Izmir – Frühling an der Ägäis
Seit Ewigkeiten habe ich meinen Laptop mal nicht mit auf Reisen genommen. Das führt dazu, dass ich den Reisebericht zum verlängerten Wochenende in Izmir erst retrospektiv schreibe. Soll man in diesen Zeiten in die Türkei fahren? Das ist eine persönliche Entscheidung, die jeder für sich treffen muss. Nach 3 Stunden Flug in einer eng bestuhlten und ziemlich vollen Sunexpress-Maschine landete ich als erster von 3 Freunden in Izmir. Das Einreiseprocedere war super effizient und mein, sowie zeitversetzt auch die anderen, Koffer waren da. Mit einem Taxi ging es für 55 TL ins Hotel und 30 Minuten nach Checkin saßen wir mit toller Sicht über die Stadt im Hotelrestaurant und aßen Mezze und Falafel zu vernünftigen Preisen, einen guten Wein gab es auch. Nach einer mäßig langen Nacht, Frühsport am Hotelpool und einem ausgezeichnet vielfältigen Frühstück, wie an allen Tagen, holten wir den Mietwagen ab. Elena fuhr, trotz Wohnsitz UK, und das mit eisernen Nerven. Spanien und Italien sind im Gegensatz zur Türkei für Selbstfahrer ein Hort der Verkehrsregeln. An einer roten Ampel auf dem rechten Fahrstreifen stehend muss man bei grün damit rechnen, rechts (auf dem Fahrradweg) von einem Auto überholt zu werden. Obwohl ich kein Problem mit dem Fahren habe, war ich oftmals froh, hinten im Fiat sitzen zu können und Stoßgebete stieß ich still aber inbrünstig mehrmals aus.
Am ersten Tag ging es nach Ephesus - der antiken Stadt in Kleinasien. Alte Steine und ich – eine Kombination, die meist nicht so gut funktioniert. Aber ich muss sagen, Ephesus ist wirklich sehenswert. Es war gar nicht sehr voll. Wahrscheinlich sind noch keine Kreuzfahrtschiffe in der Ägäis unterwegs und der normale Touristenandrang ist ja, glaubt man den Gazetten, auch rückläufig. Knapp 3 Stunden haben wir uns auf dem weitläufigen Gelände aufgehalten. Das tolle an Ephesus ist, dass nichts großräumig abgesperrt ist, sondern man die Ruinen live erleben kann, ohne Hindernisse. Nach der Kultur gab es eine Stärkung für Leib und Seele. Wir kehrten in eine Lokanta gleich vor Ort ein. Neben Gözleme gab es unsere ersten Pide. Die Pide (türk. Pizza) waren durchweg gut auf der ganzen Reise, nach den Gözleme (eine Art Pfannkuchen/Eierkuchen, der gefüllt wird, in unserem Fall mit Spinat und Käse) haben wir die kein zweites Mal gegessen, sie waren eher nichtssagend. Gesättigt fuhren wir (also Elena) nach Kusadasi, dem türkischen Seebad, in dem die Kreuzfahrtschiffe anlegen, oder soll ich einfallen schreiben? Voll wars und vom Auto auch sehr sehenswert, da wir keinen Parkplatz bekamen, war es eher eine drive trough Aktion und wir hielten an einem wunderbar natürlichen Strand in der Nähe von Kusadasi. Wenige Türken waren auch dort, 2 junge Kerle badeten sogar, danach war uns nicht, dann es blies ein stürmischer Wind und die Temperaturen des Wassers waren auch noch nicht wirklich einladend. Nach einem Spaziergang am Strand unter türkischer Sonne fuhren wir über Nebenstraßen auf aussichtsreicher Strecke auch durch ein paar Berge und kurz bevor wir wieder Izmir erreichten, erlebten wir auch einen türkischen Stau. Auch hier: dichtes Auffahren und eine taffe Fahrerin. Abends gab‘s Iskender-Kebab und türkische Vorspeisen, eine sündhaft gute und süße Nachspeise (gebackenes Eis) in einem Restaurant mit sehr interessanten Speisekarten, digital in E-book-Form.
