Anreise
Ich liege auf meinem Bett in Kathmandu und nutze 50 Minuten Pause um die letzten Stunden zu Papier zu bringen. Zur Anreise diesmal nur sehr kurz: Essen bei Turkish Airlines ist ausgesprochen gut. Das Platzangebot nicht besser als es auf anderen Flügen war aber ich konnte etwas schlafen. Mein Sitznachbar (ich saß am Gang, Corinna hatte den anderen Gangplatz) war ein junger Nepali, der gerade von einer Hütte im Salzburger Land, wo er ½ Jahr als Koch gearbeitet hat, zurück nach Nepal flog. Er wohnt im Langtang-Tal und hat mir Bilder seines Ortes nach dem Erdbeben gezeigt. Ein Ort ist da nicht mehr, es war ein riesiger Schutthaufen. Und der richtige Kloß im Hals stellte sich ein, als er mir Bilder der von seiner Familie betriebenen Lodge und von seinen Familienangehörigen zeigte und meinte: „15 people, all die“.
Das Einreiseprocedere nach Nepal ist erstaunlich effizient geworden im Vergleich zu vor 4 Jahren. Beim Taxi zum Hotel habe ich nicht gehandelt und wir haben einen wirklich europäischen Preis gezahlt. Eine Person in Europa weiß, dass ich mit wenig Schlaf nach Fernreisen zu Zugeständnissen bereit bin. ;-) Auf dem Flug gab es übrigens einen medizinischen Zwischenfall. Es war Gott sei Dank ein Arzt an Bord und der Patient verbrachte 2/3 des Fluges liegend im hintersten Teil der Economy-Klasse. Aber gestorben ist niemand.
Unser Hotel liegt mitten in Thamel, dem Touristenviertel Kathmandus. Der Check-In war sehr witzig: schon auf der Fahrt hierher führte das Nennen des Namens unserer lokalen Agentur zu Ohhs und Ahhs, ebenso beim check-in. Wir wurden nicht namentlich geführt, sondern 3 Personen von Tamserku und die Sache lief. Sehr effiziente Abläufe, das Zimmer ist für nepalesische Verhältnisse sehr ok, besser als Mumbai, nicht ganz Kochi. Für die, die im Indienbericht nachlesen wollen. Mareike hat schon mit der Agentur telefoniert, die schon besorgt bei uns anrief. 16 Uhr kommt unser Guide, um das Programm der nächsten Tage zu besprechen. Morgen sind wir ja auf eigene Faust unterwegs und laufen auf den Hausberg Kathmandus. 4 Stunden Einlaufen für den Trek. Sonntag hoffe ich auf Kultur. Kloster Kopan und Boudnath – morgen schauen wir noch Pashupathi an. Mehr dazu später. Jetzt packen wir aus und stärken uns mit guter Wurst aus dem Schwarzwald, die Mareike durch die Immigration gebracht hat. Zumindest die Nicht-Vegetarier greifen zu. ;-)
Was ist der Unterschied zwischen Abenteuer und Verrücktheit?
Es geht uns gut. Nach 1600 Höhenmetern (600 im Auf-, 1000 im Abstieg) und 3 Rum am Abend sind wir wohlbehalten im Hotel in Thamel angekommen. Es war ein sehr ausgefüllter Tag, zumal wir nach dem Trekking noch Pashupathinat, DEN Hindutempel Nepals besucht haben. Mein Wusch war, diesen für Europäer womöglich speziellen Ort, im Licht des späten Nachmittages zu sehen. Die roten Saris sind roter, die Feuer mystischer, der Bagmati nicht ganz so schmutzig. Mich beeindruckt dieser Tempel auch beim zweiten Besuch. Es ist die ganze Atmosphäre dort, nicht unbedingt die brennenden Leichen, sondern der Glaube der Hindus, der so offen gelebt wird. Ein Guide, den wir zwar nicht bestellt hatten, heftete sich an unsere Fersen und gab in einem wirklich sehr passablen Englisch gute Erklärungen. Er zeigte uns auch Perspektiven, die ich aus Respekt selbst wohl nicht so gefunden hätte. 5 Meter auf einer Mauer über den Scheiterhaufen hat man einen sehr speziellen Blick. Obwohl er uns aufforderte, ruhig Fotos zu machen, beschlossen wir, dass es gut ist, manche Szenen eben nicht bildlich festzuhalten. Aber beeindruckt hat mich auch mehr die Rasur des ältesten Sohnes, der zuvor seinem Vater das Feuer in den Mund gelegt hat. 13 Tage nach der Einäscherung dürfen die Nepali kein Salz, kein Öl zu sich nehmen, rasieren sich die Haare (inklusive der Augenbrauen) und tragen weiß.
