Sämtliche Fluglinien der Golfstaaten standen schon bei unserer Ankunft bereit, wir parkten neben einer 737-800 der Oman-Air. Für das Verlassen des Flugzeugs (Zeit vom Erlöschen der Anschnallzeiten bis zum Betreten des Busses, der uns zum Terminal fahren sollte) brauchten wir schon mal 35 Minuten. Erst kam gar kein Bus, dann wurden die Business-Class-Passagiere transportiert, schließlich waren auch die economy-paxe dran. Dann kam der Schock: ich hatte den kompletten Flug von Doha verschlafen und nicht mitbekommen, dass es ein Antrag auf Visum von den netten Stewardessen gab. In Kuba hätte das zu Herzrasen geführt, hier trottete ich erst mal mit der Herde mit um festzustellen, dass diese Anträge zu Hauf auch vor der Visa-Kontrolle liegen. Mit Assistenz einer sehr netten Nepali gelang es mir dann auch sämtliche Fragen mehr oder weniger wahrheitsgemäß auszufüllen. Ganz verschlafen hatte ich den Flug nicht, ich hatte nämlich DEN gesprächigsten Expatriat auf Heimreise neben mir, den es auf der Welt gibt. Herbert in Österreich war nix dagegen, aber der Nepali hatte ja auch nur mich und ich keine Mitreisende, die mir die Last der Konversation hätte abnehmen können. Ich erfuhr ALLES über seine Familie, was meine Müdigkeit nur forcierte und gerade als ich mich einfach nach links zum Fenster wegdrehen wollte, hatte er mich: Schicksal. Er ist/war Busfahrer in Nepal, als das Unternehmen Pleite ging, arbeitete er in Doha, hatte vor Monaten einen schweren Unfall, nach dem er 2 Monate im Koma lag und kann nun nach 3 Jahren endlich mal wieder heim fliegen, weil seine Firma den Flug bezahlt, denn der Unfall war unverschuldet. Bei so einer Story kann man nicht weghören, ich lieh ihm also noch ne Weile mein Ohr aber irgendwann war dann auch mal gut und ich schlief weg. Zurück zur Einreise: Nach der Beantragung, die Warteschlange: anders als in Kuba aber auch laaanges Procedere. Weitere 30 Minuten vergingen, 25€ habe ich brav bezahlt und stehe (wie in Kuba!) vor der nächsten Schlange: in Nepal muss man sein Gepäck also auch durchleuchten lassen, wenn man ins Land will. Ich wurde durchleuchtet. Dann kam ich endlich an den Gepäckbändern an, die – Schock schwere Not – nicht beschriftet waren. Es gab aber auch nur 4, ich machte schließlich das Qatar-Band aus (hier geht es nach Fluglinien und nicht nach Destinationen) und … meine Tasche war da! Alle die mit mir in Kuba waren können sich meine Freude vorstellen. Bepackt mit Handgepäck und Tasche dann … die nächste Sicherheitskontrolle, schließlich wurde ja das aufgegebene Gepäck noch nicht durchleutet, bevor es ins Land herein gelassen wurde. Die Schlange schien sich zu ziehen wie Kaugummi, ABER: Korruption ist überall und ich unterstützte sie. Ein Nepali erkannte in mir einen Dollermann und so wurde ich unter Preisgabe meines Baggage-Tags, das man hier wieder abgeben muss (wo ich doch an meinem Pass seit Jahren diese Tags sammle!) an sämtlichen Durchleutungen vorbei geschläust und war binnen 5 Minuten vor dem Terminal. 2 US$ war mir die Aktion schon wert. Und dann kam er endlich: der Kulturschock auf den man bei jeder Fernreise wartet. Er kam erwartet, nicht so schwer wie gedacht, aber geruchsintensiv und ohrenbetäubend.

Das letzte Mal erinnere ich mich an so viel Smog, als bei Westwindlage die Wipprarer Brauerei anbraute und tüchtig mit Kohle einheizte, wohlgemerkt vor der Wende. Und die Geschichte mit der Huperei stimmt wirklich. Man und frau hupen, um sich zu grüßen, um nicht den bösen Finger nehmen zu müssen, um jemanden zu warnen, einfach so, um mehr Kompetenz im Straßenverkehr auszustrahlen(?), who knows? Im wahrsten Sinne beeindruckt suchte ich krampfhaft nach einem Schild auf dem „Hauser“ zu lesen war, aber ich fand nix. Der Zufall wollte es, dass mich bei meiner Suche auch ein Nepali ansprach und meinte, ob ich zu Hauser gehöre, wie unschwer an meiner Tasche zu lesen war. Ich bejahte, das erste Mal. Vorher wurde mir schon ein Taxi, eine Hotelunterkunft, eine Kuh und verschiedene andere Dinge angeboten, die ich alle dankend aber bestimmt ablehnte.

Naja, und dann saß ich irgendwann im Bus und wartete auf Frank und Katharina, denen es nicht so gut erging wie mir und die wirklich umherirrten. Als schon alle Hoffnung verloren schien, meinte ich zum Guide, dass ich als einziger wisse, wie sie aussehen, denn wir hatten uns schon bei den Visaformularen kennen gelernt, und so suchte ein deutscher Tourist zwischen hupenden Autos und schrecklich netten aber viel zu geschäftstüchtigen Nepali 2 andere deutsche Touristen.

Als wir schließlich komplett waren, wurden mir mit einem tollen Blumenkranz begrüßt, der aus Tagetesblüten bestand. Bekämpfe Gerüche mit stärkeren Gerüchen, scheint ein probates Mittel in Nepal zu sein. Auf jeden Fall behielten wir die Kränze um und kämpften uns durch den Verkehr Kathmandus. Und dann kam er nochmal, ein 2. Mal und diesmal länger anhaltend: der Kulturschock: Dreck, Müll, Kühe, Leichenverbrennungen, alles war dabei. I am deeply impressed. Aber die Freundlichkeit der Menschen, die ist ebenso nachhaltig. Und ich bin in dieses Land geflogen, um es kennen zu lernen, nicht um seine Missstände aufzuzählen. Von daher wird es bei diesem Statement zu den Zuständen hier bleiben.

Wir kamen schließlich im Dwarikas-Hotel an. Ich hatte schon viel über dieses Hotel gelesen, aber so tief beeindruckt war ich von noch keiner komerziellen Herberge. Es ist wirklich wie im Museum. In meinem Zimmer könnten locker 10 Menschen schlafen, wir hätten trotzdem noch genug Platz aufs Klo zu finden und müssten nicht übereinander treten. Ich lass einfach die Bilder sprechen, die ich gemacht habe. Bis jetzt waren die Paradore in Spanien für mich das Maß aller Dinge, was Stil einer Herberge angeht, aber offensichtlich geht noch mehr. Es gilt natürlich noch das Essen zu eruieren, aber das kommt noch. Etwas ausführlicher werde ich mich diesem Hotel widmen, nachdem ich einen kleinen Rundgang gemacht habe, der jetzt startet …