Tag 2 ging nach Cesme, dem „türkischen“ Pendant zum internationalen Kusadasi. Dort urlauben wohl vor allem Türken und in unserem Reiseführer kam Cesme alles andere als gut weg. Soll es der strahlende Sonnenschein gewesen sein oder das entspannte Programm? Wir fanden Cesme toll. Das Zentrum ist klein und übersichtlich, es gibt ein Kastell, das man quasi mitnehmen muss, weil man aus dem Auto „drüber fällt“, eine hübsche Promenade am Meer mit Blick auf Chios, das Luftlinie 2 km entfernt ist. Es gab ein paar sehr schmackhafte Sandwiches am Yachthafen von Cesme bevor wir zum Ilica-Strand aufbrachen, der fast noch schlechter im Reiseführer weg kam, als Cesme. Zu Unrecht, wie wir fanden. Mit wenigen europäischen und türkischen Nachbarn auf kostenlosen Liegen hatten wir einen entspannten Nachmittag. Einige badeten, wir, Corinna und ich, begnügten uns mit einem ausgiebigen Strandspaziergang, Elena sonnte sich. Der Strand selbst ist flach abfallend, teils sehr naturbelassen, ich vermute, dass zur Saison mehr für die Optik getan wird, jetzt sah man an der ein oder anderen Stelle deutlich, was das Meer so anspülte.
Abends wieder ein nettes Restaurant direkt am Kordon, der Uferpromenade von Izmir. Die Stadt liegt an einem Meeresarm, zwar ohne Strand, trotzdem mit viel Meer. Das macht Flair. Die Vorspeisen wurden ansprechend präsentiert, so was hatte ich bis jetzt nur bei Simos auf Santorin gesehen. Von allen Vorspeisen stand eine Kostprobe auf einem rieeesigen Tablett, das ist unwahrscheinlich hilfreich bei der Auswahl, denn selbst bei bester Beschreibung des Essens sehen es die Augen eben und machen sich im wahrsten Sinne des Wortes ein Bild.
Am dritten Tag ging es ohne Auto auf Stadterkundung. Der Basar in Izmir war für mich eines der Highlights der Reise, was wohl daran lag, dass er wirklich nicht touristisch ist. Pide-Bäcker neben Teestuben, alle erdenklichen Waren, Orient wie man ihn sich vorstellt. Wir sind fündig geworden: Shisha, Kinderbekleidung, Nüsschen, Sonnenbrille und Kleintand wechselten den Besitzer. Direkt hinter dem Basar liegt das einzige wirkliche Wahrzeichen der Stadt, der Uhrenturm im Rokoko-Stil. Den gibt es auf Foto nun pur, mit uns - einzeln und in Gruppe. Praktischerweise liegt direkt daneben einer der Fähranleger, von wo wir eine Fähre in die Neustadt nahmen. Dort gab es mal wieder Pide, wir sonnten uns mit Blick auf die Skyline der Altstadt, bestiegen die Fähre zurück in einen anderen Stadtteil der Altstadt, wo die Damen weiter shoppten. Körperliche Ertüchtigung im großen Fitnessstudio bzw. im Pool vorm letzten Abendessen. Das nahmen wir in einer Lokanta ohne englisch-sprachige Karten und mit nur rudimentären Englischkenntnissen des Personals ein. Doch die Köfte waren ausgezeichnet, das Dessert, eine Schokobombe vorzüglich und dass es keinen Alkohol dort gab, störte uns nicht. Kommunikation eher basic. Und damit ging die Reise auch schon zu Ende, Elena flog direkt zurück nach London, Corinna und ich hatte die sparsame Variante mit Umstieg in Istanbul gewählt. Trotz Streik des Bodenpersonals an den deutschen Flughäfen kamen wir ohne große Verzögerungen an und als ich die FAZ nach ein paar Tagen Nachrichtenabstinenz las, erfuhr ich, dass sich am Abreisetag in Bursa, einer Stadt zwischen Izmir und Istanbul, eine Muslima in die Luft sprengte. Insoweit das Fazit: tolle Ecke der Welt, es war wie immer super, alte Freundschaften zu pflegen und es ist eine persönliche Entscheidung, wie hoch man das Risiko von Anschlägen in der Türkei einschätzt, es zu negieren, ist naiv.