Zuvor waren wir, wie schon geschrieben, wandern. Der Hausberg Kathmandus, die über 2100 m hohe Champadevi sollte es sein. Bereits gestern, als ich eine fürstliche Summe bar auf den Tisch einer lokalen Trekkingagentur zählte, wies ich darauf hin, dass es nett wäre, einen wirklich (!) gut englisch-sprechenden Guide zu bekommen. Das Kambodscha-Desaster ließ ich durchblicken. Und siehe da: der junge Nepali sprach wirklich ein sehr gutes Englisch. Sobald Dialoge möglich sind, bin ich zufrieden. Weniger zufrieden war ich mit der Routenführung. Ein halbstündlicher Aufstieg durchs Unterholz brachte mich schon an einen kritischen Punkt, dieser sollte nichts gegen den Abstieg sein. Am Ende sind wir alle gesund wieder im Kathmandu-Tal angekommen, für mich war der beste Teil des Tages das letzte Drittel, wo wir durch Dörfer wanderten und einen ziemlich guten Einblick in das Leben außerhalb der Stadt bekamen. Überall blühten Tagetes und Weihnachtssterne, die Zerstörung durch das Erdbeben war wieder nicht offensichtlich. Ein Hund begleitete uns vom Anfang unserer Wanderung bis zum Ende und das arme Tier hatte ganz blutige Pfoten und zwar von den Blutegeln, die im feuchten (und glitschigen) Nordhang in Scharen leben. Wir selbst konnten die Plagegeister noch rechtzeitig abschütteln, im wahrsten Sinne des Wortes. Sie waren auf unseren Schuhen, hatten sich aber Gott sei Dank noch nicht in uns verbissen. So sehr ich die medizinische Wirkung von Hirudin schätze, kleine Tiere sind mir suspekt. Es gilt zu ergänzen, dass es ganz veritable Exemplare von Spinnen gab. Auf Schlangen bin ich nicht getroffen, aber bei der Tour hätte ich die wahrscheinlich nicht mal als die Herausforderung angesehen. Morgen ist Kultur angesagt. …
Bhaktapur
Es geht uns gut! Nachdem wir heute Morgen den Durbar Hof von Kathmandu (Kantipur) besichtigt haben, ging es mittags nach Bhaktapur. Zu Kathmandu: die Gesamtheit der Pagoden auf dem Platz ist nach dem Erdbeben in der Tat nicht mehr zu sehen. Einige Tempel sind in sich zusammen gefallen, an vielen alten Gebäuden stehen (sehr provisorische!!!) Stützmauern. Allerdings bekommt man meiner Meinung nach immer noch einen Eindruck, wie der Platz vor dem Erdbeben ausgesehen hat. Er war voller Menschen, verkaufstüchtigen Nepali, die allerhand Tand und Mitbringsel polyglott an die Touristen bringen wollten. Teilweise gelang ihnen das auch. Wir haben den Kumari-Tempel besichtigt. Dort lebt eine der wenigen lebenden Gottheiten der Menschheit, die Kumari. Ein Mädchen aus einer buddhistischen Familie, die einer bestimmten Kaste angehört, wird von 5 weisen Männern auserwählt, die Kumari, also die lebende Göttin, der Newar-Nepali zu werden. Diese sind Hindus. Das Mädchen verbringt ihre Kindheit in dem Palast, dessen Innenhof wir besichtigen konnten. Dieser war kunstvollst verziert, und laut Surindra, unserem Guide, hat das Mädchen, obwohl es nur zweimal im Jahr den Palast verlassen darf, kein schlechtes Leben. Sie wird umsorgt, bekommt privaten Unterricht und darf große Teile ihrer Jugend mit ihren Freundinnen spielen. Das habe ich nicht weiter hinterfragt. Hat das Mädchen ihre erste Regelblutung, ist sie keine Kumari mehr und es wird ein neues Mädchen zu einer solchen bestimmt.
Den Weg vom Hotel zum Durbar Hof haben wir zu Fuß absolviert, das gewährte gute Einblicke in enge Gassen auch jenseits der schönen Welt des Touristenviertels Thamel. Ich kann ja stundenlang durch fremde Städte laufen, Hiltrud hat mal gesagt: Setz dich auf ein Mäuerchen und schaue dem Treiben zu. Das ist toll aber richtig Zeit ist für so etwas in einer Gruppenreise ja nie, in Bhaktapur ist das teilweise gelungen.
Bhaktapur: man stelle sich eine mittelalterliche Stadt vor, in der Bauern Getreide dreschen, nur durch den Windzug die Spreu vom Weizen, in diesem Fall Reise trennen, Hühner und Ziegen auf öffentlichen Plätzen gehalten werden und jedes Haus so krumm ist, das die Quedlinburger Altstadt als gerade gilt. Das ländliche Nepal ist wie das ländliche Indien eine wahre Fundgrube an Eindrücken, die es zu verarbeiten gilt. Fotos über Fotos, Fragen über Fragen an unseren Guide. Besonders gut gefällt mir, dass wir in einem fantastisch schönen Hotel in Bhaktapur wohnen und so 2 volle Tage zur Verfügung haben, um diese Stadt zu erkunden. Heute habe ich eine healing bowl, eine handwerklich gefertigte Klangschale gekauft. Schon auf meiner letzten Nepalreise wollte ich eine haben, aber die handwerklich gefertigten von den mechanisch gefertigten zu unterscheiden, ist nicht wirklich einfach. Heute habe ich direkt im „Werksverkauf“ zugeschlagen und Frau K. und ich würden diese Investition als „Aufbauhilfe Nepal“ bezeichnen. Ich wollte sie haben und sie ist wunderschön, mit einem Lotus in der Mitte, und sie klingt einfach toll. Aber Herrgott, das Teil war eine wirkliche Investition. Trotzdem bereue ich nichts.
Nachdem wir morgen Vormittag wandern gewesen sein werden, haben wir den Nachmittag nochmals für diese faszinierende Stadt. In Bhaktapur hat das Erdbeben wirkliche Schäden angerichtet, aber der Durbar Hof ist immer noch wunderschön, die Menschen bauen buchstäblich mit ihren Händen aus den Trümmern auf und wir sind mittendrin, aber doch irgendwie abgeschottet in unserem luxuriösen Refugium. Das Hotel ist toll, toll, toll, toll. Mareikes Geburtstag haben wir in kleiner Runde zu sechst gefeiert, mit Goldhelm-Schokolade statt Torte. …
Seekrank
Es geht uns gut! Der heutige, vierte Tag der Reise, brachte uns nach Nagarkot, eine Sommerfrische circa eine Autostunde von Kathmandu bzw. Bhaktapur entfernt. Nagarkot besuchen die Nepali gern wegen der guten Luft (hatten wir!), dem schönen Sonnenaufgang (wir sind erst 9 Uhr aufgebrochen) und der fantastischen Sicht auf den Hauptkamm des Himalaya (der zu 80% wolkenverhangen war). Wir sind 4 Stunden gewandert, zu sechst, denn die gesamte Gruppe, die aus 9 Leuten besteht, treffen wir erst Morgen in Lukla. Neben den 3 Pharmazeuten aus Marburg sind Conny und Guido aus Mönchengladbach und Adelheid aus Münster mit dabei, unser Guide ist ein aus Patan stammender Newar: Surindra. Die Stimmung ist ausgesprochen gut in der Gruppe und auch die erste gemeinsame Wanderung war wirklich sehr schön. Sowohl vom Miteinander, als auch von den Ausblicken. Die Himalaya-Hauptkette war zwar ziemlich wolkenverhangen, unseren ersten 8000er haben wir aber gesehen. Man schaut von Nagarkot in Richtung Langtang Nationalpark, dort, wo das Erdbeben die größten Zerstörungen verursacht hat. Langtang ist nach Annapurna und Everest das drittbeliebteste Trekkinggebiet in Nepal und hat den Vorteil, dass es durch eine Autofahrt ohne Inlandsflug erreichbar ist. Momentan liegt dort aber alles brach, Trekking ist nicht möglich. Ach ja: der erste 8000er war die Shisha Panga, die gar nicht mal in Nepal, sondern schon in Tibet liegt. Trotzdem sehr nett. Der Rückweg war für mich eine Herausforderung und ich habe das erste Mal in meinem Leben Superpep-Kaugummi gekaut. Zweimal musste der Kleinbus leider anhalten, weil ich kurz vor einem Marokko-Erlebnis stand. Liebe Frau K. – es gibt immer noch Dinge, die ich bis dato nur mit dir teile! ;-) Mehr als froh war ich schließlich, als wir Bhaktapur wieder erreicht haben. Es war eine Tortur und die Nebenwirkung von H1-Antihistaminika: Müdigkeit, kam dann beim zweiten Tag der Stadtbesichtigung auch noch durch. Die Mandala-Malschule, die wir besichtigten, war also aus 2 Gründen kontraproduktiv. Zum einen findet man dort ja in Ruhe zu sich selbst – ich konnte alles, aber keine Ruhe gebrauchen. Zum anderen habe ich bei allem Respekt vor der Arbeit der Handwerker so was von kein Interesse an Mandala. Und 250 € für ein Meisterwerk – meine Güte. Abends gab es das bis dato kulinarische Highlight der Reise: ein Paneer-Gericht, das das in Varkala auf der Südindientour an Geschmack erreichte. Wow. Zum Nachtisch gab es den berühmten Yoghurt aus Bhaktapur, mit Trockenfrüchten, Zimt und Granatapfelkernen. Ja, auch der war wunderbar.
Jetzt packt die Gruppe, wiegt mit meiner Kofferwaage, die Surindra mehr als fasziniert hat (er wird sie als Abschiedsgeschenk bekommen!) das Gepäck, das mit auf den Trek geht. Rasieren, Nägel schneiden… alles so Dinge, die man nochmal vorm Trekking macht. Allerdings sind wir ja in Komfort-Lodges untergebracht, wir müssen also mit wenigen Einschränkungen rechnen. Ich freue mich auf die Natur, habe etwas Respekt vor der Höhe und höre jetzt (22 Uhr) auf zu schreiben, denn 4.20 Uhr klingelt der Wecker. 6.15 Uhr, gleich nach Sonnenaufgang, geht der Flieger. Hoffentlich ist es nicht neblig, sonst sitzen wir am Inlandsterminal in Kathmandu fest, das aber sehr sehenswert ist. …
Es geht los
4.20 Uhr klingelte der Wecker. Ich bin jetzt noch müde. 5.00 Uhr ging es zum Flughafen und 6.15 Uhr saßen wir schon in der Propellermaschine nach Lukla. Der Flug war total ruhig und die Landung viel weniger aufregend, als man allgemein hört. Im Norden konnten die links im Flieger sitzenden Passagiere einen schönen Blick auf die Himalaya-Hauptkette werfen. Das war beeindruckend. In Lukla gelandet sahen wir, wie betriebsam dieser Flughafen trotz seiner kleinen Fläche ist. Im Minutentakt landen Flugzeuge, für 4 ist Platz. Wenn 4 Flieger gelandet sind, müssen alle schnell aussteigen, das Gepäck wird entladen, die neuen Passagiere steigen ein und los geht es wieder. Nach einem stärkenden Frühstück mit Tee in der Sonne vor einer Lodge in Lukla haben wir die restlichen Mitreisenden kennen gelernt. Nun sind wir vollzählig und der erste Wandertag nach Phakding konnte beginnen. Es ging viel gerade aus, eher mehr bergab als bergan und mit einer ordentlichen Pause, bei der es Momos, Bratreis und Pommes frites gab (und Tee, Tee gibt’s hier immer: trinken, trinken, das hilft gegen eine womöglich aufkommende Höhenkrankheit) – eine verwegene Kombination, aber sehr lecker – kamen wir in unserer ersten Lodge an. Diese ist, wie damals im Annapurna-Gebiet SEHR schön. Niveau deutlich über Alpenvereinshütte. Und es hat sich eine Menge getan. Gab es früher Wärmflaschen, liegen heute chinesische Heizdecken in den Betten. Und obwohl ich meine gleich erstmal ausgeschaltet hatte, ist sie jetzt doch an, denn sobald die Sonne weg ist, ist es saukalt. Surindra, unser Guide, hat für alle Dinge drei Abstufungen: lau-, sau- und hammerkalt. Gut, dass wir Thermounterwäsche dabei haben, Fleece und Daunensachen. Nach einer heißen Dusche – das ist wirklicher Luxus – schlüpft Mann in alle warme Kleidung, die man hat und die Vorfreude auf den beheizten Aufenthaltsraum ist auch schon sehr groß. Zur Begrüßung in der Lodge gab es übrigens heißen Mangosaft. Hört sich verrückt an, schmeckte aber wunderbar, muss die Höhe sein. ;-)
Nach einer kurzen Pause ging es zum „Sightseeing“ nach „Downtown“. Darunter darf man sich nicht zu viel vorstellen. Es ist ein winziges Dorf mit einem „Highway“ zwischen den Häusern. Auf diesem wird alles auf Mulis, Rindviechern oder dem Rücken von Trägern transportiert: Holz, Gasflaschen, Touristenrucksäcke … Im Dorf gibt es eine deutsche Bäckerei. Ich hatte einen wirklich guten Cappuccino und eine Schokotorte mit Creme und vieeeel Schokolade oben drauf. Einige aus der Gruppe, Mareike und Corinna waren dabei, sind noch zum lokalen Kloster aufgestiegen, ich habe Fotos gesichtet, Reisebericht geschrieben und Kräfte für morgen gesammelt: 800 Höhenmeter liegen bis Namche Bazaar vor uns, im Aufstieg. 8 Uhr geht’s los. …
Namche Bazaar
Es geht uns gut! 15.15 Uhr haben wir die ersten Häuser von Namche erreicht. Ein tolles Gefühl. Niemand aus der Gruppe hat Probleme mit der Höhe. Wir sind ganz gemächlich aufgestiegen. Erst ging der Weg auf und ab am Ufer des Milchflusses. Die ersten 6000er haben sich gezeigt. Der Thamserku, ein schwierig zu besteigender 6000er, erfreute uns zuerst. Am meisten, weil er sich für unsere Fotos in Schale schmiss und 10 Minuten nach unserem Fotostopp mit Wolken verhangen war. Bis zur Mittagspause liefen wir in der warmen Herbstsonne, danach wurde es frischer, ein Wind kam auf, als wir die berühmte Hillary-Bridge, die höchste Hängebrücke im Khumbu, überquerten. Ab der Hillary-Bridge beginnt der Aufstieg nach Namche. 600 Höhenmeter, die es durchaus in sich haben. Aber wir gingen langsam und gleichmäßig und nach wenigen Minuten kommt man in so eine meditative Gangart. Man denkt wenig, setzt einen Schritt vor den anderen und läuft durch den Wald. In Namche war das erste Ziel die deutsche Bäckerei und ich hatte einen Apfelstrudel. Er schmeckte hervorrangend, hatte aber mit Apfelstrudel genau so viel gemeinsam, wie das Pumpernickel Bread in Kerrville mit Pumpernickel. Ein paar Postkarten habe ich noch gekauft und als wir unsere wunderschöne Lodge oberhalb von Namche erreicht haben, war ich ganz froh darüber. Denn sobald die Sonne weg ist, wird es kalt. Besonders an den Händen. Zur Begrüßung gab es heiße Zitrone, der Ofen war eingeheizt, als ich mein Zimmer betrat, wusste ich, dass mir morgen das Aufstehen schwer fallen wird. Die Heizdecke im Bett ist bereits an, es ist mollig warm im Bett im sonst kalten Zimmer und direkt vom Bett schaue ich auf das Dorf, das hufeisenförmig am Hang liegt. Nebelschwaden ziehen den Hang herauf, alles sieht mystisch aus. Morgen früh, wenn die Sonne scheint, muss ein Wahnsinnsblick auf mich warten. …
4000 m NN
6.45 Uhr brachen wir heute, noch vor dem Frühstück, auf, um einen ersten Blick auf den höchsten Berg der Welt zu werfen. Ich habe ihn gesehen, den Mount Everest, ebenso den Lotse, die Ama Dablam. Obwohl ich mit ziemlich geringe Erwartungen aufgestanden bin, haben sich die 15 Minuten Aufstieg echt gelohnt. Von meinem Bett aus konnte ich direkt auf Namche Bazaar schauen, das in den Wolken lag. Die Lodge, in der wir übernachtet haben, liegt oberhalb der „Hauptstadt des Khumbutals“. Nach dem Frühstück ging es bei strahlendem Sonnenschein in Richtung Thame. Erster Stop war die Gompa (das Kloster) von Namche Bazaar. Ein ziemlich kleines Kloster im Vergleich zu dem, was ich in Indien schon gesehen habe und was auf unserer Reise noch kommen soll. Nach dem Kloster ging es nur wenige Minuten bergauf, dann hielten wir am Hubschrauberlandeplatz von Namche Bazaar um ausgiebig Fotos von uns, einzeln oder in kleinen Gruppen und dem fantastischen Bergpanorama zu machen: Ama Dablam und Thamserku zeigten sich von ihrer Schokoladenseite. Ein landender Hubschrauber machte der Fotografiererei ein Ende. Dann folgte der Weg in Richtung Thame, ein wunderschöner Wanderweg mit Blick auf steile Südwände von 6000ern, zu deren Füßen der Milchfluss fließt. Wenn es geradeaus geht, geht man leicht und kann schauen, geht es bergab, muss man sich auf den Weg konzentrieren, geht es bergauf, werden die Gespräche nach und nach eingestellt und jeder Schritt ist mühsam, man schnauft wie eine Dampflokomotive. Die Landschaft ist bereits herbstlich geprägt, die Felder sind abgeerntet, die Laubbäume haben bereits ihr Laub verloren. Aber die Berberitzen blühen feuerrot, die Enziane blühen zweifarbig in blau und weiß, es gab Edelweiß, für jeden Wanderer pflückte Surindra, unser Guide, eine Blume zum anstecken. Mittagsrast war in Thamo, einem Dorf, durch das sich der Weg nach Thame zieht. Nach dem Mittag änderte sich das Wetter. Es wurde kühl, Nebel zog die Berghänge entlang. Ein sehr schönes Bild, durch diese verwunschene Landschaft zu laufen. Nun ging es auch bergauf. Wir haben unsere ersten Yaks gesehen, unterhalb 3.500 m gibt es diese Tiere nicht, dort ist es für sie zu warm. Eine Kreuzung aus Yak und Rind: Dscho genannt, übernimmt in den niedrigeren Höhen die Aufgaben der Yaks. Und als wir uns die letzten Anstiege nach Thame bei frischem Wind hochgearbeitet haben, es war keine Qual aber bei jedem Schritt merkt man die Höhe, haben sich alle auf die Lodge gefreut. Für 5 von uns gab es nur eine kleine Pause, wir sind noch zum örtlichen Kloster, das oberhalb des Ortes liegt, aufgestiegen. Und dabei haben wir die 4000 Meter Marke gerissen. Ein ziemlich gutes Gefühl. Das Kloster Thame ist alt, wunderschön und obwohl relativ wenige Mönche dort zu sehen waren, wurden wir vom Lama gesegnet und konnten einer Zeremonie beiwohnen. Da es schon spät war, waren 5 Deutsche mit ihren 2 Nepalesischen Guides die einzigen Besucher. Buddhistische Mönche singen zu hören ist toll, anders als in Bylakuppe waren es hier nur wenige Mönche, aber durch die Intimität des Augenblicks war es sehr besonders. Im letzten Tageslicht erreichten wir Ausflügler die Lodge und versammelten uns um den warmen Ofen, denn draußen ließ zwar der Wind nach, aber auf 3.800 Metern ist es wirklich kalt. Surindra berichtete uns von den Nepalesischen Traditionen rund ums Heiraten, jeden Abend nimmt er sich ein anderes Thema vor und erklärt uns etwas von seinem Land. Dann schwärmte er uns von Mustang vor, irgendwann werde ich diesen Teil Nepals auch besuchen, zumal die Lodgedichte und –qualität dort zunimmt. Und schließlich erfuhren wir, dass Muktu Sherpa, einer unserer drei Sherpas, die sich um das Gepäck kümmern, eine wahre Berühmtheit ist. Er hat alle 14 8000er dieser Erde bereits bestiegen, einige sogar mehrmals, den Everest viermal. Jetzt ist es kurz vor 9 und die Müdigkeit legt sich bleiern über uns alle. Es geht uns gut, abgesehen von leichten Höhenanpassungen: ganz leichter Kopfschmerz, einige fühlen sich leicht unwohl. Aber mit 3 Apothekern und einer Ärztin in der Gruppe keine Symptome, mit denen wir nicht fertig würden.
Von singenden Nonnen und Teilen von Schneemenschen
Es geht uns gut! Der heutige Tag war wirklich anstrengend. Neben der ungewohnten Höhe, wir wandern hier knapp unterhalb 4000 Meter, war auch die Länge der Tour ganz schön anstrengend. Wir sind von Thame bei strahlendem Sonnenschein gestartet. Thame und Khumjung sind die beiden Dörfer im Khumbu, die wirklich viel vom Erdbeben „abbekommen“ haben. Ein wenig beklemmend ist es natürlich, wenn man in seiner netten Lodge sitzt und drumrum Rotkreuzzelte stehen, in denen die Einheimischen wohnen. Bevor wir nach Khumjung, dem größten Ort im Khumbu, aufstiegen, haben wir das Nonnenkloster von Thamo (nicht Thame!) besucht. Auf meiner Kastilien/Nordspanienreise hat Mrs. TSM mal eine Alliteration auf K. gebildet. Hier gäbe es die Möglichkeit, Kathedralen durch Klöster zu ersetzen. Spass bei Seite: es war ein mittelgroßes Kloster, das von Nonnen bewohnt wird. Ein Nonnenkloster habe ich noch nie besucht und der Gesang der Nonnen war für viele der Gruppe fast noch beeindruckender, als gestern die Zeremonie der Mönche in Thame. Und das Beste: das Kloster lag am Weg. Kein schweißtreibender und kräftezehrender Aufstieg wie am Tag zuvor. Der sollte nach dem Klosterbesuch kommen. War der erste Teil des Weges der Rückweg von gestern, ging irgendwann der Weg nach Khumjung ab. Und ab der Weggabelung war es für mich ein K(r)ampf. Ca. 500 Höhenmeter galt es zu überwinden, über Treppen. Das kannte ich schon vom Annapurna-Urlaub, aber so fertig wie heute, war ich beim Wandern lange nicht. 2 Treppenstufen gehen: verschnaufen. Unangenehm war zusätzlich, dass die Sonne verschwand und wir im Schatten bei Wind und schließlich auch teilweise im Nebel liefen. Corinna kam viel besser klar, Mareike und ich schnauften im hinteren Teil der Gruppe Seit an Seit. Als wir endlich eine Stupa erreicht haben, die das Ende der Aufstiegsqualen darstellte, war es deutlich nach Mittag. Gegessen hatten wir noch nicht, das war der übernächste Programmpunkt. Zuerst galt es noch 20 Minuten nach Khumjung abzusteigen. Das ging vergleichsweise einfach und weil jede Menge Fotomotive am Wegesrand zu sehen waren, ich aber nur noch ankommen wollte, war ich tatsächlich einer der ersten, der das Teahouse erreichte, in dem wir zu Mittag aßen. Beeindruckend war trotz der Strapazen der Gang entlang der längsten Manimauer der Welt. Manimauern sind buddhistische Mauern aus Schiefertafeln. Manchmal sind die Halbreliefs darauf bunt, meist aber in Graustufen gehalten. In fremden Schriftzeichen stehen Mantra auf den geschichteten Steinen. Die Gebete soll der Wind in die Welt heraustragen, es gibt uralte Manimauern, auf denen kaum noch zu lesen ist, was einmal aus den Schiefer gehauen wurde. Manimauern umrundet man, genau wie Gebetsfahnen, immer so, dass man links vorbei geht und die Mauer oder Fahne rechts von einem liegt. Nach einem stärkenden Mittagessen haben wir das Kloster von Khumjung angeschaut. Dort wird in einem Schrank der Skulp des Yeti aufbewahrt. Ich glaube ja wenig an Hokuspokus. An der Hillary-Schule sind wir vorbei gelaufen und nach weiteren 90 Minuten, erst im Aufstieg, der viel besser ging, wir fanden alle irgendwie besser unseren Schritt (was so ein stärkendes Mittagessen doch ausmacht!?) und dann steil bergab nach Namche Bazaar. Dort war heute Wochenmarkt, aber der Tag war dermaßen anstrengend, dass niemand aus der Gruppe mehr Lust hatte, die knapp 100 Höhenmeter in den Ort ab- und danach vor allem wieder aufzusteigen. Nein, wir duschten heiß, ein toller Luxus und dann haben wir uns um den Ofen im Aufenthaltsraum der Lodge versammelt. Surindra hat heute über Politik erzählt. Der Strom war auch mal kurz weg. Alles in allem ein anstrengender, aber sehr eindrucksvoller Tag. Morgen geht es zum berühmten Kloster Tengboche. Vorher liegen 400 Höhenmeter im Abstieg und 700 im Aufstieg vor uns. Es ist halb 10, wir liegen im Bett und tanken Kraft für morgen. …
Corinnas Schuhe
Heute war ein toller Tag. Bis 15 Uhr schien die Sonne vom Himmel. Wir sind von Namche Bazaar über Tengboche nach Diboche gelaufen. Zuerst liefen wir auf einem Höhenweg, relativ eben. Das war super, denn die Panoramen waren atemberaubend. Amadablam, Everest, Nupse, Lotse. Das who is who der hohen Berge Nepals war zum Greifen nahe und mit jeder Kurve gab es neue Aussichten. Nach 350 Meter im Abstieg (die müssen wir morgen wieder rauf) gab es eine kräftige Nudelsuppe zum Mittagessen und dann begann der Aufstieg (700 m), vor dem wir wohl alle etwas Respekt hatten, insbesondere vor den Erinnerungen an Gestern. Aber es ging super. 9 Deutsche krochen im Schneckentempo den Hang zum Kloster Tengboche hinauf. Pasang, einer unserer Sherpa, ging voraus, gefolgt von uns 9 Trekkern. Ich lief fast die ganze Zeit hinter Corinna und sah nur ihre Schuhe. Salewa, hinten mit einem Edelweiß, genauso staubig wie meine. Machte Corinna einen Schritt, machte ich einen. Schritt für Schritt, nach ein paar Minuten bekommt diese Art des Bergaufgehens etwas sehr meditatives. 2 Stunden dauerte der Aufstieg, niemand keuchte, jeder setzte einen Fuß vor den anderen. Das war ein tolles Gefühl, als wir endlich oben am Kloster ankamen. Noch toller war das atemberaubende Panorama dort oben. Die Berge lagen noch nicht vollständig in den Wolken, 20 Minuten machten wir ausgiebig Fotos. Dann kam das Zückerli: eine Bäckerei 2 Gehminuten vom Kloster entfernt. Wow, hatten die guten Kuchen. Ich nahm diesmal einen Apple-Crumble. Der war göttlich, mit Zimt. 300 Rupees, knapp 3 Euro hat der gekostet. In der Sonne schmeckte er wunderbar. Danach besichtigten wir das Kloster. Es waren 2 Mönche dort, die vor sich hin sangen. Nach den letzten Klöstern muss ich sagen: Tengboche ist berühmt, die Lage ist absolut atemberaubend, aber umgehauen hat mich der Besuch dort nicht. Nach 25 Minuten erreichten wir unsere Lodge. Der Abstieg war wunderschön, es ging durch einen Rhododendronwald. In den Bäumen hingen Flechten und ein paar Schneeflocken fielen. Ja, sobald die Sonne weg ist, ist es saukalt. Kalt war es wirklich, aber die Schneeflocken waren Reste der Flechten, die auf den Bäumen wachsen. Die Lodge heute ist einfach, aber mein Bett hat eine Heizdecke und nach 1 Stunde Vorlaufzeit kommt jetzt Wärme an. Toll!!! Morgen der vorletzte und längste Trekkingtag. Es geht zurück nach Monjo, das liegt auf ca. 2500 m Höhe, für uns fast Tiefebene. …
Die kälteste Nacht meines Lebens – oder wo Reinhold Messner seine Zehen verlor
Die einfache Lodge stellte sich doch als einfacher heraus, als ich gestern annahm. Die Leistung der Heizdecke war nahe Null, die Außentemperaturen deutlich darunter. Eine Wolldecke und ein Bett, das man wohl getrost als Übergangsdecke bezeichnen kann, sollten also Wärme spenden. Da die Innentemperaturen der Zimmer in der Lodge den Außentemperaturen nahe kommen (zusätzlich ist es feucht, denn die Feuchtigkeit, die das Badezimmer abgibt, kommt nicht wieder aus den Räumen raus), galt es sich also zu präparieren. Mütze auf, Thermounterwäsche an. 2 Paar Strümpfe. Pyjama drüber, darüber Fleecejacke und mit den beiden bereit gestellten Decken zudecken. Von halb 10 abends bis morgens um 4 schlief ich tief und fest, dann wachte ich auf und dachte mir, was hier so kalt ist. Die Decken waren verrutscht, ich lag teilweise an der Luft. Das Problem behob ich umgehend, konnte aber bis zum Weckerklingeln nicht wieder einschlafen. 2 Stunden in polarer Nacht können wahnsinnig lang sein!!!
Die heutige Wanderung: laaaaang: fast 20 km, 1500 m im Abstieg. Knapp 700 m im Aufstieg. Unsere längste Tour. Aber wir sind alle gut durchgekommen, nach knapp 9 Stunden (7,5 Stunden reine Gehzeit) haben wir Monjo erreicht. Die Lodge hier ist die beste unserer gesamten Reise. Ich liege im warmen Bett, hatte eine heiße Dusche – purer Luxus. Besonders, weil heute Morgen, 7.30 Uhr, als wir uns die ersten Meter nach Tengboche den Berg hinauf gequält haben, die Bäche vereist waren. Nicht nur eine dünne Eisschicht, nein, man musste richtig mit dem Wanderstock in der Eis reinhauen, um zum Wasser durchzudringen. Sonst war die Wanderung, wie geschrieben, lang, aber sehr schön. Wir merken jetzt deutlich, dass wir an die Höhe angepasst sind. Einer der Höhepunkte des heutigen Tages war das Erreichen der berühmten Hillary-Brücke, diesmal nach einem knackigen Abstieg von Namche Bazaar, und wir hatten die Brücke ganz für uns allein. Gebetstücher wurden von einigen angebunden, Fotos gemacht und ein letztes Mal hätten wir auf den Everest schauen können, doch der lag schon in den Wolken. Von den hohen Bergen hatte wir schon vor unserer Mittagsrast in Namche Bazaar Abschied genommen. Da es so wahnsinnig kalt war, hatten wir tolle Fernsichten. Und da die Fotos alle schon auf dem Hinweg geschossen wurden, konnten wir unbeschwert wandern und einfach nur schauen. …
Zurück im Kathmandutal
Der Rückweg nach Lukla zog sich irgendwie länger, als jeder in der Gruppe dachte. 5,5 Stunden Gehzeit, zum Schluss etwas bergauf, da Lukla aber nur auf 2800 m liegt, überhaupt kein Problem. Die letzten Kilometer bin ich mit Carolina gegangen und trotz des Bergaufgehens konnte ich noch Reden, neben dem Schnaufen. Lukla ist wie ein großer Hafen, vergleichbar vielleicht mit Piräus. Jeder muss da durch und entsprechend ist die Infrastruktur. Wir waren im dortigen „Starbucks“ und hatten 3 sehr leckere Getränke, die den Zuckerbedarf von Wochen spielend leicht decken könnten. ;-) Am Abend gab es ein Abschiedsessen mit unseren 3 Trägern und (fast) alle haben getanzt. Die Jungs haben sich über die reich gefüllten Umschläge mit Trinkgeld gefreut. Und wir uns ebenso, weil wir wissen, wo das Geld hingeht. Prasang zum Beispiel hat beim Erdbeben sein Haus verloren, Muktu, der Sherpa, der schon mehrere Male auf dem Everest stand und mit 43 Großvater ist, hat seinen nächsten Auftrag im Frühjahr. Harte Zeiten für viele Nepali.
Der Rückflug ging zeitig von Lukla los. Wir alle sind fasziniert, dass die turn around Zeit (Zeit, von der das Flugzeit die Landebahn berührt bis zum Abheben) auf unter 10 Minuten gedrückt werden kann. Zwischen landenden Maschinen besteigt man quasi (!) seinen eigenen Flieger. Der Start war genauso normal wie die Landung vor einer Woche, zumindest bei gutem Wetter muss man sich keine Sorgen machen, dass der Airport gefährlich ist. Letzte Ausblicke auf die Berge lieferte der sehr ruhige Flug in der kleinen Propellermaschine. Die Klimaanlage war auf Grillen eingestellt. Mareike saß unter dem Auslass der Heizung und verbrachte das Ende des Fluges im T-Shirt.
Nachdem wir im Hotel angekommen waren, legten wir alle zügig die Trekking-Klamotten ab und besichtigten Swayambunath. Das ist der nach Lumbini älteste Stupa der Welt, einer der wenigen Touristen-Hot-Spots, den ich noch nicht kannte. Mir hat Swayambu extrem gut gefallen. Eine Mischung aus Buddhismus und Hinduismus. Gerüche, Farben, Blumen, Tiere – dort wird alles geboten, es erinnert extrem an Indien. Leider gab es keine Möglichkeit, dort bspw. auf einem Rooftop dem Treiben für eine Weile zuzuschauen. Weiter ging es nach Patan und damit habe ich auch die letzte Königsstadt im Kathmandutal gesehen. Surendra, unser Guide, kommt aus dieser Stadt und es war toll, mit ihm nicht nur DIE Touristenhighlights abzuklappern sondern auch durch die kleinen Gassen zu gehen, um die Hinterhöfe zu sehen. Davon hat Patan jede Menge. Die Gassen waren niedrig, meist dunkel, von der Breite vielleicht vergleichbar mit den engen Gassen in Schwerin, erinnerten auch etwas an die Gassen in Daravi (Mumbai, ohne die Elektrik über dem Kopf und wackelnde Steinplatten, unter denen die Kanalisation fließt). Der Durbar Hof in Patan hat mir ausgesprochen gut gefallen, einige Pagoden dort sind zerstört, aber auch dort lässt sich noch gut erkennen, wie das gesamte Ensemble mal ausgesehen haben muss. Zum Abschied gab es ein gutes Paneer-Curry auf einem Dachrestaurant mit hervorragendem Blick auf den Durbar Hof. Nach der Rückfahrt ins Hotel galt es sich neu zu organisieren. Aus 2 Gepäckstücken eins machen, Wäsche für die letzten Tage richten, Emails checken, den Tod von Helmut Schmidt zu diskutieren, Reiseerfahrungen auszutauschen. Für Carolina (Mutter) und Johanna (Tochter) ist morgen die Gruppenreise schon zu Ende, sie fahren in den Chitwan Nationalpark und danach in ein Kloster in den Bergen. Heide wird übermorgen in den Chitwan Nationalpark fahren, wenn wir zurück fliegen. Heute schauen wir noch Boudnath an, den Ort, der mit auf meiner letzten Nepal-Reise am besten gefallen hat. Obwohl der riesige Stupa im oberen Bereich (dort, wo die Buddha-Augen sind) zerstört ist, freue ich mich auf die tibetisch geprägte Atmosphäre, auf Momos und einfach ein bisschen Schauen. Freitag geht es zurück, wir haben eine zusätzliche Nacht in Istanbul auf Kosten von Turkish Airlines „gewonnen“. Durch das Embargo von Benzin und Gas können die Flieger nicht in Kathmandu auftanken und müssen auf dem Rückflug einen Stop in Delhi in Indien einlegen. Dadurch wird der Flug länger und wir schaffen unsere Anschlussflüge Freitagabend nicht mehr. Doch wir sind bereits auf die Morgenflüge am Samstag umgebucht und werden, wenn alles klappt. 11 Uhr zurück in Deutschland sein.
Tolle Reise, tolles Land, tolle Gruppe und ein kleiner Newar mit großem Herz, der uns allen sehr ans Herz gewachsen ist. Nepal gibt’s bestimmt noch ein drittes Mal, dann Langtang oder Mustang. Aber vorher muss noch ein wenig touristische Infrastruktur dort entstehen, Diboche ist mir noch zu deutlich in Erinnerung.
Liebe alle,
in Namen unserer Reisegruppe, aber auch ganz besonders in meinem eigenen Namen, muss ich folgendes Geständnis an den Blog anschließen: Heute, 11.11., haben wir so ziemlich alles unternommen, um von Matt nicht noch einmal in einen Urlaub mitgenommen zu werden. Gegen halb 9 kickte ich ihn aus dem Bett für einen Morgenspaziergang; er ließ mich allerdings eiskalt abblitzen. Beim Frühstück stritten wir über Fluggastrechte und die deutsche Bahn.
Um 11:11 Uhr Ortszeit zogen Konny, Mareike und ich mit Kölle Alaaf und Narhalla-Marsch in die Lobby ein – aber komischerweise war das noch nicht genug. Kaum in Boudnath angekommen, legten wir nach und kauften einen Pashmina-Shop halb leer: 4-mal 4-5 Tücher in den grellsten Farben, die wir anschließend auf einem Dachterrassenrestaurant miteinander verglichen und uns dabei enthusiastisch über unseren Kauf freuten - bis folgende mahnende Worte an uns gerichtet wurden: „Überschrift in einer deutschen Zeitung: Deutscher erwürgt vier Mitreisende in Nepal mit Pashmina-Schals.“
Wir gönnten ihm eine kurze friedliche Zeit bei Momos und Lemon Soda, ehe wir nach Thamel weiterzogen – um weiter zu shoppen! Handgeschöpftes Papier in Form von Karten, Anhängern,…, bunte Jacken, Plunderhosen, T-Shirts, ein Fotostativ – viel Kram auf wenigen Metern Strecke. Nach dem 3. T-Shirts bzw. der 3. Hose gaben wir nach und ließen Matt die nächste Dachterrasse besteigen, wo er kurzerhand zwei Gläser Rumpunsch trank und anschließend Geschichten verbreitete. Nur um es klar zu stellen: Wir haben NIE zusammen geschlafen!!! Gerade einmal nebeneinander in einem Doppelbett!
Auf dem Weg zu unserem Taxi-Treffpunkt („Fire and Ice“) musste Matt von Heide gestützt werden. Die Bruckmanns kauften weitere T-Shirts, wir übrigen genossen den Trubel des Diwali-Festes: Sandmandalas, Lichterdekoration, singende Kindergruppen.
Abschiedsessen bei „Le Sherpa“ mit 3 Gängen und 3 Gläsern italienischem Wein. Ich interpretierte das Horoskop für die Waage: „Tonight, the party goes on and on.“ Rückkehr ins Hotel unter großen Gekicher im Minibus. Dann erlaubten sich Mareike und ich einen letzten Coup: Auftritt in Plusterhose, Flip-Flops und mit Pashmina-Schal im Haar. Wenn das nicht gereicht hat, weiß ich auch nicht.
P.S.: Es gibt weder eine Entschuldigung, noch eine Erklärung für mein/unser Verhalten, denn die Wahrheit ist, er hat mich mitgenommen auf die beste Reise, die ich mir vorstellen kann! Danke!!